In der Vergangenheit haben menschliche Überreste – insbesondere Schädel – dazu gedient, verschiedene Formen der wissenschaftlichen Rassifizierung und des Rassismus zu erzeugen. Auf diese Weise wurden Menschen auf fixe Vorstellungen von Identität reduziert und gewaltsame Systeme der Ausbeutung und Unterdrückung legitimiert. Universitäten und Museen haben Tausende von sterblichen Überresten aus der ganzen Welt angesammelt, von Menschen, die in der Vergangenheit oft direkt oder indirekt zahlreichen Formen von Ungerechtigkeit ausgesetzt waren.
Der heutige Umgang mit diesen »human remains« will die problematische, gewaltsame Vergangenheit aufarbeiten und sühnen, indem bestimmte menschlicher Überreste untersucht und häufig an deren Entwendungsort zurückgegeben werden. Ungeachtet der unterschiedlichen Motivationen des derzeitigen Umgangs mit sterblichen Überresten stützt sich dieser oft auf essentialistische Kategorisierungen und ungenaue oder fehlerhafte Annahmen.
In seiner Lucian Scherman Lecture „Over their dead bodies: »Race«, »Ethnizität« und die Grenzen der Gerechtigkeit im zeitgenössischen Umgang mit menschlichen Überresten aus der Kolonialzeit“ spricht Jonathan Kurzwelly über diesen vergangenen und heutigen Umgang. Er problematisiert sozialen Essenzialismus ebenso wie biologistische Konzepte von Rasse und Ethnizität mit solchen Überresten und stellt die Frage, ob und wieviel soziale Gerechtigkeit mit der derzeitigen Praxis überhaupt erreicht werden kann, wenn diese auf einer fehlerhaften Logik beruht. Kurzwelly ist Senior Researcher am PRIF und Leiter der Projekte „Over Their Dead Bodies: Grundlegende Axiome und aktuelle Nutzung und Handhabung menschlicher Überreste aus institutionellen Sammlungen“ und „Widersprüche in Prozessen der Deradikalisierung“.
Wann: 5. Dezember 2024, 19 Uhr
Wo: Museum Fünf Kontinente, Staatliche Museen in Bayern, Maximilianstraße 42, 80538 München & im Livestream
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Der Eintritt ist frei. Zur Veranstaltung auf der Website des Museum Fünf Kontinente