Insbesondere Künstler*innen, Architekt*innen und Filmemacher*innen im Sudan versuchen die demokratische Aufbruchstimmung, die sich nach dem Sturz des sudanesischen Diktators Omar al-Baschir 2019 einstellte, zu bewahren. Eine wichtige Rolle spielen dabei digitale und analoge private Archive, die die vielfältigen politischen und kulturellen Ereignisse im Land in diesen Jahren dokumentieren. Im Gegensatz zu staatlichen Archiven bewahren sie auch Zeugnisse von Menschenrechtsverletzungen, Konflikten und Widerstandshandlungen.
Im April 2023 fand die demokratische Bewegung ein jähes Ende, die Hoffnung auf eine Transformation wurde erstickt. Der Kampf der sudanesischen Armee (SAF) mit der paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) zwingt seitdem viele Millionen Menschen in die Flucht.
Im Rahmen des Hamburger Kurzfilmfestivals kuratierte Larissa-Diana Fuhrmann die Ausstellung „Fragile traces: Archives in times of conflict“ und moderierte eine Podiumsdiskussion zum Thema. Die Architektin und Designerin Zainab Gaafar, Mohammed Munaf, Manager des vom Goethe-Institut Sudan initiierten Archivierungsprojekts „Sikka“, und die Fotografin und Filmemacherin Eythar Gubara diskutierten über die Herausforderungen, die mit dem Schutz und der Nutzung der Archive verbunden sind, sowie über ihre Rolle bei der Bewahrung des kulturellen Erbes und der Förderung einer von Vielfalt geprägten Zukunft.
„Angesichts der aktuellen Situation haben Künstler*innen ihre kreative Tätigkeit intensiviert, um ihre Sichtweisen und Erlebnisse während des Krieges zu dokumentieren, zu bewahren und mit der Welt zu teilen. Dabei transformieren sie ihre Erfahrungen mit direkter und indirekter Gewalt und bringen sie einer breiten Öffentlichkeit näher. Durch Fotografie, Film, Malerei und andere Medien schaffen sie zerbrechliche, aber tiefgründige Zeugnisse, die Erzählungen, Emotionen und Wahrheiten festhalten, welche für die Bewahrung der Identität ihrer Nation von entscheidender Bedeutung sind. Die Abwesenheit unabhängiger Journalist*innen wird durch das Schaffen der Künstler*innen ausgeglichen.“ (Larissa-Diana Fuhrmann)
Larissa-Diana Fuhrmann hat eine Reihe von Ausstellungen kuratiert, mehrere Bücher und Artikel in Fachzeitschriften veröffentlicht, Institutionen beraten und Workshops zu kritischen kuratorischen Praktiken und politisch motivierter Kunst geleitet.