Die sichtbaren Rivalitäten der Weltmächte verschärfen die bereits schwelenden Konflikte um Ressourcen, Einflusszonen und Interessen verschiedener politischer Systeme. Wie behauptet eine wertebasierte und interessengeleitete Außen- und Entwicklungspolitik in diesen „Shrinking Spaces“ ihre eigene Glaubwürdigkeit? Und wie viel Platz haben zivile Krisenprävention und Friedensförderung in einer von sicherheitspolitischen Stabilitäts- und Rüstungsüberlegungen geprägten Außenpolitik? Diese Fragen diskutierten am 5. November 2024 Vertreter*innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis auf der Jahreskonferenz des Beirats Zivile Krisenprävention und Friedensförderung (Berlin Peace Dialogue 2024).
Mit Sarah Brockmeier-Large und Antonia Witt, die Mitglied des Beirats Zivile Krisenprävention und Friedensförderung ist, war das PRIF auf gleich zwei Panels vertreten. Sarah Brockmeier-Lage diskutierte unter dem Motto „What’s the Value of Values?“ mit Staatsminister Tobias Lindner (B90/GRÜNE) u. w. die Auswirkungen von Kriegen, politischen Krisen und Haushaltskürzungen auf die deutsche Unterstützung in Konfliktgebieten sowie die Glaubwürdigkeit einer „wertebasierten“ deutschen Außenpolitik. „Es besteht eine reale Gefahr, dass all die zurzeit entwickelten Anstrengungen, Evaluationen und Handlungsempfehlungen vor allem nach der US-Wahl unter den Tisch fallen und sich nichts ändert. Es wird einfach nicht genug Kapazitäten, Zeit oder Geld geben“, konstatierte die PRIF-Panelistin gleich zu Beginn. Mit Blick auf Krisenprävention und die deutsche Form der Strategieentwicklung mahnte sie zudem an, es fehle „in vielen Fällen eine politische Strategie, um die Instrumente und Analysen, die wir in bestimmten Konflikten haben, sinnvoll anzuwenden“.
Antonia Witt moderierte das Panel „Civil Society and Peace“ u. a. mit Staatssekretärin Bärbel Kofler (SPD), wobei insbesondere die Gestaltungsmacht zivilgesellschaftlicher Akteur*innen in (Post-)Konfliktkontexten und die Effektivität transnationaler Unterstützung beleuchtet wurden. Die Teilnehmer*innen des Podiums betonten die immense Bedeutung von Geschlechtergerechtigkeit für zivile Friedensförderung sowie die zentrale Rolle von Vertrauensbildung und Traumabewältigung, wie Beispiele aus der Ost-Ukraine und dem Gazastreifen zeigen. Mit Blick auf die Stärkung zivilgesellschaftlicher Initiativen und Kapazitäten forderte beispielsweise Rana Salman von den Combatants for Peace Anstrengungen für eine lokal angeführte Friedensinitiative, die durch die internationale Gemeinschaft unterstützt werden könne, und hob so das Potenzial transnationaler, zivilgesellschaftlicher Friedensförderung hervor.
Eine Aufzeichnung aller englischsprachigen Panels und Diskussionen ist auf YouTube verfügbar.
Der Beirat Zivile Krisenprävention und Friedensförderung bündelt zivilgesellschaftliche und wissenschaftliche Expertisen und berät die Arbeit der Bundesregierung. Die zwanzig Mitglieder des Beirats, zu denen Antonia Witt zählt, kommen aus den Bereichen der internationalen Zusammenarbeit, Wissenschaft, Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen und sind auf vier Jahre berufen. Das Gremium begleitet die Umsetzung der 2017 von der Bundesregierung beschlossenen Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“.