Hendrik Simon stellte in einer neuen Folge des Podcasts der „Interest Group on Peace & Security“ der Society of International Law (ESIL) sein kürzlich erschienenes Buch „A Century of Anarchy? War, Normativity, and the Birth of Modern International Order” vor. In dem auf seiner Dissertation beruhenden Werk setzt er sich kritisch mit der weitverbreiteten Vorstellung vom „freien Recht zum Krieg“ (liberum ius ad bellum) auseinander – und verfolgt die politischen und theoretischen Wurzeln des modernen völkerrechtlichen Kriegsverbots zurück ins frühe 19. Jahrhundert.
Als Gast im Podcast bei Patryk Labuda (Polnische Akademie der Wissenschaften) und Clare Frances Moran (Aberdeen Law School) erzählt Simon, wie er sein Projekt einer kritischen Genealogie der modernen Kriegsrechtfertigungen, die sich nicht dem Schwarz-Weiß-Denken über eine „alte“ völkerrechtliche Ordnung vor 1920 und eine „neue“ Ordnung nach 1920 fügt, entwickelte. Im Gespräch erläutert er seine These, weshalb das 19. Jahrhundert kein „Jahrhundert der Anarchie“ war. Denn entgegen der später von Rechtsgelehrten universalisierten Ansicht, dass souveräne Staaten in dieser Epoche Krieg als politisches Instrument einsetzen „durften“, wann immer sie es für notwendig hielten, habe internationale Gewalt durch die Moderne hinweg der Legitimation bedurft. Diese Debatte sei für die Erforschung der Internationalen Beziehungen und des Völkerrechts zentral und zieht sich bis zu gegenwärtigen Diskussionen um die Kriege in der Ukraine und in Gaza, betont Simon.
Bei PRIF forscht Hendrik Simon im Forschungsverbund TraCe und der Clusterinitative ConTrust zu Normen in der internationalen Politik und der Rolle des Völkerrechts. Zudem ist er Co-Leiter des Projekts „Kriegslegitimationen und Weltordnungskonzepte von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart“.
Die „Interest Group on Peace & Security“ ist eine der mitgliederstärksten Interessengruppen der Society of International Law (ESIL) und veröffentlicht in ihrem Podcast seit Sommer 2023 regelmäßig Gespräche mit Expert*innen aus den Bereichen Internationales Recht, Internationale Beziehungen sowie Friedens- und Konfliktforschung.
Die unter dem Titel „War, Normativity, and the Birth of Modern International Order“ erschienene Folge kann via Spotify angehört werden.