HSFK-Standpunkte
The “HSFK-Standpunkte”, published from 1993 to 2016 with at least six issues a year, are thought-provoking viewpoints on the latest political debates. The format was targeted towards a broader audience interested in peace and security issues. In 2017, “HSFK-Standpunkte” was substituted by the shorter format “PRIF Spotlight”.
Partnerschaft auf tönernen Füßen
| 2016
Witt, Antonia; Both, Lydia (2016): Partnerschaft auf tönernen Füßen. Flucht und Migration stellen die europäisch-afrikanischen Beziehungen auf die Probe, HSFK-Standpunkt, 4, Frankfurt/M.
Auf dem Valletta-Gipfel Ende 2015 trafen sich Vertreterinnen und Vertreter europäischer und afrikanischer Staaten, um gemeinsame Strategien zu den Themen Flucht und Migration zu entwickeln. Auslöser war die „Flüchtlingskrise“, die die EU vor eine Zerreißprobe stellt. Eine engere Partnerschaft zwischen EU und den Staaten der Afrikanischen Union schien, zumindest aus europäischer Perspektive, ein wirkungsvolles Instrument zu sein. Im Laufe der Konferenz zeigte sich jedoch der tiefe Graben zwischen den Wünschen und Zielen der beiden Lager. Trotzdem gelang es, einen gemeinsamen Aktionsplan zu verabschieden. Die europäische Seite gibt sich optimistisch und wertet ihn als Erfolg. Zu Recht?
Antonia Witt und Lydia Both entwirren in ihrem Beitrag die verschiedenen Standpunkte und Problemwahrnehmungen auf europäischer und auf afrikanischer Seite. Sie veranschaulichen, wie unterschiedlich mit den Themen Migration und Flucht umgegangen wird und nehmen die Beschlüsse unter die Lupe.
Deutlich wird, wie zweischneidig viele Lösungsversuche sind, beheben sie doch unter Umständen ein Problem und produzieren gleichzeitig zwei neue. Eine schnelle Abnahme von Flucht- und Migrationsbewegungen ist angesichts der komplexen Problemlage kaum zu erwarten. Wertet man diesen Aktionsplan allerdings als Anfang eines gemeinsamen Arbeits- und Denkprozesses, der in Zukunft auch Betroffene stärker einbezieht, könnte er doch der Anstoß sein, die bisherigen afrikanischen und europäischen Monologe konstruktiv zusammenzuführen.
Von Uganda nach Den Haag
| 2016
Braungart, Clara (2016): Von Uganda nach Den Haag. Der Internationale Strafgerichtshof und der Fall des ehemaligen Kindersoldaten Dominic Ongwen, HSFK-Standpunkt, 2, Frankfurt/M.
Am 1. Juli 2002 trat das Römische Statut, die rechtliche Grundlage für den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), in Kraft. Der Gerichtshof konnte seine Arbeit aufnehmen und Einzelpersonen wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen anklagen.
Nach gut 13 Jahren und einigen Verfahren und Urteilssprüchen stellt sich nun die Frage, wie weit der IStGH seinen Zielen gerecht wird. Denn nicht nur einzelne Täter sollen zur Rechenschaft gezogen und bestraft werden, sondern den Opfern soll Gerechtigkeit zuteil werden und Frieden und Sicherheit sollen gefördert werden.
Wie funktioniert das aber in der Realität? Wie weist man „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ in zum Teil „fragilen“ Staaten nach, ohne eigene Polizei und Ermittlungsbehörden? Und gelingt es, den Opfern Gehör zu verschaffen? Kann ein solcher Prozess zu Frieden, Konsolidierung und Wiedergutmachung beitragen? Was ist mit Tätern, wie im hier diskutierten Fall des Kindersoldaten Ongwen, die selbst einst zu Opfern wurden?
Clara Braungart nimmt im vorliegenden Standpunkt die Anklage gegen den ugandischen Rebellenführer und ehemaligen Kindersoldaten Dominic Ongwen in den Fokus. Sie überprüft, inwieweit die Opfer im Prozess beteiligt bzw. angehört werden, welche Resonanz das Verfahren in Uganda findet, welche Rolle die ugandische Regierung spielt. Ihre Ergebnisse sind ernüchternd, doch sie erarbeitet Vorschläge, wie Opfer und Land von einem solchen Verfahren besser profitieren könnten.
Fünf Jahre Bürgerkrieg in Syrien
| 2016
Müller, Daniel (2016): Fünf Jahre Bürgerkrieg in Syrien. Kein Friede in Sicht und nur machtpolitische Lösungen scheinen noch einen Ausweg zu bieten, HSFK-Standpunkt, 3, Frankfurt/M.
Laut einer aktuellen Studie des Syrian Center for Policy Research (SCPR), gefördert vom Entwicklungsprogramm der UN, lag die Zahl der Toten und Verletzten durch den Krieg in Syrien Ende 2015 bei 470.000. 45 Prozent der Bevölkerung wurde vertrieben, die Lebenserwartung sank auf 55,4 Jahre und 45,2 Prozent der Kinder gehen nicht mehr in die Schule.
Viele diplomatische Bemühungen hatten das Ziel, den Bürgerkrieg einzudämmen oder beizulegen. Bislang scheiterten jedoch alle Vermittlungen am Unwillen der Konfliktparteien in Syrien und/oder an internationalen Meinungsverschiedenheiten und Interessenskonflikten. Keine Initiative konnte einen stabilen Waffenstillstand herbeiführen.
Das Frühjahr 2016 brachte letztlich einen Hoffnungsschimmer: Nach Jahren der ausschließlich schlechten Nachrichten nahmen die Kampfhandlungen in Syrien, flankiert durch die Waffenruhe zwischen Regime und Opposition, drastisch ab. Was war geschehen? Russland und die USA hatten ihre jeweiligen Verbündeten unter Druck gesetzt und das gemeinsame Vorgehen tat seine Wirkung. Könnte das die Lösung sein?
In der vorliegenden Studie zeichnet Daniel Müller den Konflikt in Syrien, seine Anfänge, die beteiligten Akteure und ihre jeweiligen Interessen nach. Er zeigt, dass die USA und Russland trotz ihrer sehr unterschiedlichen Verbündeten und bisherigen Politiken gewichtige gemeinsame Interessen in der Region haben. Eine instabile Region im Nahen Osten bietet ein ideales Rückzugsgebiet und einen Nährboden für nicht-staatliche Akteure und radikal-islamischen Terrorismus. Das gefährdet die Sicherheitsinteressen beider Länder. Der Autor wägt ab, wie die beiden Großmächte Einfluss nehmen könnten, welche Hindernisse dagegen stehen und wie groß die Chancen sind, mit Machtpolitik eine diplomatische Lösung zu erzwingen.
Nigeria nach dem Machtwechsel 2015
| 2016
Müller, Nina (2016): Nigeria nach dem Machtwechsel 2015. Kann der neue Präsident Muhammadu Buhari seine Wahlversprechen einlösen?, HSFK-Standpunkt, 1, Frankfurt/M.
Klientelismus, fehlende Ideale, kein Charisma, Untätigkeit, Verfolgung partikularer Interessen – die Liste der Vorwürfe gegen Goodluck Jonathan, den ehemaligen Präsidenten Nigerias, ist lang. Die meisten Nigerianer hatten jegliches Vertrauen in ihre Regierung verloren. Alles schien sich nur immer weiter zum Schlechteren zu entwickeln.
Im März 2015 präsentierten sie ihm die Rechnung und wählten seinen Konkurrenten Muhammadu Buhari zum Präsidenten. Buharis Botschaft an seine Landsleute war genau die richtige zum richtigen Zeitpunkt: Ein „Change“ soll das ganze Land aufrütteln, eine radikale Umkehr Politik und Gesellschaft erfassen.
Wie ernst ist es ihm damit? Und ist das angesichts der strukturellen Probleme überhaupt möglich?
Nina Müller unterzieht den neuen Präsidenten einer ersten Prüfung anhand der Kernprobleme des Landes: desolate Sicherheitslage, Korruption in fast allen Lebensbereichen, ethnonationalistische Bestrebungen und sozioökonomische Fehlentwicklungen. Sie stößt auf erste Fortschritte, aber auch auf erste Enttäuschungen. Es zeigt sich, dass übersteigerte Erwartungen fehl am Platz sind und Veränderungen auch auf der lokalen Ebene angegangen werden müssen. So ist Korruption z.B. nicht nur ein Problem in der Politik und den Behörden, sondern tief im Alltag verwurzelt. Viele Nigerianerinnen und Nigerianer scheinen bereit zu sein für Buharis „Change“. Nun ist es an ihm, seine Wahlkampf-Schlagwörter mit Leben zu erfüllen und zu zeigen, dass er sich für eine gewissenhafte Umsetzung einsetzt.
