Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Internationalen Beziehungen

Cover der Zeitschrift für Internationale Beziehungen mit dem Logo und Titel des Sonderhefts "Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Internationalen Beziehungen", Nummer 2/2024. 31. Jahrgang, Dezember 2024. Logo Nomos-Verlag.

Nicole Deitelhoff, Anna Geis und Carlo Masala geben Sonderheft der ZIB heraus

Die Disziplin der Interna­tionalen Beziehungen (IB) steht ange­sichts des russischen Angriffs­kriegs gegen die Ukraine vor neuen Heraus­forderungen. Ihre Vertreter­*innen sind gefragte Gesprächs­partner*innen für Politik und Medien. Kernkonzepte der IB wie Konfliktreife, Eskalations­dominanz oder Machtgleich­gewicht haben Eingang auch in außer­akademische Debatten gefunden. Aber auch innerhalb der Forschung wird diskutiert, welche Konsequenzen die russische Voll­invasion für die theoretische Ausrichtung und die Forschungspraxis haben sollte. 

Das Sonderheft der Zeitschrift für Interna­tionale Bezie­hungen (ZIB) unter dem Titel „Der russische Angriffs­krieg gegen die Ukraine und die Inter­nationalen Beziehungen“ widmet sich diesen Heraus­forderungen für die deutsche IB in vier thematischen Blöcken: 

Der erste Block beleuchtet die Folgen für die Theorie­bestände der Internationalen Beziehungen. Gerade in den ersten Monaten nach dem Angriff auf die ganze Ukraine im Februar 2022 wurde oft der Vorwurf geäußert, die IB habe sich zu wenig mit „harten“ sicher­heitspolitischen Themen beschäftigt. Realistische und neorea­listische Theorien erlebten zunächst einen Aufschwung. Wie sollten Theorie­debatten in den IB nun geführt werden und wozu dienen sie überhaupt? 

Im zweiten Block wird die institu­tionalisierte deutsche Friedens- und Konflikt­forschung sowie Sicherheits­forschung betrachtet. In den letzten vierzig Jahren hätten sich, so die These im Artikel von Christopher Daase, Nicole Deitelhoff und Anna Geis, die Friedens- und Konflikt­forschung und die sicherheits­politische Forschung weitgehend verschränkt. Mit dem russischen Angriffskrieg wurde nun die Trennung von Frieden und Sicherheit von manchen Strömungen in den IB wieder stärker akzentuiert.

Die erhöhte Nachfrage nach IB-Expertise in Politik und Medien ist Gegenstand des dritten Blocks. Welche Chancen und Heraus­forderungen ergeben sich aus dieser neuen Aufmerk­samkeit? Wie gehen Wissenschaftler*innen mit Ungewissheiten um, wenn sie um öffentliche Einschätzungen gebeten werden? 

Im vierten Block schließlich wird reflektiert, welche Rolle „Westsplaining“ und „epistemischer Impe­rialismus“ in der Wissens­produktion im deutschen bzw. westlichen IB-Diskurs spielen. Aus ukrainischer Sicht sowie aus der Perspektive des Globalen Südens proble­matisieren die Beiträge Hierarchien, Unwissen und post-koloniale Beziehungsmuster, die den wissen­schaftlichen Diskurs ebenso wie Politik und Alltag prägen.

Das Sonderheft der ZIB wurde herausgegeben von Anna Geis, Nicole Deitelhoff und Carlo Masala. Vom PRIF haben darüber hinaus Christopher Daase und Olena Podvorna Beiträge zu dem Heft verfasst.