Überlebende von Atomwaffen: 80 Jahre Kampf um Gerechtigkeit

Blick in einen großen Raum über die Köpfe von Menschen hinwe an drei Personen, die an einem Tisch sitzen vor dem Roll-Up mit PRIF

Filmvorführung und Podiumsdiskussion stellt die Stimmen der Überlebenden in den Mittelpunkt

Am 8. Mai 2025 organisierten PRIF und IPPNW Deutschland gemeinsam eine Film­vorführung und Podiumsdiskussion am PRIF zu den Folgen nu­klearer Tests am PRIF anlässlich des 80. Jahrestages der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki. An der Podiumsdis­kussion nahmen die Anwältin Aigerim Seitenova, die Überlebenden atomarer Tests Aigerim Yelgeldy und Hinamoeura Morgant-Cross, Yerdaulet Rakhmatulla, Mit­begründer der Qazaq Nuclear Frontline Coalition, die sich für nukleare Abrüstung einsetzt, und PRIF-Forscherin Caroline Fehl teil. Die Dis­kussion wurde von Juliane Hauschulz (IPPNW) moderiert. 

Als das Licht im Konferenzraum der PRIF erlosch, stimmte der Dokumentar­film JARA – Radioactive Patriarchy: Women of Qazaqstan in den Abend ein. Produziert und gedreht von Aigerim Seitenova, zeigt der Film die Ge­schichte von sechs kasachischen Frauen, die von den Atom­tests in der Region Semipalatinsk zu Sowjetzeiten betroffen waren: Über 400 Atombomben testete die Sowjetunion zwischen 1949 und 1989 in der Region. Das Wort JARA, das in der kasachischen Sprache „Wunde“ bedeutet, ruft das Bild nuklearer Wunden wach, die das Trauma einer ganzen Ge­neration, die radioaktive Verseuchung und die geschlechts­spezifischen Dimensionen des Leidens umfassen. 

Im An­schluss an den Film folgte ein Podium weiteren bewegenden Berichten der Über­lebenden der atomaren Tests. Aigerim Yelgeldy, die eben­falls aus der Region in Kasachstan kommt und seit 2015 an Krebs leidet, in­formierte die Zuhörer über die verheerenden Auswirkungen der atomaren Tests „Polygon“ auf ihre eigene Gesundheit und erzählte, wie sie mehrere An­gehörige durch strahlenbedingte Kompli­kationen verloren hat.

Hinamoeura Morgant-Cros aus Mā’ohi Nui in Französisch-Polynesien, wo Frankreich ins­gesamt 188 Atomwaffen testete, erzählte von ihrer Leukämie-Diagnose im Alter von 25 Jahren und wie ihre beiden kleinen Kinder zu ihrem Hoffnungs­anker und ihrem Antrieb für Aktivismus wurden. In ihren eigenen Worten: „Ich habe mich erst relativ spät für die Sache en­gagiert, aber schon bald habe ich erkannt, dass selbst meine Stimme einen Unter­schied macht und dass jede Anstrengung, die ich unternehme, mit Sicherheit Generationen nach mir zugutekommen wird.“

Die Menschen­rechtsaktivistin Aigerim Seitenova sprach über ihre Bemühungen, den Opfern in Kasachstan Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und wies auf die Verantwortung von Re­gierungen und in­ternationalen Organisationen hin, vergangenes Unrecht aufzu­arbeiten und künftiges Leid zu verhindern. Sie be­tonte, dass Wiedergutmachung auf nationaler Ebene ohne an­haltenden internationalen Druck kaum möglich sei.

Caroline Fehl be­tonte, dass das Bestreben nach nuklearer Abrüstung eine fort­laufende Anstrengung bleiben muss. Sie be­tonte die Notwendigkeit von Transparenz, durch­setzbaren politischen Maßnahmen und internationaler Zusammenarbeit, um die Heraus­forderungen der nuklearen Abrüstung zu be­wältigen und die globale Sicherheit zu gewährleisten. 

Die Ve­ranstaltung endete mit einem Aufruf zur Fortsetzung des Dialogs, zu inklusiven Justizmechanismen und zu einer stärkeren Unterstützung der Über­lebenden von Atomwaffen weltweit. IPPNW – Deutsche Sektion der Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzt*innen in sozialer Verantwortung e. V. setzt sich für die Ver­hütung von Atomkriegen ein und weist auf die menschlichen Kosten nu­klearer Kriegsführung hinweist. Durch ihre internationale Aufklärungsarbeit zielen sie auf Abrüstung und Gerechtigkeit für die Opfer ein. Die Veranstaltung am PRIF war Teil einer Veranstaltungsreihe von IPPNW Deutschland, in deren Rahmen die Überlebenden Deutschland besuchten. Neben Frank­furt fanden die Diskussionen und Filmscreenings auch in Hamburg, Bonn und Berlin statt.