Widersprüche in Prozessen der Deradikalisierung

Verschiedene Straßenschilder mit widersprüchlichen Infos

Prävention von Radikalisierung und die De­radikalisierung von Extremist*innen sind dringende politische und insbesondere sicherheitspolitische Anliegen unserer Zeit. Ein Schlüssel­moment von Radikalisierungsprozessen ist das Fest­halten an einer scheinbar kohärenten Reihe von logischen Axiomen und Prinzipien, die den Kern einer be­stimmten Weltanschauung bilden. Im Prozess der De­radikalisierung wird dieses Gefühl der Kohä­renz häufig durch Wider­sprüche, Zweifel und Dissonanzen gestört. Während die Forschung häufig das schein­bar kohärente Festhalten an einem episte­mischen Rahmen (in der Regel implizit) voraussetzt, wird der Frage der Wider­sprüche kaum ausdrücklich Aufmerksamkeit geschenkt. Vor­läufige Forschungsergeb­nisse deuten darauf hin, dass Wider­sprüche eine Schlüsselrolle beim Disengagement und bei der De­radikalisierung von Extremist*innen spielen. Entsprechende Wi­dersprüche werden in den Lebensge­schichten ehemals radi­kalisierter Menschen und in der psychologischen und päda­gogischen Praxis von Fachkräften sichtbar. Dieses Projekt un­tersucht solche Widersprüche – breit ver­standen als ideologische Annahmen und Narrative, die auf logisch wider­sprüchlichen Axiomen und auf widersprüchlichen oder anderweitig inko­härenten Motivationen, Forderungen und emotionalen Impulsen ba­sieren. In diesem Projekt werden psychologische, verhaltens­bezogene, gruppenspezifische und weiter gefasste soziale und gesell­schaftliche Erscheinungsformen von Wider­sprüchen und die Art und Weise, wie sie bei der Deradi­kalisierung zutage treten, aus einer multiskalaren Perspektive unter­sucht. Dabei stellen die überlappenden Wirkungen von global zirku­lierenden Diskursen, persönlichen und lokal einge­betteten Erfahrungen eine wichtige Erkenntnisebene dar: Be­deutungen und Funktionen von Widersprüchen werden in diesem Zusammen­spiel beobachtet werden. Das Projekt verspricht Auf­schluss darüber, wie Wider­sprüche in der Praxis ge­nutzt werden können, um Disengagement, Deradikalisierung und Prävention mit gezielten Interven­tionen zu unter­stützen.

Foto: Unsplash. Unsplash Lizenz.

Mitglieder

Projektleitung

Jonatan Kurzwelly

Jonatan Kurzwelly