„Jüdische Außenpolitik“ und die Auswanderung der syrischen Juden: Zionismus, Migration und die Diaspora (1948–1990)

Warum wurde einer der langlebigsten diplomatischen Konflikte rund um das jüdische Leben im Nahen Osten aus den Geschichtsbüchern ausgeklammert? Dieses Projekt beleuchtet ein weitgehend übersehenes Kapitel der jüdischen Geschichte: die vier Jahrzehnte andauernde humanitäre Krise der syrischen Juden (1948–1990) und die diplomatischen Spannungen, die sie zwischen dem Staat Israel und amerikanisch-jüdischen Organisationen auslöste. Während die Gründung Israels im Jahr 1948 oft als Bruchpunkt betrachtet wird, der das Ende jüdischen Lebens in der arabischen Welt markierte, hinterfragt dieses Projekt diese Annahme und untersucht, was danach geschah. Im Zentrum steht die Frage, wie die vermeintlich geeinte „jüdische Außenpolitik“ zwischen Israel und der jüdischen Diaspora in den USA durch politische Liberalisierung, strategische Differenzen und konkurrierende Prioritäten herausgefordert wurde. Damit schließt das Projekt eine zentrale Forschungslücke in den Jewish Studies und in der Literatur zu Herkunftsland-Diaspora-Beziehungen. Methodisch basiert das Projekt auf neu freigegebenen Archivquellen aus Israel und internationalen Archiven sowie auf halbstrukturierten Interviews. Es verbindet historische Analyse mit qualitativer Forschung und verschiebt den Fokus von einer kulturgeschichtlichen Perspektive hin zu einer internationalen, diplomatiegeschichtlichen Betrachtung. So entsteht ein neuer Zugang zum Verhältnis zwischen Israel und der jüdischen Diaspora in den USA – mit Relevanz für die jüdische Geschichtsschreibung sowie für die Friedens- und Konfliktforschung.
Dieses Projekt untersucht, wie die humanitäre Krise der syrischen Juden (1948–1990) die zugrunde liegenden Spannungen zwischen dem Staat Israel und amerikanisch-jüdischen Organisationen offenlegte. Während diese Akteure in den frühen Jahren der israelischen Staatlichkeit (1950er–1960er) zunächst durch eine gemeinsame „jüdische Außenpolitik“ (JFP) vereint erschienen, geht das Projekt der Hypothese nach, dass ihre Beziehung bereits lange vor den in der aktuellen Forschung häufig diskutierten späteren Krisen von erheblichen Spannungen geprägt war.
Das Projekt leistet einen Beitrag zum Forschungsstand, indem es die bisher vorherrschende Bottom-up-Perspektive in der Erforschung jüdischer Gemeinschaften im Nahen Osten vor 1948 – insbesondere solche mit einem kultur- oder sozialhistorischen Ansatz – in Frage stellt. Stattdessen wird ein Top-down-Ansatz gewählt, der in der internationalen und diplomatischen Geschichte verankert ist. Dieser Perspektivwechsel ermöglicht ein besseres Verständnis der institutionellen, strategischen und geopolitischen Dynamiken, die die Beziehungen zwischen der jüdischen Diaspora und dem Herkunftsland während des Kalten Krieges prägten.
Die empirische Grundlage des Projekts bildet eine umfangreiche Sammlung von Archivmaterialien, darunter neu freigegebene Dokumente aus dem Israelischen Staatsarchiv (ISA) sowie Materialien aus verschiedenen internationalen Archiven in Hebräisch und Englisch. Diese Quellen werfen neues Licht auf einen bislang weitgehend vernachlässigten Aspekt der jüdischen Geschichte nach 1948 im Nahen Osten.
Das Projekt kombiniert historische Analyse mit qualitativer Forschung und verfolgt einen Mixed-Methods-Ansatz, der sowohl Archivarbeit als auch halbstrukturierte Interviews umfasst. Dieses methodische Design erlaubt eine tiefgehende Untersuchung diplomatischer Praktiken, institutioneller Diskurse und der Machtverhältnisse zwischen Akteuren im Herkunftsland und in der Diaspora. Darüber hinaus leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Friedens- und Konfliktforschung, indem es internationale Geschichte mit aktuellen Debatten über Identität, Souveränität und transnationales Engagement verbindet.
Bild: Sa'ar Ya'acov/Government Press Office Israel.
Partner
- Dr. Aviad Moreno, Ben-Gurion Research Institute at Ben-Gurion University of the Negev
- Prof. Arie M. Dubnov, Judaic Studies Program The George Washington University
- Dr. Yair Wallach, SOAS, University of London
- Prof. Yaacov Yadgar, Oxford School of Global and Area Studies, University of Oxford
- Dr. Lorena De Vita, Utrecht University
- Dr. Lior B. Sternfeld, University of Penn State
- Dr. Louis Fishman, Brooklyn College CUNY