Nicht nur eine Frage der Sicherheit
| 2015
Biene, Janusz; Daphi, Priska; Fielitz, Maik; Müller, Harald; Weipert-Fenner, Irene (2015): Nicht nur eine Frage der Sicherheit. Salafismus in Deutschland als gesamtgesellschaftliche Herausforderung, HSFK-Standpunkt, 1, Frankfurt/M.
Was ist hier eigentlich los?
Auf der einen Seite vereinen sich Konservative, Rechtspopulisten und Rechtsextremisten in Großdemonstrationen und skandieren krude Vorurteile gegen Muslime in Deutschland.
Gleichzeitig scharen sich Jugendliche, oft ohne religiöse Kenntnisse, mit oder ohne Migrationshintergrund, um salafistische Prediger als wären es Popstars. Sie sind fasziniert von dieser fundamentalistischen Spielart des Islams, unterwerfen sich rigiden Verhaltensregeln und liebäugeln plötzlich mit Normen, die die Prinzipien der Aufklärung ablehnen.
Und als wäre das alles noch nicht bedenklich genug, beeinflusst die Furcht vor gewaltbereiten islamistischen Extremisten zunehmend den gesellschaftlichen Alltag.
Vor was soll man sich am meisten fürchten? Werte wie religiös-kulturelle Vielfalt, Toleranz und Integration, auf die man so gerne stolz wäre, erscheinen nur noch als matte Lichtchen.
Was geschieht hier? Wie so oft sind die Antworten komplex und die Gründe vielschichtig. Noch mühsamer als die Suche nach den Ursachen sind die Anstrengungen, Gegenmittel zu finden.
Fünf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der HSFK und der Goethe-Universität Frankfurt aus verschiedenen Forschungsrichtungen haben sich an die Arbeit gemacht. Sie gehen den Ursachen auf den Grund und spüren dem Phänomen Salafismus in Deutschland nach. Das schafft Klarheit und eröffnet Perspektiven, wie Gegenmittel jenseits sicherheitspolitischer Maßnahmen aussehen könnten.
Frieden und Stabilität mit oder gegen China
| 2015
Kreuzer, Peter (2015): Frieden und Stabilität mit oder gegen China. Der Konflikt im Südchinesischen Meer stellt alle Beteiligten vor Grundsatzentscheidungen, HSFK-Standpunkt, 2, Frankfurt/M.
Seit einigen Jahren mehren sich die Meldungen über Zusammenstöße und Provokationen im Südchinesischen Meer. Verfolgt man die mediale Berichterstattung, scheint der Schuldige schnell ausgemacht: die VR China. In der Tat haben sich ihre Aktivitäten in dieser Region in den letzten Jahren deutlich erhöht: Patrouillen, Überwachungen, militärische Aktivitäten und künstliche Landaufschüttungen im Meer, durch die kleine Inseln entstehen, wo vorher nicht viel mehr als ein paar schroffe Felsen aus dem Meer ragten.
Tritt hier die eine aggressive VR China ohne Not immer wieder gegen ein „Pulverfass“? Bei der Antwort ist Vorsicht geboten. Nicht nur die VR verfolgt hier handfeste Interessen. In diesem Gebiet kollidieren bzw. überlappen sich die sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Anliegen von sieben Anrainerstaaten, dazu gesellen sich geostrategische Interessen der USA und Japans. Das führt zu einer Situation, in der zwar alle ihre friedlichen und legitimen Zielvorstellungen betonen, „eindeutige“ Sachverhalte aber einer genauen Überprüfung oft nicht standhalten.
Peter Kreuzer zeigt die Entwicklung der letzten Jahrzehnte auf, vergleicht die Aktivitäten der beteiligten Akteure, hinterfragt die Legitimität ihrer Ansprüche und stellt die amerikanische Politik im Südchinesischen Meer auf den Prüfstand. Einmal mehr zeigt es sich, dass klare Schuldzuweisungen fehl am Platz sind. Sinnvoller ist es, aus Sicht der regionalen Akteure, anhand positiver Ansätze aus der Vergangenheit, Wege zu finden, um Eskalationsspiralen zu vermeiden.
Der Kampf für eine Welt ohne Hunger
| 2015
Anthes, Carolin (2015): Der Kampf für eine Welt ohne Hunger. Wie normativer Wandel in die politische Praxis Eingang finden muss, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Wende mit begrenzter Wirkung
| 2015
Moltmann, Bernhard (2015): Wende mit begrenzter Wirkung. Die Rüstungsexportpolitik der Großen Koalition seit 2013, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Freie Schifffahrt oder „Kanonenbootpolitik“
| 2015
Kreuzer, Peter (2015): Freie Schifffahrt oder „Kanonenbootpolitik“. Der Konflikt zwischen den USA und China im Südchinesischen Meer muss rechtlich geklärt werden, HSFK-Standpunkt, 5, Frankfurt/M.
Die Verteidigerin der Menschenrechte
| 2015
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2015): Die Verteidigerin der Menschenrechte. Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2015 an Ella Mikhaylovna Polyakova, HSFK-Standpunkt, Nr. 6.
Die russische Armee ist berüchtigt: Immer wieder kommt es dort zu systematischen Misshandlungen, Gewalt oder Missbrauch. „Dedowschtschina“, die Herrschaft der Großväter, nennt sich z.B. die grausame Praxis, bei der Rekruten von dienstälteren Soldaten drangsaliert und misshandelt werden. Auch von Ermordungen wird berichtet.
Eine wachsende Zahl von Frauen in Russland schafft es, gegen die Rolle des Militärs zu rebellieren und Widerstand gegen die Streitkräfte zu leisten. Die zivilgesellschaftliche Menschenrechtsorganisation „Soldatenmütter von St. Petersburg“ setzt sich seit 1991 aktiv für die Verbesserung und Wahrnehmung der Rechte russischer Soldaten und für die Strafverfolgung der Täter ein. Die Mütter, Großmütter und Schwestern der Militärdienstleistenden kritisieren die menschenunwürdigen Verhältnisse innerhalb der russischen Armee und den von Russland geführten Kriegen und fordern mehr Transparenz über den Verbleib der Soldaten sowie die Einhaltung der allgemeinen Menschenrechte. Damit verbinden sie pazifistisches und menschenrechtliches Engagement unter den schweren Bedingungen eines autoritären Staates.
Für ihren unermüdlichen Einsatz wurde Ella Mikhaylovna Polyakova, Vorsitzende und Sprachrohr der „Soldatenmütter von St. Petersburg“, mit dem Hessischen Friedenspreis der Albert-Osswald-Stiftung ausgezeichnet.
Im HSFK-Standpunkt Nr. 6/2015 „Die Verteidigerin der Menschenrechte“ wird der Festakt am 17. Juli 2015 im Musiksaal des Hessischen Landtags dokumentiert. Darin können die Laudatio von Dr. h. c. Gernot Erler, Koordinator für die zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit Russland, Zentralasien und den Ländern der Östlichen Partnerschaft, vorgetragen durch den Vorsitzenden des Kuratoriums Hessischer Friedenspreis Karl Starzacher, die Grußworte des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier und des Hessischen Landtagspräsidenten Norbert Kartmann sowie die Dankesrede der Preisträgerin nachgelesen werden.
Früher, entschiedener und substanzieller?
| 2014
Bell, Arvid; Dembinski, Matthias; Gromes, Thorsten; Meyer, Berthold (2014): Früher, entschiedener und substanzieller?. Engagiertes außenpolitisches Handeln und militärische Zurückhaltung sind kein Widerspruch, HSFK-Standpunkt, 1, Frankfurt/M.
Ist Deutschland das Land der Drückeberger? Wer in der letzten Zeit die Debatten in den Medien oder die Reden führender Politiker auf der Münchener Sicherheitskonferenz verfolgt hat, konnte einen solchen Eindruck gewinnen.
Die Forderung nach Übernahme stärkerer internationaler Verantwortung tönte aus verschiedenen Ecken, „auch militärisch“ hallte es nach. Und der Vorwurf der Weltabgewandtheit und Bequemlichkeit angesichts humanitärer Katastrophen oder globaler Ordnungsprobleme scheint den Boden zu bereiten für weitere künftige militärische Auslandseinsätze.
Müssen wir uns also schämen? Die vier Autoren entwirren das emotionale Knäuel und bilanzieren die deutsche Rolle in der Außen- und Sicherheitspolitik.
Wo und wie engagiert sich Deutschland bei Krisen im Ausland? Wie fällt der Vergleich zu seinen Nachbarn aus? Wo übernimmt es internationale Verantwortung? Ist es sinnvoll, humanitäre militärische Einsätze auszuweiten?
Gerade die Forschung zur Bilanz der Militäreinsätze im Ausland steht noch in ihren Anfängen, aber bisherige Ergebnisse mahnen zur Vorsicht und ermutigen nicht dazu, dieses Instrument noch stärker als bisher einzusetzen.
