Während des „Kriegs gegen Drogen“ von Präsident Rodrigo Duterte wurde die Provinz Bulacan zu einer der tödlichsten Zonen polizeilicher Aktivität. Das neue PRIF Working Paper No. 64 von Peter Kreuzer untersucht den Einsatz tödlicher Gewalt in dieser Phase.
Anhand eines einzigartig detaillierten Datensatzes zu Polizeieinsätzen von 2015 bis 2018 prüft die Studie, ob die offiziellen Narrative der Notwehr einer empirischen Überprüfung standhalten. Sie führt eine „Top-down“-Methodologie zur Bewertung exzessiver tödlicher Gewalt ein, gestützt auf Indikatoren wie das Verhältnis von Getöteten zu Verwundeten sowie die Rate der polizeilichen Opfer.
Die Ergebnisse zeigen eine dramatische Eskalation tödlicher Polizeigewalt, mit kaum verwundeten Verdächtigen und nur minimalen Verlusten auf Seiten der Polizei, was darauf hindeutet, dass viele der angeblichen bewaffneten Auseinandersetzungen in Wirklichkeit außergerichtliche Hinrichtungen waren. In einem internationalen Vergleich wird Bulacan mit über 30 nationalen und subnationalen Einheiten auf allen Kontinenten verglichen. Dabei zeigt es sich als einer der extremsten Ausreißer weltweit.
Die Befunde deuten auf eine systemische Praxis exzessiver Anwendung tödlicher Gewalt hin, die nicht auf individuelles Fehlverhalten, sondern auf Signale der nationalen Führung zurückzuführen ist. Diese auf dem systematischen Vergleich großer Fallzahlen basierte Forschung ergänzt Ansätze, die über detaillierte Analysen von Einzelfällen breitere Muster nachzuweisen versuchen, mit einer skalierbaren empirischen Strategie zur Bewertung systemischer Polizeigewalt auf der Basis großer Fallzahlen. Sie zeigt, wie detaillierte nationale oder subnationale Daten umfassendere Muster von Machtmissbrauch sichtbar machen und offizielle Narrative über gerechtfertigte Gewaltanwendung infrage stellen können – selbst bei fehlender qualitativer Evidenz auf Einzelfallebene und unter Bedingungen weitreichender Straflosigkeit.
Das Working Paper ist entstanden im Rahmen des Projekts „Demokratie jenseits legitimen Zwangs: Tödliche Gewaltanwendung durch die Polizei in den Philippinen und Brasilien“, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird. Mehr zum Projekt lesen Sie ebenfalls im neu erschienenen PRIF Jahresbericht 2024.