Statement von Dr. habil. Simone Wisotzki
Vorsitzende der GKKE Fachgruppe Rüstungsexporte Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Damen und Herren,
lassen Sie mich zum Abschluss einen Überblick über die Entwicklung der deutschen Rüstungsexporte im Jahr 2021 geben und auch etwas zu den vorläufigen Genehmigungszahlen für das erste Halbjahr 2022 sagen. Allerdings liegt der offizielle Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums zum ersten Halbjahr 2022 immer noch nicht vor.
In 2021 erteilte die Bundesregierung 11.197 Einzelgenehmigungen für Rüstungsgüter im Wert von 9,35 Milliarden Euro. Das waren rund 3,5 Milliarden oder rund 61 Prozent mehr als im Jahr 2020 und ist tatsächlich ein neuer Rekordwert. Im ersten Halbjahr 2022 belief sich der vorläufige Genehmigungswert auf 4,14 Milliarden Euro, was eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet (erstes Halbjahr 2021: 2,3 Milliarden Euro). Grund dafür sind unter anderem die Waffenlieferungen an die Ukraine.
Problematisch ist aus Sicht der GKKE der hohe Anteil von Rüstungsexporten an Drittstaaten, die weder der NATO noch der EU angehören oder diesen gleichgestellt sind. Der Anteil 2021 liegt wieder bei 63,6 Prozent (2020: 50 Prozent; 2019 44 Prozent). Dies unterstreicht einmal mehr, dass der Export an Drittstaaten zur Regel geworden und oft mehr als die Hälfte der Genehmigungswerte ausmacht. Die GKKE fordert die Bundesregierung auf, sich an ihre selbstgesetzten Grundsätze zu halten und ausnahmslos keine Kriegswaffen mehr an Drittstaaten zu liefern, es sei denn, sie kann in wenigen Ausnahmefällen tatsächlich eine plausible außen- und sicherheitspolitische Begründung geben.
Unter den problematischen Drittstaaten findet sich Ägypten in 2021 auf Platz eins der Empfängerländer. Deutschland kooperiert mit dem Militärregime von Präsident Abdel Fattah al-Sisi, dass in der Kritik steht, Oppositionelle zu Tode zu foltern und Dissidenten zu entführen und zu töten. 2021 genehmigte die damalige Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD noch einen Tag vor der Amtseinführung von Bundeskanzler Olaf Scholz drei MEKO-Fregatten der Firma Thyssen Krupp Marine Systems sowie 16 IRIS-T Luftabwehrsysteme der Firma Diehl Defence für Ägypten.
Ägypten, das auch im Krieg im Jemen und in Libyen kriegsführende Parteien unterstützt hat, zielt seit Jahren darauf ab, die Marine auszubauen und gleichzeitig eine eigene Schiffsindustrie aufzubauen. Deutsche Ingenieur:innen sollen auch Technologie und Knowhow nach Ägypten liefern. Es sind genau solche Technologie- und Knowhow-Transfers aber auch die Verlegung von Produktionsstandorten in ausländische Tochterfirmen, die in der deutschen Rüstungsexportkontrollgesetzgebung mangelhaft verregelt sind. Deshalb muss ein Rüstungsexportkontrollgesetz genau solche Lücken schließen.
Aber auch Saudi-Arabien erhielt 2021 Einzelausfuhrgenehmigungen in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro trotz des bestehenden Exportmoratoriums. Im Rüstungsexportbericht wird darauf verwiesen, dass diese Einzelausfuhrgenehmigungen, unter anderem für Teile von Flugsimulatoren und Kampfflugzeugen, in Zusammenhang mit Gemeinschaftsprogrammen stünden. Die Genehmigungen 2021, die noch die große Koalition aus CDU/CSU und SPD zu verantworten hatte, enthalten auch eine Reihe von Sammelausfuhrgenehmigungen in beträchtlicher Höhe: So unter anderem Triebwerke für Kampfflugzeuge in Höhe von 184 Millionen Euro sowie Teile für den Eurofighter in Höhe von 341 Millionen Euro. Auch die regierende Ampel-Koalition machte eine Ausnahme vom Exportstopp für den höchst umstrittenen Empfänger Saudi-Arabien und genehmigte Ausrüstung und Munition für den Eurofighter Typhoon im Wert von 36 Millionen Euro. Genau mit diesen Flugzeugen wurden jedoch die Luftangriffe auf jemenitische Ziele geflogen, die sich auch 2021 und bis vor dem sechs monatigen Waffenstillstand auch 2022 fortsetzten. Seit 2015 hat die Kriegskoalition unter Führung von Saudi-Arabien mehr als 25.000 Luftangriffe auf jemenitische Ziele geflogen, rund 19.000 Zivilisten wurden dabei verletzt oder getötet, 85.000 Kinder starben.
Die GKKE fordert die Bundesregierung auf, keine Einzel- und Sammelausfuhrgenehmigungen an Kriegsparteien und Embargobrecher, wie Saudi-Arabien oder auch die Vereinigten Arabischen Emirate zu erteilen – dies gilt insbesondere und gerade auch für europäische Gemeinschaftsproduktionen.
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