Verantwortung definiert sich nicht allein militärisch und eine engagierte Außenpolitik kann noch mit vielen anderen Mitteln betrieben werden. Und so kommen die Autoren zu dem Schluss, dass eine engagiertere Außenpolitik zu begrüßen ist, aber jede neue Einsatzabwägung im Ausland zunächst mit einem großen Fragezeichen versehen werden sollte.
Vertane Chance
| 2014
Flohr, Annegret (2014): Vertane Chance. Warum die EU-Regulierung zu Konfliktrohstoffen nicht freiwillig bleiben darf, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Oft nur mit Spitzhacke und Schaufel werden die „Konfliktrohstoffe“ von Kleinschürfern abgebaut. Gebraucht werden sie dagegen in erster Linie von der Hightech-Industrie. Weltweit sind Unternehmen auf sie angewiesen, um ihre Handys, elektrische Werkzeuge, Halbleiter, Computer, Implantate und noch vieles mehr herzustellen, und das mit steigender Tendenz.Der Kongo beispielsweise ist reich an Konfliktrohstoffen. Durch ihren Abbau fließt viel Geld an bewaffnete Rebellengruppen. Die USA wollten dem einen Riegel vorschieben. Seit 2010 verpflichtet ein Abschnitt des Dodd-Frank Acts an der US-Börse gelistete Unternehmen dazu offenzulegen, ob in ihren Produkten Konfliktrohstoffe aus dem Kongo und seinen Nachbarländern verwendet werden.
Doch diese gut gemeinte Bestimmung hatte einige ungewollte Folgen: Nicht zuletzt viele Kleinschürfer im Kongo brachte sie um ihre Existenzgrundlage. Etliche Unternehmen umgingen den Aufwand des Nachweisens und wählten einen einfacheren Weg: Sie stellten den Bezug von Rohstoffen aus dem Kongo kurzerhand ein. Die EU wollte es besser machen und hat mittlerweile einen eigenen Vorschlag präsentiert für den Umgang von EU-Unternehmen mit Konfliktrohstoffen. Allerdings: Zu lax und zum Teil sogar kontraproduktiv, lautet Annegret Flohrs Urteil nach eingehender Überprüfung. Sie stellt die Ziele der EU-Kommission dar und setzt sich mit ihren Argumenten auseinander, die zu diesem Vorschlag geführt haben – und plädiert dringlichst für eine grundlegende Überarbeitung.
Wirtschaftsboykotte unter Generalverdacht
| 2014
Gertheiss, Svenja; Wolf, Klaus Dieter (2014): Wirtschaftsboykotte unter Generalverdacht. Unternehmensverantwortung und Boykott-Kampagnen gegen Israel, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Die Zahl der israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten im Westjordanland und Ost-Jerusalem wächst und wächst. Die internationale Gemeinschaft verurteilt die Siedlungen als völkerrechtswidrig und sieht die israelische Siedlungspolitik als eines der Hindernisse für einen Friedensprozess im Nahen Osten.
Wo Politik und Diplomatie nicht mehr weiterkommen, rücken wirtschaftliche Druckmittel ins Gespräch. So achtet die EU darauf, dass keine EU-Fördermittel den Siedlungen zugutekommen und debattiert über eine Kennzeichnungspflicht für Produkte aus den Siedlungen. Neben der EU und einzelnen europäischen Ländern werden auch manche europäischen Firmen aktiv und verzichten auf Produkte aus den besetzten Gebieten bzw. brechen die Geschäftsbeziehungen zu dort tätigen Firmen ab.
Doch was bewegt Firmen dazu, mit Boykotten in die Politik einzugreifen? Wie glaubwürdig sind normative Selbstverpflichtungen von Unternehmen? Und setzen sie dabei dieselben Standards für alle Länder oder wird Israel nicht doch unverhältnismäßig kritisch beurteilt? Svenja Gertheiss und Klaus Dieter Wolf gehen den Fragen nach und setzen sich mit den verschiedenen Akteuren und ihren Motivationen auseinander.
Das tut not. Denn es gibt auch andere Boykottaufrufe, die sich nicht nur gegen Siedlungsprodukte richten, sondern gegen alle israelischen Produkte. Das gefährdet die Glaubwürdigkeit aller Boykottaufrufe und bringt sie in Verdacht, nur ein weiteres Ventil zu sein für Anti-Israelismus oder Antisemitismus, mehr oder weniger offen vorgebracht.
Boko Haram – Terror ohne Ende?
| 2014
Müller, Nina (2014): Boko Haram – Terror ohne Ende?. Der Erfolg der islamistischen Terrorgruppe ist ein Symptom für viele Probleme Nigerias, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Willkür und Brutalität der Terrorakte der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram in Nigeria nehmen seit Jahren zu. Und die nigerianische Regierung erscheint merkwürdig machtlos, obwohl viel Geld (20% des Bundeshaushalts, davon ca. 2 Milliarden in Antiterrormaßnahmen) in den Sicherheitssektor fließt. Wie kann das sein? Und wie passt es zusammen, dass Afrikas mittlerweile größte Volkswirtschaft mit seit Jahren stabilen Wachstumsraten von Terror und Gewalt überrollt wird?
Hinweise liefern Zahlen, die ein anderes Nigeria zeigen, fernab von Prosperität und Erfolg: Die Lebenserwartung im Land ist die niedrigste weltweit, 100 Millionen Nigerianer leben in absoluter Armut und laut Transparency International liegt Nigeria was die Korruption betrifft auf Platz 144 von 177 (2013).
Zu vielen geht es offensichtlich zu gut unter den bestehenden Verhältnissen. Reformen bei Justiz und Polizei werden nur quälend langsam umgesetzt.Das Land ist zutiefst gespalten in einen florierenden Süden und dem Norden mit Stagnation, bitterer Armut und prekären Sicherheitsverhältnissen. Von hier breitet sich der Terror immer weiter aus.
Die von der Regierung zur Hilfe gerufene Armee bringt in ihrem Kampf gegen den Terror mit Menschenrechtsverletzungen die Menschen gegen sich auf. Ist es so abwegig, dass vielen Menschen im abgehängten Norden der von Boko Haram proklamierte „wahre Islam“ trotz des willkürlichen und blutigen Terrors als einzige Alternative erscheint? Nina Müller zeigt Hintergründe, Versäumnisse und Fehlentwicklungen auf und sucht nach Lösungsansätzen.
Schutz von oder vor Flüchtlingen?
| 2014
Gertheiss, Svenja (2014): Schutz von oder vor Flüchtlingen?. Europäische Migrations- und Flüchtlingspolitik ein Jahr nach der Katastrophe in Lampedusa, HSFK-Standpunkt, Nr.5.
Ziel verfehlt
| 2014
Bell, Arvid; Friesendorf, Cornelius (2014): Ziel verfehlt . Die Mitverantwortung der NATO für zivile Opfer in Afghanistan, HSFK-Standpunkt, Nr.6.
Dreizehn Jahre sind vergangen, seit die ersten internationalen Truppen in Afghanistan eintrafen. Ende des Jahres 2014 beendet die NATO ihren Kampfeinsatz. Die neue NATO-Mission, an der sich auch Deutschland beteiligen wird, soll eine Ausbildungs- und Unterstützungsmission sein. Erst die nächsten Jahre werden zeigen, was der internationale Einsatz gebracht hat. Die Frage, wie Afghanistan heute aussehen würde ohne ihn, ist ohnehin nicht zu beantworten. Auch für Deutschland stellt sich die Frage, wie und vor allem wie umfangreich ein Engagement für Afghanistan in Zukunft aussehen sollte. Die Bundeswehr war zeitweise mit über 5.000 Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan vertreten und die Skepsis, wie sinnvoll dieser Einsatz war, wuchs von Jahr zu Jahr. Zweifellos hat die internationale Präsenz viele Entwicklungen im Land in Gang gesetzt – und zwar positive und negative sowie beabsichtigte und unbeabsichtigte. Arvid Bell und Cornelius Friesendorf untersuchen die Veränderungen der Sicherheitssituation der Zivilbevölkerung in den letzten Jahren.
Humanitäre Gründe spielten von Anfang an eine Rolle in der Legitimierung des Afghanistaneinsatzes. Die Autoren analysieren die komplexen Auswirkungen des Kampfeinsatzes für die Zivilbevölkerung und die Mitverantwortung der NATO für zivile Opfer. Ihre Schlussfolgerung: Die internationalen Akteure dürfen sich nach dem ISAF-Abzug nicht aus der Verantwortung stehlen, sondern können konkrete Beiträge zum Schutz der Zivilbevölkerung leisten.
Nur ein Feigenblatt?
| 2014
Lesch, Max (2014): Nur ein Feigenblatt?. Deutschlands langer Weg zur Ratifikation der UN-Konvention gegen Korruption, HSFK-Standpunkt, 7, Frankfurt/M.
Zwischen Ehrenmal und Friedwald
| 2014
Mannitz, Sabine (2014): Zwischen Ehrenmal und Friedwald. Offene Fragen des militärischen Totengedenkens in Deutschland, HSFK-Standpunkt, 8, Frankfurt/M..
