Diplomatische Konferenzen stehen nicht nur für Neuanfänge und Innovation in den internationalen Beziehungen, sondern tragen ihrerseits auch zur Institutionalisierung neuer Ordnungen bei. Wie der russische Angriffskrieg in der Ukraine schmerzhaft verdeutlicht, ist eine solche Neuordnung der europäischen Beziehungen unabdingbar. Unklar ist jedoch, wie die diplomatischen Prozesse aussehen könnten, die in Zukunft zur Aufarbeitung der Gewalt und zur Wiederherstellung einer regelbasierten internationalen Ordnung führen sollen.
Der aktuellen Notwendigkeit, über die Form und Funktion der Konferenzdiplomatie nachzudenken und sich ihrer Herausforderungen bewusst zu werden, widmet sich der nun veröffentlichte Sammelband „Conference Diplomacy and International Order: From the Congress of Vienna to the G7“. Der gemeinsam von Sebastian Schindler (LMU München), Christopher Daase und Wolfgang Seibel (Universität Konstanz) herausgegebene Band setzt auf den direkten Austausch zwischen Geschichtswissenschaft und Internationalen Beziehungen. Angesichts der Lücke, die sich nach den bisher seltenen Versuchen einer dezidiert interdisziplinären Auseinandersetzung über die Kernfragen der internationalen institutionellen Entwicklung öffnet, nimmt er damit eine einzigartige Position in der zeitgenössischen Forschungsliteratur ein.
Die Autor*innen folgen dabei einem streng symmetrischen Aufbau: In jedem der vier Hauptteile erläutern je ein*e Historiker*in und ein*e IB-Wissenschaftler*in ihre Sicht auf einen der vier grundlegenden Aspekte der Konferenzdiplomatie: Einschluss/Ausschluss, Wirksamkeit, Legitimität und internationale Ordnung. Dieser Ansatz ermöglicht es den Beteiligten, die übergeordnete Rolle von Institutionen in der internationalen Ordnung aus einer langfristigen historischen Perspektive zu analysieren. Vor dem Hintergrund von Kontinuität und Wandel der letzten 200 Jahre erscheint somit auch die diagnostizierte Krise der gegenwärtigen liberalen Ordnung in einem anderen Licht.
Christopher Daase, Professor für Internationale Beziehungen an der Goethe-Universität Frankfurt und stellvertretendes geschäftsführendes Vorstandsmitglied des PRIF, leitet den Programmbereich Internationale Sicherheit. Als Mitbegründer der Arms Control Negotiation Academy (ACONA) und Mitglied des Exekutivausschusses des EU Non-Proliferation and Disarmament Consortium forscht er unter anderem zu Nichtverbreitung und Rüstungskontrolle. Zu seinen jüngsten Herausgeberschaften zählt ein gemeinsam mit Nicole Deitelhoff und Antonia Witt veröffentlichter Sammelband zu Herrschaft in der internationalen Politik.
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