Das Recht in Gewaltbegründungen

Konferenzpanel und Booktalk mit Lothar Brock und Hendrik Simon

Jüngere Diskurse um die Gewalt in der Ukraine, Israel/Gaza und Sudan ver­weisen erneut darauf: Die Geschichte mili­tärischer Gewalt ist zugleich eine Geschichte ihrer Recht­fertigung. Auf diesem Panel sollen zwei jüngere Mono­grafien zur Dis­kussion gestellt werden, die sich dieser Thema­tik widmen: 

In Hubert Zimmer­manns Buch „Mili­tärische Missionen. Recht­fertigungen bewaffneter Auslands­einsätze von ihren Ur­sprüngen bis zur Gegen­wart“, das 2023 in der Ham­burger Edition erschienen ist, geht es um die lange Geschichte der Recht­fertigung von Auslands­einsätzen. Ein zentraler Fokus liegt dabei auf Identitäts­konstruktionen, in denen die Interventions­mächte ihr Verhältnis zu anderen Gesell­schaften in konflikt­reichen Debatten ausde­finieren. Diese Debatten werden von recht­lichen Rahmen­setzungen strukturiert, und zwar sowohl von inner­staatlichen Gesetzen und Normen als auch von weniger präzise definierten völker­rechtlichen Normen. Um deren Inter­pretation handeln die entsprechenden Deutungs­kämpfe um die Legitimität staatlicher Gewaltan­wendung.

Hendrik Simon legt mit „A Century of Anarchy? War, Norma­tivity, and the Birth of Modern Inter­national Order“, 2024 bei Oxford University erschienen, eine Neu­deutung des 19. Jahr­hunderts als Geburts­ära des modernen Kriegs­verbots dar. Er wendet sich gegen den von Rea­list*innen ebenso wie von Liberalen bis heute verbrei­teten Mythos, nach dem es im 19. Jahrhundert ein „freies Recht zum Krieg“ gegeben habe. Er analysiert die rechtswissen­schaftlichen und politischen Debatten der Kriegs­begründung und kommt zu dem Ergebnis, dass Krieg auch im 19. Jahr­hundert stets rechtfertigungs­bedürftig war. Wie aber sahen die Begrün­dungen aus? Und in welchem Verhältnis stand das Recht dabei zu anderen norma­tiven Sphären wie der Moral oder der Ethik?

Den einleitenden Kommen­tar zum Panel über­nimmt Lothar Brock. Anschließend stehen die beiden Autoren, Hendrik Simon und Hubert Zimmermann, für Fragen und Dis­kussionen bereit. Das Panel findet im Rahmen der öffentichen Tagung „Die Viel­falt des Rechts“ der Sektion Rechts­soziologie der Deutschen Gesell­schaft für Soziologie und des Inter­nationalen Forschungs– und Dokumentations­zentrum Kriegsverbrecher­prozesse (ICWC) an der Philipps-Uni­versität Marburg statt.

Wann: Donners­tag, 12. Dezember 2024, 15:30–16:30 Uhr
Wo: Musizier­haus, Johannes-Müller-Straße 13, 35037 Marburg

Die Anmel­dung erfolgt via E-Mail an icwc@uni-marburg.de. Weitere Infor­mationen sowie das gesamte Tagungs­programm finden sich auf der Web­seite der Philipps-Universität Marburg.