Menschen eine Perspektive öffnen
| 2014
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2014): Menschen eine Perspektive öffnen. Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2014 an Rubem César Fernandes, HSFK-Standpunkt, Nr. 9.
Wenn Idealismus und Organisationstalent zusammentreffen, ein Intellektueller gleichzeitig ein überzeugender Aktivist ist, dann kann das den Boden bereiten für nachhaltiges und wirkungsvolles Engagement. Rubem César Fernandes gelang es, zusammen mit Mitstreiterinnen und Mitstreitern, aus einer bürgerlichen Protestbewegung eine wirkungsvolle NGO zu entwickeln. „Viva Rio“ machte es sich, zunächst nur in Rio de Janeiro, zum Ziel, Gewalt abzubauen und den Kriminellen die Macht zu nehmen. Die Projekte von Viva Rio u.a. gegen Drogen und Kleinwaffen und zur Gewaltprävention haben mittlerweile Modellcharakter und werden auch in anderen Städten Brasiliens und sogar in anderen Ländern durchgeführt.
Viele dieser Projekte setzen ihren Fokus auf die Favelas, die Armutsviertel Rios. Jugendliche vor dem Abrutschen in die Kriminalität zu bewahren und ihnen stattdessen Möglichkeiten zu eröffnen für die Gestaltung eines Lebens in der Legalität – dafür kämpfen die mittlerweile mehr als 5000 Beschäftigte zusammen mit über 1000 Freiwilligen.
Für sein langjähriges erfolgreiches Engagement wurde Rubem César Fernandes mit dem Hessischen Friedenspreis der Albert-Osswald-Stiftung ausgezeichnet. Wir dokumentieren den Festakt am 24. Juli 2014 im Hessischen Landtag mit der Laudatio von Prof. Dr. Michael Brzoska, Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, den Grußworten des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier und des Landtagspräsidenten Norbert Kartmann sowie der Dankesrede des Geehrten.
Irrwege und Auswege
| 2013
Kohl, Christoph (2013): Irrwege und Auswege. Guinea-Bissau nach dem Putsch im April 2012, HSFK-Standpunkt.
Die Situation ist verfahren in Guinea-Bissau seit dem Militärputsch im April 2012. Die großen Parteien stehen sich unversöhnlich gegenüber und das Militär mischt kräftig mit. Die legitime Regierung sitzt in Portugal im Exil und externe Akteure versuchen Einfluss zu nehmen, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen.So haben z.B. die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft und einige ihrer führenden Mitglieder maßgeblichen Anteil an der jetzigen Ausweglosigkeit. Und es scheint viel darauf hinzudeuten, dass für sie strategische und ökonomische Machtinteressen und Revanchegelüste im Vordergrund stehen.
Dies geht nicht nur zu Lasten weiter Teile der bissau-guineischen Bevölkerung und einer nachhaltigen Stabilisierung des Landes, sondern beeinflusst auch negativ die Verfolgung gemeinsamer Interessen von Westafrikanischer Wirtschaftsgemeinschaft einerseits und Europäischer Union und USA andererseits.
Eine wirkungsvolle Zusammenarbeit im Kampf gegen den transatlantischen und transkontinentalen Drogenhandel sowie ein gemeinsames Vorgehen in Mali zur Eindämmung islamistischen Terrors, der große Teile Westafrikas gefährdet, werden auf diese Weise erschwert.
Christoph Kohl entwirrt das Interessengeflecht interner und externer Akteure, analysiert die Situation im Land und überlegt schließlich, wie eine Stabilisierung des Landes vielleicht in Gang gebracht werden könnte, zum Segen nicht nur der Region, sondern vor allem weiter Teile der Bevölkerung.
Einsatz für Humanität und Völkerrecht
| 2013
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2013): Einsatz für Humanität und Völkerrecht. Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2012 an Elisabeth Decrey Warner, HSFK-Standpunkt.
Weltweit liegen noch Millionen von Landminen in aktuellen oder ehemaligen Kriegsgebieten. Ob in Bosnien, Kambodscha oder Afghanistan, Minen unterscheiden nicht zwischen Soldaten und Zivilisten und erschweren meist noch Jahre nach Kriegsende eine Friedenskonsolidierung. Seit 1997 besteht mit dem Ottawa-Abkommen ein völkerrechtlicher Vertrag, der Anti-Personenminen ächtet. Doch diesem dürfen nur Staaten beitreten, d.h. das Verbotsabkommen schließt nicht staatliche Akteure von vornherein aus.
Elisabeth Decrey Warner hat mit ihrer Organisation Geneva Call die Möglichkeit geschaffen, dass nicht staatliche bewaffnete Akteure sich vertraglich verpflichten können, auf Minen zu verzichten. Das haben bisher 42 Rebellengruppen getan. Unter anderem im Irak, in Somalia und im Sudan hat sie erfolgreich mit Gruppen verhandelt, die bei einigen Staaten auf der Terrorliste stehen. Das brachte ihr nicht nur Lob und Anerkennung, sondern gerade zu Beginn viel Kritik ein. Heute gilt ihre Arbeit als vorbildlich und findet im Kampf gegen Kindersoldaten und sexuelle Gewalt gegen Frauen ihre Fortsetzung. Für ihr Engagement wurde sie mit dem Hessischen Friedenspreis 2012 ausgezeichnet.
Wir dokumentieren den Festakt am 28. September 2012 im Musiksaal des Hessischen Landtags in Bild und Text mit der Laudatio von Thomas Gebauer, Geschäftsführer von medico international, den Grußworten des Hessischen Ministers für Bundesangelegenheiten Michael Boddenberg und des Landtagspräsidenten Norbert Kartmann sowie der Dankesrede der Geehrten.
Von Werten und Schurken
| 2013
Wolff, Jonas (2013): Von Werten und Schurken. Menschenrechte, Demokratie und die normativen Grundlagen deutscher Außenpolitik, HSFK-Standpunkt, 3, Frankfurt/M.
Was gehört eigentlich zu den unteilbaren, universalen Menschenrechten? Und besteht darüber weltweit Einvernehmen? Oder, anders formuliert, gibt es international etablierte Menschenrechtsnormen und orientiert sich die deutsche Außenpolitik daran? Betrachtet man die Aussagen deutscher Politiker, steht das eigene Verständnis von Menschenrechten zweifellos im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsabkommen. Menschenrechte, Freiheit, Demokratie scheinen irgendwie fest zusammenzugehören und werden von den westlichen Ländern vorbildlich vertreten.
Jonas Wolff begibt sich auf die Suche nach dem Spektrum unteilbarer Menschenrechte, das auf globaler Ebene verankert ist. Dabei stößt er auf eine Diskrepanz zwischen eben diesem Spektrum und dem spezifisch liberalen Menschenrechtsverständnis.
Das hat Folgen. Debatten darüber, ob deutsche Außenpolitik interessen- oder wertegeleitet ist, drohen schwammig zu werden. Und diese Debatten beeinflussen Entscheidungen, zu welchen Ländern man diplomatische oder wirtschaftliche Beziehungen pflegen soll, kulturellen Austausch suchen oder gar Waffen exportieren darf.
Ziel ist Wolff dabei nicht, einen Handlungsleitfaden für den Umgang mit „schwierigen“ Staaten zu entwickeln. Vielmehr fordert Wolff einen Diskurs darüber, was eigentlich genau gemeint ist, wenn man bei der Beurteilung anderer Länder Rekurs auf die Einhaltung oder Verletzung von Menschrechten nimmt.
Wohin steuert Erdoğan?
| 2013
Mannitz, Sabine (2013): Wohin steuert Erdoğan?. Die Türkei braucht den demokratischen Rückenwind der EU, HSFK-Standpunkt, 4.
Seit 1963 wird der Türkei offiziell der Eintritt in die EU (damals noch EWG) in Aussicht gestellt. Es gab viele gute Gründe, die immer wieder gegen einen Beitritt sprachen und bis heute hat die Türkei demokratische Defizite. Doch hat sich viel geändert im Land, seit der Jahrtausendwende deutlicher denn je. Das ist auch ein Verdienst der AKP. Allerdings nahm quasi parallel zu den Fortschritten die EU-Euphorie der Türken kontinuierlich ab. Man ist selbstbewusster geworden und ist die Rolle des um Einlass Bettelnden leid. Wirtschaftlich kann das Land der krisengeplagten EU sowieso das Wasser reichen. Der Aufschwung hat Auswirkungen auf das politische Selbstbewusstsein der Zivilgesellschaft. Spätestens die nächsten Generationen werden eine Beschneidung ihrer Rechte und Freiheiten nicht mehr ohne Weiteres akzeptieren. Das zeigen auch die jüngsten Ereignisse in Istanbul und anderen Städten der Türkei. Auch wenn die Unverhältnismäßigkeit der Polizei-Einsätze den Eindruck erweckt, das Land sei noch weit von EU-Standards entfernt, hat die 10jährige Ära der AKP der Türkei tatsächlich deutliche Reformen gebracht und die Demokratisierung vorangetrieben. Dieser Schwung hat sich indessen abgeschwächt. Erdoğans Kurs scheint immer weniger klar, und es wächst Widerstand gegen seinen autoritären Politikstil. Es ist nun höchste Zeit, dass die EU mit einer politischen Offensive ihren 50 Jahre alten Versprechungen gerecht wird und den Ausbau der türkischen Demokratie mit einer klaren Beitrittszusage unterstützt.
