Transitional Justice im Nuklearzeitalter: Rechtliche und politische Aufarbeitung von Nuklearwaffeneinsätzen und -tests

Papierlaternen auf Wasser. Eine Laterne zeigt eine durchgestrichene Atomwaffe.

Das Projekt untersucht juristische und po­litische Bemühungen und Auseinandersetzungen um die Aufarbeitung von Unrecht, das in der Vergangenheit durch Nuklearwa­ffen verursacht wurde. Sowohl die Nuklearwaffenein­sätze gegen die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki im Zweiten Weltkrieg als auch Jahr­zehnte der Erprobung und Produktion von Nuklear­waffen haben schweres und bleibendes menschliches Leid und ökologische Schäden ver­ursacht. Die verantwortlichen Nuklear­waffenstaaten haben sich jedoch bis­lang nur unzureichend mit diesen humanitären und öko­lo­gischen Folgen und mit der Aufarbeitung des begangenen Unrechts aus­einandergesetzt. Das Projekt analysiert Forderungen der Opfer nach nu­klearer Gerechtigkeit, ihre juristischen und politischen Kämpfe um An­erkennung und Kompensation, die bisher von Nuklearwaffen­staaten unternommenen Aufarbeitungsschritte sowie internationale und trans­nationale Normdynamiken im Zusammen­hang mit nuklearer Gerechtigkeit. Unsere Analyse basiert auf einem theoretischen Rahmen, der das Konzept der Transitional Justice – ursprüng­lich bezogen auf die Auf­arbeitung von Verbrechen auto­kratischer Regime oder von Bürgerkriegen – für die Analyse nuklearen Un­rechts modifiziert und fruchtbar macht. Unsere Perspektive unterscheidet sich somit von kon­ventionellen Analysen, die (Un)gerechtigkeit in der Nuklearpolitik in erster Linie mit Blick auf die Un­gleichheit zwischen nuklearen „Haves“ und „Have-Nots“ (Nuklearwaffenstaaten und Nicht-Nuklearwaffenstaaten) diskutieren. Unser Analyse­rahmen unterscheidet vier Säulen der nuklearen Gerechtig­keit: juristische Aufarbeitung (accountability), Wieder­gutmachung (redress), Wahrheits­findung (truth-seeking) und Prä­vention (non-recurrence). Diese vier Säulen fanden in unterschiedlichem Maße Ein­gang in die Kämpfe der Opfer um nukleare Gerechtigkeit, in nationale Aufarbeitungs­praktiken und internationalen Normen.

Mit der Anwendung des Analyse­rahmens verfolgt das Projekt eine analytische wie auch eine normative Ziel­setzung.

Analytisch nutzen wir den Rahmen, um bis­herige Fortschritte in der Aufarbeitung nuklearen Un­rechts sowie Unterschiede zwischen unterschiedlichen Fällen messbar zu machen. 

Normativ nutzen wir den Rahmen, um Lücken und Po­tenziale für politisches und juristisches Handeln aufzuzeigen, insbesondere indem wir die Be­mühungen zur Aufar­beitung des nuklearen Erbes in den breiteren Kontext der Auf­arbeitung von Massen­verbrechen und von kolonialem Unrecht stellen. Dabei soll unsere Perspektive andere Blick­winkel auf die Folgen von Nuklearwaffeneinsätzen und -tests – z. B. humanitäre, umwelt­politische und de-koloniale Perspektiven – nicht ersetzen, sondern mit diesen in einen frucht­baren Dialog treten.

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Mitglieder

Projektleitung

Jana Baldus

Jana Baldus

Caroline Fehl

Caroline Fehl

Sascha Hach

Sascha Hach

Publikationen

  • NPT 2022: An Opportunity to Advance Nuclear Justice
    | 2022
    Baldus, Jana; Fehl, Caroline; Hach, Sascha (2022): NPT 2022: An Opportunity to Advance Nuclear Justice, Global Policy.
    Zur Publikation
  • Beyond the Ban
    | 2021
    Baldus, Jana; Fehl, Caroline; Hach, Sascha (2021): Beyond the Ban A Global Agenda for Nuclear Justice, PRIF Report, 4, Frankfurt/M.