Gerechtigkeit für die Opfer?
| 2013
Ottendörfer, Eva (2013): Gerechtigkeit für die Opfer?. Anspruch und Wirklichkeit der Reparationsverhandlungen vor dem Internationalen Strafgerichtshof, HSFK-Standpunkt.
Zehn Jahre nach Aufnahme seiner Tätigkeit hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGh) in Den Haag 2012 sein erstes Urteil gesprochen: Der Rebellenführer Thomas Dyilo Lubanga aus dem Kongo wurde zu 14 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wegen der Rekrutierung und des Einsatzes von Kindersoldaten. Mit dem Urteil fiel die Entscheidung, den Opfern durch die Zahlung von Reparationen Entschädigung zukommen zu lassen.
Die Vollmacht, nicht nur Straftäter zu verurteilen, sondern sie auch zu Reparationen zu verpflichten, unterscheidet den IStGh von anderen internationalen Tribunalen. Sie wurde als wichtiger Fortschritt in der internationalen Strafgerichtsbarkeit angesehen und ist ein wichtiger Bestandteil der Bemühungen, neue Wege einzuschlagen, um den Opfern besser gerecht zu werden.
Doch trotz der Verurteilung Lubangas ist niemand so recht zufrieden mit dem Urteil und den Reparationsentscheidungen. Den Anwälten Lubangas gehen sie zu weit, viele Opfer sehen ihr Leid zu wenig oder gar nicht berücksichtigt und befürchten, dass auch ehemalige Täter profitieren können. Die hohen Erwartungen an diesen Prozess wurden enttäuscht.
Eva Ottendörfer geht in ihrem Standpunkt auf die Suche nach den Ursachen für den schalen Erfolg und überlegt, ob das ehrgeizige Konzept des IStGh von vornherein zum Scheitern verurteilt ist oder was nötig wäre, um möglichst vielen Opfern wirklich Genugtuung widerfahren zu lassen und einen Weg zu finden für mehr Gerechtigkeit und Versöhnung.
Politische Bekenntnisse ohne Folgen
| 2013
Hofmann, Gregor P. (2013): Politische Bekenntnisse ohne Folgen. Die deutsche Politik und die zögerliche Umsetzung der internationalen Schutzverantwortung, HSFK-Standpunkt, 6, Frankfurt/M.
Entgegen der Beteuerungen einzelner Politiker nimmt die Norm der Schutzverantwortung (RtoP) in der deutschen Politik keinen großen Platz ein. In der deutschen Öffentlichkeit wird sie zudem seit dem militärischen Eingreifen in Libyen oft mit humanitären militärischen Interventionen gleichgesetzt. Doch der internationale Schutz von Menschen vor innerstaatlicher Gewalt, wie ihn die RtoP fordert, sieht noch eine ganze Reihe von friedlichen nicht-militärischen Maßnahmen vor. Militärische Interventionen sind nur ein und als Ultima Ratio letzter Schritt zahlreicher Eingriffsmöglichkeiten.
Militärische Interventionen in einen souveränenen Staat sind aus guten Gründen umstritten. Nicht-militärische Handlungsoptionen, um schwere Gräueltaten zu verhindern, stoßen dagegen in der deutschen Öffentlichkeit wie auch international auf breite Akzeptanz und haben in Deutschland eine lange Tradition.
Gregor Hofmann stellt in seinem Standpunkt eine ganze Reihe diplomatischer, humanitärer und friedlicher Maßnahmen vor, die die deutsche Politik ergreifen könnte, um krisengefährdeten Ländern Hilfestellung zu leisten. Er zeigt, wie wichtig es wäre, einen systematischen Maßnahmenkatalog zu entwickeln, um Konflikte mit Eskalationspotential bis hin zu schwersten Gräueltaten schon im Vorfeld erkennen und bekämpfen zu können. Gerade in den nicht-militärischen Bereichen könnte die deutsche Politik viel zu Wege bringen und sich international profilieren. Dazu wäre allerdings mehr nötig als schöne Worte.
Mut zur Kritik!
| 2013
Jüngling, Konstanze (2013): Mut zur Kritik!. Für eine konsistente deutsche Menschenrechtspolitik in Tschetschenien vor und nach Sotschi, HSFK-Standpunkt, Nr. 7.
Kritik an seiner Vergabepraxis der Olympischen Spiele prallt am Internationalen Olympischen Komitee ab wie Regen auf einem Schafspelz im Winter. Gerade autoritär geführte Länder greifen begierig nach der Chance, ihre erfolgreiche Regierungsführung auf einer weltweiten Bühne zu inszenieren. Menschenrechtsaktivisten oder andere Bedenkenträger haben kaum eine Chance, wenn die große Show erst einmal die Massen bewegt.
Die unfreiwillige Werbung für zweifelhafte Regimes ist das eine Problem, das andere ist die Steigerung repressiver Maßnahmen schon im Vorfeld, um potenzielle Störenfriede einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. Genau das passiert gerade rund um Sotschi, Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014: eine Verschärfung der ohnehin schon prekären Situation der Menschenrechte.
Was also tun? Einen Boykott der Spiele befürworten selbst die meisten Menschenrechtsaktivisten nicht. Viel wichtiger wäre eine konsistente (deutsche) Menschenrechtspolitik. Warum sie so wichtig wäre und wie sie aussehen könnte, damit setzt sich Konstanze Jüngling in ihrem Standpunkt auseinander.
Sie beschreibt das Menschenrechtsklima in der Nachbarschaft der Spiele, ein Klima der Einschüchterung und des Terrors, und zeigt, was getan werden könnte und müsste. Ein konsistentes Engagement könnte im übrigen auch den olympischen Ideen der Völkerverständigung oder der „Forderung nach einer friedlichen Gesellschaft, die der Wahrung der Menschenwürde verpflichtet ist“ nicht schaden und den Genuss des Sportspektakels verdaulicher machen.
Keine Macht den Drohnen!
| 2013
Schörnig, Niklas; Weidlich, Christian (2013): Keine Macht den Drohnen!. Warum Deutschland sich jetzt gegen autonom tötende Militärsysteme einsetzen muss, HSFK-Standpunkt, 8, Frankfurt/M.
Was haben „Roomba“, der „selbstständig“ arbeitende Staubsauger, und das unbemannte Militärfahrzeug „Warrior“ gemeinsam? Einiges könnte man nennen, vor allem aber: den Hersteller iRobot. Die Forschung zu zivilen Robotern und die zu militärischen Nutzungen sind eng miteinander verquickt, zum Teil sogar identisch.
Das ist gefährlich. Denn während in dem einen Bereich eine immer größere Autonomie kaum existentiell bedrohlich werden kann, ist dieselbe Entwicklung im anderen Bereich folgenschwer.
Industrielle Produktion, Lagerung, Medizin, der einfache Haushalt und viele andere Bereiche profitieren. Und auch automatisierte defensive Militärsysteme leisten mittlerweile Erstaunliches beim Bergen, Schutz oder Transport, bei der Aufklärung, Minenräumung usw.
Spektakuläre, immer schnellere Fortschritte in beiden Bereichen spornen das Können und den Ehrgeiz der Softwareentwickler an. Wer kann da noch ernsthaft garantieren, dass angesichts immer zuverlässiger und komplexer ablaufender Automatisierungen der Schritt zum autonomen Töten nicht doch irgendwann in Zukunft vollzogen wird? So scheint die Forderung der Autoren dieses Standpunkts nach einem Verbot autonomer Waffensysteme mehr als berechtigt, auch wenn es bisher noch keinen autonom agierenden Kampfroboter gibt. Schon heute müssen die technischen Möglichkeiten von morgen eingehegt werden und deutlich gemacht werden, dass es eine Hybris ist zu glauben, völkerrechtliche Bestimmungen könnten jemals zuverlässig in Algorithmen abgebildet und umgesetzt werden.
Versöhner und Brückenbauer
| 2013
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2013): Versöhner und Brückenbauer. Der Hessische Friedenspreis 2013 ging an Imam Dr. Muhammad Ashafa und Pastor Dr. James Wuye, HSFK-Standpunkt, Nr. 9.
Imam Dr. Ashafa und Pastor Dr. Wuye aus Nigeria kennen Hass und Gewalt aus eigener Erfahrung. Sie führten selbst jahrelang christliche bzw. muslimische Milizen an und waren erbitterte Feinde. Dass sie heute Freunde sind, scheint wie ein kleines Wunder.
Ihre Erfahrungen aus dem persönlichen Versöhnungsprozess fließen seit Jahren in vielfältige Projekte der Friedensarbeit, die auch ihre Landsleute zu gegenseitigem Verständnis führen sollen: Sie gründeten das „Interfaith Mediation Centre“, in dem sie Mediatoren ausbilden, die bei drohenden Konfliktausbrüchen vor Ort und Stelle reisen, um zu vermitteln. Sie organisieren Begegnungen und Gespräche zwischen islamischen und christlichen Geistlichen und radikalisierten Jugendlichen beider Religionen. Ihre „Kaduna Peace Declaration“, die von muslimischen und christlichen Geistlichen unterschrieben wurde, dient als Modell für andere Friedensschlüsse. Sie haben ein Schulcurriculum entwickelt und erläutern missverständliche Passagen in Koran und Bibel im Fernsehen und im Radio.
Für ihre unermüdlichen Aktivitäten wurden sie mit dem Hessischen Friedenspreis der Albert-Osswald-Stiftung ausgezeichnet.
Sicherheitssektorreform in Guinea
| 2013
Mehlau, Alena (2013): Sicherheitssektorreform in Guinea. Ohne eine umfassende Einbindung des Justizsystems wird die Reform scheitern, HSFK-Standpunkt, Nr. 10.
Guinea scheint geradezu prädestiniert zu sein für eine Sicherheitssektorreform (SSR). Wo, wenn nicht dort, werden Rechtsstaatlichkeit, Schutz der Menschenrechte und Zugang zur Justiz, kurz die Verbesserung der menschlichen Sicherheit, dringender benötigt?
55 Jahre Autarkie haben das Land kaum vorangebracht. Misswirtschaft, Korruption und politische Instabilität lähmen jeden Fortschritt. Die unheilvolle Verquickung von Militär und Politik macht einen Rechtsstaat zur Utopie. Das Militär beherrscht den gesamten Sicherheitsbereich und hält die Justiz in Machtlosigkeit und Abhängigkeit.
Aus gutem Grund beruht die SSR auf einem ganzheitlichen Konzept: Alle Sicherheitsbereiche sind miteinander verzahnt und die Reform des einen kann ohne die der anderen nicht erfolgreich sein.
Seit über drei Jahren bemüht sich das UNDP (Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen) um eine Reform des Sicherheitssektors in Guinea. Allerdings wurde die Reform der Justiz aus dem Programm teilweise ausgegliedert, weil diese von einer EU-Delegation vor Ort seit längerem vorbereitet wird.
Alena Mehlau führte 2013 einen Feldforschungsaufenthalt in Guinea durch und suchte vergeblich nach entscheidenden Fortschritten im Sicherheitsbereich. Trotz des beträchtlichen Einsatzes von Geld scheint bei den Reformprogrammen so ziemlich alles schiefzulaufen, was schieflaufen kann. In ihrem Standpunkt begibt sie sich auf die Suche nach den Ursachen und nach besseren Wegen für die Zukunft.
Architektin internationaler Friedenspolitik
| 2012
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2012): Architektin internationaler Friedenspolitik. Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2011 an Sadako Ogata, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Ruanda, Bosnien, Kosovo, Nordirak – das waren nicht zuletzt humanitäre Katastrophen, die schnelle Hilfe in enormen Ausmaßen erforderten. Zehn Jahre lang stellte sich Sadako Ogata als VN-Hochkommissarin für Flüchtlinge dieser Aufgabe. Doch diese Flüchtlingsdramen bedurften zwar dringend humanitärer Hilfe, um den Menschen aber dauerhaft zu helfen, d.h. nachhaltigen Frieden zu etablieren, war mehr erforderlich.
Sadako Ogata entwickelte maßgeblich das Konzept der „menschlichen Sicherheit“ mit, das nicht den Staat, sondern den einzelnen Menschen, d.h. seinen Schutz vor Krieg, politischer Gewalt und Willkür in den Mittelpunkt stellt. Damit nimmt das Konzept Aspekte der Sicherheits-, Entwicklungs- und Menschenrechtspolitik auf, um nachhaltigen Frieden und nachhaltige Sicherheit zu etablieren. Politische Lösungen für humanitäre Probleme suchen, Entwicklungsarbeit leisten, in der die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt werden und gut gemeinte Hilfen keine negativen Auswirkungen haben – dafür hat sich Sadako Ogata ihr Leben lang eingesetzt. Unermüdlich warb sie um mehr Hilfe und Engagement angesichts millionenfachen Leids. Dafür wurde sie mit dem Hessischen Friedenspreis 2011 ausgezeichnet.
Wir dokumentieren den Festakt am 6. Dezember 2011 im Musiksaal des Hessischen Landtags mit der Laudatio von Dr. Gunter Pleuger, Präsident der Europa-Universität Viadrina, den Grußworten des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier und des Landtagspräsidenten Norbert Kartmann sowie der Dankesrede der Geehrten.
Die israelische Demokratie unter Druck
| 2012
Melamud, Aviv (2012): Die israelische Demokratie unter Druck. Wie demokratische Prinzipien durch nationalpopulistische Gesetzesvorschläge untergraben werden, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Häufig und gerne spricht der israelische Ministerpräsident Netanyahu von Israel als der einzigen Demokratie im Nahen Osten. Allerdings gehört zu der demokratischen Selbstdefinition unbedingt auch die jüdische. Israel ist zwar eine pluralistische Demokratie, aber kein wirklich säkularer Staat. So gibt es beispielweise keine Zivilehe, sondern eine gültige Heirat kann nur im Kontext der jeweiligen Religion geschlossen werden.
Die jüdische Religion ist eng mit dem Staatsverständnis verflochten, und das schafft schon innerhalb der jüdischen Bevölkerung Probleme. Welten trennen säkulare von orthodoxen und „ultraorthodoxen“ Juden. Für den nichtjüdischen Teil der Gesellschaft, der immerhin ca. 20% ausmacht, führt es zum Teil zu existenziellen Problemen.
Angesichts der prekären Sicherheitslage Israels lässt sich mit radikalen Äußerungen gut Stimmung machen. So sorgen in der aktuellen Knesset einzelne Mitglieder immer wieder für Aufsehen und heizen mit einer Flut zweifelhafter Gesetzesvorschläge die Stimmung auf. Meist richten sich diese gegen die arabische Minderheit und stellen unverblümt demokratische Grundrechte infrage. Eine gefährliche Entwicklung – die meisten dieser Gesetzesinitiativen passieren zwar das Gesetzgebungsverfahren nicht, sie tragen aber weiter zur Spaltung der Gesellschaft bei und bedrohen ihr demokratisches Fundament. 64 Jahre alt ist die israelische Demokratie mittlerweile, doch die demokratische Identität der israelischen Gesellschaft bedarf weiterhin der Achtsamkeit und Pflege.
Vier Jahre Obama sind nicht genug!
| 2012
Fey, Marco (2012): Vier Jahre Obama sind nicht genug!. Die US-Nuklearwaffenpolitik am Scheideweg, HSFK-Standpunkt.
Als der amtierende Präsident der USA Barack Obama in seiner Prager Rede vor 20.000 Zuhörern seine Vision einer atomwaffenfreien Welt verkündete, schürte das Hoffnungen für eine beschleunigte nukleare Abrüstung. Doch was ist geblieben von der Euphorie? Genug, um auf vier weitere Jahre Obama zu hoffen, meint Marco Fey.
Zwar habe mancher Schritt mehr Zeit in Anspruch genommen als erhofft, Vieles konnte jedoch umgesetzt werden. So markierte etwa das New START-Abkommen mit Russland einen wichtigen Erfolg in der Kontrolle von Nuklearwaffen. Die Abkehr von Obamas Vorgänger Bush zeigt sich besonders im Umgang mit multilateralen Regimen: Die Obama-Regierung wird nicht müde zu verkünden, dass sie sich an die Abrüstungsverpflichtung aus dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV) gebunden fühlt. Mit der Offenlegung der exakten Anzahl amerikanischer Nuklearsprengköpfe bei der Überprüfungskonferenz des NVV im Mai 2010 demonstrierte Außenministerin Clinton Transparenz und erhöhte den Druck auf andere Staaten.
Dennoch konnten einige Vorhaben noch nicht umgesetzt werden: Die Ratifikation des umfassenden Kernwaffenteststopp-Vertrags steht deshalb für eine mögliche zweite Amtszeit ebenso auf der Agenda wie die Intensivierung der Abrüstungsbemühungen mit Russland.
Die Wahl Mitt Romneys würde hingegen einen Rückschlag für die nukleare Abrüstung und eine Rückkehr zur abrüstungsfeindlichen Bush-Politik bedeuten. Romney fordere höhere Verteidigungsausgaben und betrachte Russland immer noch als größten geopolitischen Feind, so Fey.
Die Schutzverantwortung nach Libyen
| 2012
Dembinski, Matthias; Mumford, Densua (2012): Die Schutzverantwortung nach Libyen. Ohne Einbeziehung der regionalen Sicherheitsorganisationen wird diese wichtige Norm scheitern, HSFK-Standpunkt, 4, Frankfurt/M.
Rund zehn Jahre ist die Idee der Schutzverantwortung erst alt – und spätestens seit ihrem ersten Praxistest in Libyen ist sie heftig umstritten. Ursprünglich zum Schutz vor gravierenden Menschenrechtsverletzungen und Völkermorden konzipiert, wird sie mittlerweile von vielen Kritikern als Legitimationsgrundlage für militärische Interventionen betrachtet. Die Anwendung der Responsibility to Protect (R2P) im Libyenkonflikt durch die Resolution 1973 des VN-Sicherheitsrats hat diese Kritik noch verschärft und einige sehen die Norm schon als gescheitert an.
Die Unzufriedenheit mit der R2P sei vor allem auf prozedurale Ungerechtigkeiten zurückzuführen, so Mathias Dembinskis und Densua Mumford. Weniger als der substanzielle Gehalt der Norm seien die Machtungleichgewichte bei den Entscheidungsverfahren für die Krise der Norm verantwortlich. denn die Entscheidung, wann wer wo und wie eingreifen müsse, werde immer noch von den Vetomächten im Sicherheitsrat und den militärisch potentesten Staaten dominiert.
Können die Schwächen des Entscheidungsprozesses behoben werden, dann stelle die Norm der R2P einen wesentlichen Fortschritt dar, so Dembinski und Mumford.
Sie spielen mit dem Feuer. Schon wieder.
| 2012
Jacobs, Andreas (2012): Sie spielen mit dem Feuer. Schon wieder.. Kenia vor den Wahlen im März 2013, HSFK-Standpunkt.
500 000 Menschen auf der Flucht und zahlreiche Ermordungen – bis heute hat sich Kenia von den blutigen Auseinandersetzungen nach der Präsidentschaftswahl 2007 nicht erholt. Anfang März 2013 stehen erneut Wahlen in Kenia an und die Angst ist groß, dass es in der Folge erneut zu einem Ausbruch interethnischer Gewalt kommen wird.
Die Chancen für ein friedliches Wahljahr stehen nicht gut. Das ist ein Jammer für ein Land, dessen Wirtschaftswachstum und Prosperität viele Jahre als vorbildlich auf dem afrikanischen Kontinent galten.
Externe Akteure sehen mit Sorge, wie das Land wieder auf einen Abgrund zutreibt. Ihre Handlungsspielräume sind gering. Doch auf informeller oder diplomatischer Ebene können sich durchaus Einflussmöglichkeiten auftun. In der Hauptstadt Nairobi begegnen sich die Vertreter einflussreicher internationaler Akteure und die kenianische Elite auf vergleichsweise engem Raum. Dies eröffnet engagierten Vertretern der internationalen Gemeinschaft vielfältige Möglichkeiten, sich mit kenianischen Spitzenpolitikern sowie jungen und alten Eliten aus Wirtschaft und Politik auf informelle Weise auszutauschen. Und der unlängst in den Ruhestand verabschiedete US-Botschafter Ranneberger erwarb sich nach den Unruhen 2007/08 zusammen mit seinem damaligen deutschen Kollegen viel Respekt bei reformorientierten Kenianern aller ethnischer Gruppen, da sie vielen etablierten Politikern „auf die Füße traten“. Das sind allesamt nicht zu verachtende Unterstützungen für ein Land, das gerade wieder alle Chancen zu verspielen scheint.
Im Dunkeln ist gut munkeln
| 2011
Moltmann, Bernhard (2011): Im Dunkeln ist gut munkeln. Die Not mit der Transparenz in der deutschen Rüstungsexportpolitik, HSFK-Standpunkt.
Rüstungsexporten haftet etwas Dunkles und Geheimnisvolles an. Das liegt zum einen am Waffengeschäft an sich, da Waffen als langlebige Güter in den falschen Händen großes Unheil anrichten können. Zum anderen weist die Informationslage Defizite auf. Tatsächlich kann niemand genau sagen, welche deutschen Rüstungsgüter wann an wen in welchem Umfang geliefert wurden. Die undurchsichtigen Genehmigungsverfahren geben zu weiteren Spekulationen Anlass. Dieser Mangel an Transparenz steht einer rechtsstaatlichen und repräsentativen Demokratie schlecht zu Gesicht und hintertreibt den Anspruch deutscher Außenpolitik als Friedenspolitik.
Bernhard Moltmann ist mittlerweile Experte in diesem Bereich der „Halb- und Spät-Informationen“. Er ist Vorsitzender der Fachgruppe „Rüstungsexporte“ der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung, die sich seit 14 Jahren bemüht, den Schleier in diesem Politikfeld zu lüften. Sie erstellt einen jährlichen Rüstungsexportbericht, der alle öffentlich zugänglichen Informationen über deutsche Exporte von Kriegswaffen bzw. die Exportgenehmigungen von Rüstungsgütern aus dem Vorjahr zusammenträgt und sie kritisch aus friedens- und entwicklungspolitischer Sicht bewertet.
Erstaunlich genug, dass eine außerparlamentarische Gruppe den offiziellen Rüstungsexportbericht ergänzen muss. Aber immerhin: Dieses Jahr wurde die Gruppe für ihr Bemühen um Licht in den verborgenen Ecken der deutschen Außenhandelspolitik mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet.
Ein Desaster. Deutschland und der Fall Libyen
| 2011
Müller, Harald (2011): Ein Desaster. Deutschland und der Fall Libyen. Wie sich Deutschland moralisch und außenpolitisch in die Isolation manövrierte, HSFK-Standpunkt, 2, Frankfurt/M.
Die Lage war eindeutig: Der Diktator Gaddafi drohte dem aufständischen libyschen Volk mit Mord und Totschlag und die Rebellen riefen um Hilfe für ihren Befreiungskampf.Die Arabische Liga unterstützte den Hilferuf der Rebellen und forderte den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf einzugreifen. Dieser befand, dass in diesem Fall die Norm der „Schutzverantwortung“ zum Tragen käme, beschloss die Resolution 1973, die, mit Einschränkungen, militärische Hilfe für das libysche Volk legitimierte. Ein solcher Eingriff in einen souveränen Staat ist allerdings an ein Mandat des Sicherheitsrats gebunden. Die erforderliche Abstimmung ließ die Resolution passieren. Allein – die deutsche Zustimmung fehlte, neben der von Brasilien, Indien, China und Russland.
Wer nun hoffte, die Befürworter hätten wichtige Argumente übersehen oder Zusammenhänge nicht erkannt, den enttäuscht Harald Müller. Punkt für Punkt demontiert er die deutschen Gegenargumente und zählt kopfschüttelnd die Schäden auf, die durch das deutsche Nein entstanden sind: Isolation Deutschlands in der EU und der NATO, Schädigung der Gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik der EU, Brüskierung und dadurch innenpolitische Schädigung Präsident Obamas – vom mitmenschlichem Versagen ganz zu schweigen.
Was auch immer am Ende dieses Kriegs stehen wird, positiv anzumerken bleibt, dass sich die Staatengemeinschaft fähig zu multilateralem Weltordnungshandeln gezeigt hat – allerdings ohne Deutschland.
Die arabische Region im Umbruch
| 2011
El Ouazghari, Karima (2011): Die arabische Region im Umbruch. Zur Rolle islamistischer Oppositionsbewegungen in Jordanien, Ägypten und Tunesien, HSFK-Standpunkt.
Ein Feuer breitet sich aus in der arabischen Welt. Protestbewegungen aus allen Schichten der Gesellschaft bringen langjährige autokratische Regime zu Fall oder in große Bedrängnis. Das weckt vielfältige Ängste, im Westen, aber auch bei den Menschen in den arabischen Ländern selbst.Wie werden sich die islamistischen Bewegungen verhalten, denen die autokratischen Regime bislang kaum politischen Spielraum gewährten – von politischer Verantwortung ganz zu schweigen? Werden sie in Zukunft die Macht an sich reißen und autokratische Gottesstaaten errichten?
Karima El Ouazghari betrachtet exemplarisch die drei größten islamistischen Oppositionsbewegungen in Jordanien, Ägypten und Tunesien und trifft auf Meinungspluralismus, zum Teil erstaunlich offen ausgetragene Diskussionen über Grundsatzfragen und klare Bekenntnisse zu pluralistischen und demokratischen Werten. Also, viel Lärm um nichts?
Nicht ganz, steht doch der „Praxistest“ noch aus, die Ablehnung Israels ist beunruhigend und religiöse Hardliner, für die eine Theokratie die einzig richtige Staatsform ist, werden vielleicht doch versuchen, die Gunst der Stunde zu nutzen. Aber der Funken Freiheit hat gezündet, der politische Wettbewerb ist in Gang gekommen. Es ist nicht zu erwarten, dass die Menschen in den arabischen Ländern einfach zusehen werden, wie eine Autokratie durch die nächste abgelöst wird.
Den Westen wird es allerdings vor einige Herausforderungen stellen, wenn die Despoten als Garanten für Frieden und Stabilität wegfallen.
Verpasste Chance zum Frieden
| 2011
Rauscher, Janneke (2011): Verpasste Chance zum Frieden. Verhindert die Konsensorientierung der Hamas ihren Gewaltverzicht?, HSFK-Standpunkt.
Die Umbrüche in der arabischen Welt sind beim Kernkonflikt der Region angekommen: Anfang Mai unterzeichneten die radikal-islamische Hamas und die säkulare Fatah zusammen mit anderen Palästinensergruppen ein Versöhnungsabkommen und vieles deutet darauf hin, dass die Protestwelle in den arabischen Ländern einiges dazu beitrug. So hat die Fatah mit Mubarak einen wichtigen Verbündeten verloren und die Hamas blickt besorgt nach Syrien, wo Assad versucht, den Aufstand im eigenen Land mit Panzern zu beenden.
Bundeskanzlerin Merkel reagierte zurückhaltend auf den Coup. Die EU, USA und Israel stufen die Hamas als Terrororganisation ein. Die Hamas war bislang diplomatisch völlig isoliert, da sie sich weigerte, auf Gewalt zu verzichten und das Existenzrecht Israels anzuerkennen. Ist es grundsätzlich möglich, die radikale Hamas in politische Prozesse einzubinden? Und, gibt es eine Chance auf Gewaltverzicht bei der Hamas?
Janneke Rauscher vergleicht die Machtstrukturen und die Prozesse der Entscheidungsfindung und Willensbildung von Fatah und Hamas und versucht der Frage auf den Grund zu kommen, warum beide Organisationen trotz ähnlicher Entwicklungen im Punkt des Gewaltverzichts so große Unterschiede aufweisen.
Ob die Einigung der beiden Palästinenserorganisationen Bestand hat und sie sich positiv oder negativ auf den Friedensprozess im Nahen Osten auswirken wird, bleibt die bange Frage, deren Antwort der Westen gespannt erwarten wird, aber sicher noch weniger als bisher beeinflussen kann.
Fragiler Frieden
| 2011
Herr, Stefanie (2011): Fragiler Frieden. Warum eine Ausweitung des internationalen Engagements im Südsudan notwendig ist, HSFK-Standpunkt.
Und wieder sind die Menschen in der Grenzregion Abyei auf der Flucht: Ende Mai 2011, noch vor dem Tag der offiziellen Unabhängigkeit des Südsudans am 9. Juli, rollen Panzer aus dem Nordsudan durch Abyei. Der Ausbruch neuer Spannungen kommt nicht unerwartet, seit im Januar 99% der Südsudanesen für eine unabhängige Republik Südsudan gestimmt haben. Der Frieden steht auf wackligen Beinen im Sudan, viele Krisenherde und strukturelle Probleme setzen ihm zu.
Alle Nöte und Gräueltaten, die mit dem Darfur-Konflikt verbunden werden – Hunger, endlose Flüchtlingsströme, Brandschatzung, Terror und Versklavung – haben die Südsudanesen in 20 Jahren Bürgerkrieg noch länger und zum Teil noch heftiger erlitten. Kein Wunder, dass der Tag der Unabhängigkeit von vielen wie eine Erlösung herbeigesehnt wird.
Stefanie Herr konnte sich im Rahmen eines Feldforschungsaufenthalts im März 2011 in Khartoum und Juba selbst ein Bild von der Lage machen. Sie traf auf frohe Erwartung und Kriegsmüdigkeit – und auf eine lange Liste schwelender Konflikte und Probleme: ethnische und religiöse Spannungen, ein unklarer Grenzverlauf, der Kampf um die Ölvorkommen, fehlende Infrastruktur und Rechtsstaatlichkeit, ein rudimentäres Bildungssystem... Für sie gibt es keinen Zweifel: Ohne die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft wird ein nachhaltiger Frieden kaum zu erreichen sein. Das Engagement jetzt verringern, hieße tausende von Menschen zu Hoffnungslosigkeit und einem Leben auf der Flucht zu verdammen.
Frieden für Israel und Palästina.
| 2011
Krell, Gert (2011): Frieden für Israel und Palästina.. Deutsche Nahost-Politik im Schatten der "Vergangenheit", HSFK-Standpunkt.
Auch fast 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs scheint der Holocaust noch Einfluss auf den Nahost-Konflikt zu nehmen. Als historischesTrauma wirkt der NS-Völkermord an den Juden in unterschiedlichen Deutungen im kollektiven Geschichtsverständnis der beiden Konflikt-Parteien nach.
Gert Krell geht in HSFK-Standpunkt 6/2011 Frieden für Israel und Palästina. Deutsche Nahost-Politik im Schatten der "Vergangenheit" der Frage nach, ob und inwieweit der Holocaust eine oder sogar die Ursache für den Nahost-Konflikt ist und was das für die deutsche Nahost-Politik bedeutet. Ist es die moralische Pflicht Deutschlands, immer an der Seite Israels zu stehen?
Der Autor zeichnet die Geschichte des Nahost-Konflikts nach, beleuchtet neben dem Einfluss Deutschlands auch den Einfluss der Vereinten Nationen, Großbritanniens, der USA und der Sowjetunion auf den Nahost-Konflikt. Schließlich gibt Krell Empfehlungen, wie eine verantwortungsbewusste deutsche Israelpolitik aussehen sollte, die mithilft, den Weg freizumachen für Frieden in Israel und Palästina.
Ein hausgemachtes Dilemma
| 2011
Fehl, Caroline (2011): Ein hausgemachtes Dilemma. Der Bürgerkrieg in Libyen erteilt Europa einige unangenehme Lehren, HSFK-Standpunkt, 7, Frankfurt/M.
In Libyen führt ein durch europäische Waffenlieferungen hochgerüsteter Diktator Krieg sowohl gegen eine militärisch unterlegene Aufstandsbewegung als auch gegen die eigene Zivilbevölkerung. Inzwischen wurde mit der VN-Sicherheitsresolution 1970 ein Waffenembargo gegen Libyen verhängt. Sollte der Westen sich an dieses Embargo halten oder ist eine Interpretation der Resolution denkbar, die Waffenhilfe für die Rebellen nicht ausschließt?
In HSFK-Standpunkt Nr. 7/2011 Ein hausgemachtes Dilemma. Der Bürgerkrieg in Libyen erteilt Europa einige unangenehme Lehren erläutert Caroline Fehl die Argumente beider Seiten. Sie kommt zu dem Schluss, dass beide Optionen erhebliche Risiken bergen und der Westen in Libyen vor einem erheblichen Dilemma ohne einfachen Ausweg steht. Die Autorin zeigt Lehren auf, die der Westen aus der aktuellen Krise ziehen sollte.
Dr. Caroline Fehl ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Goethe-Universität in Frankfurt und im Exzellenscluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen". Ihre Forschungsschwerpunkte sind internationale Organisationen und Sicherheitspolitik, Rüstungskontrolle und EU-Außenpolitik.
Made in China
| 2011
Burmann, Isabella; Glasmeier, Nora; Spanger, Hans-Joachim (2011): Made in China. Das chinesische Entwicklungsmodell – noch kein Exportschlager, HSFK-Standpunkt, 8, Frankfurt/M.
Mit beeindruckenden Wachstumsraten hat sich China in den letzten Jahren als verlässlicher Motor der Weltwirtschaft profiliert. Die Mischung aus wirtschaftlichem Liberalismus und politischem Autoritarismus sorgt jedoch vor allem im Westen für Unbehagen. Für viele Schwellen- und Entwicklungsländer hingegen stellt sich das chinesische Wachstum als attraktives Entwicklungsmodell mit Vorbildcharakter dar. Damit drängt sich die Frage auf, ob die zweitgrößte Wirtschaftsmacht auch politisch eine globale Führungsrolle beanspruchen wird, und welchen Platz Demokratie, Ökologie und Menschenrechte in ihr finden könnten. Wird das chinesische Modell das westliche Verdrängen?
In HSFK-Standpunkt Nr. 8/2011 "Made in China. Das chinesische Entwicklungsmodell - noch kein Exportschlager" präsentiert Hans-Joachim Spanger gemeinsam mit Isabella Burmann und Nora Glasmeier ein eher sanftes Bild chinesischer Zurückhaltung, das sich wohltuend von der neoliberalen Großspurigkeit und dem Alarmismus westlicher Experten abhebt. Einen missionarischen Anspruch erhebt China in den umfangreichen Analysen der Autoren nicht - und ein alternatives Konsum- und Gesellschaftsmodell zum westlichen Lebensstil lässt sich daraus (vorerst) nicht ableiten.
Nach den Wahlen, vor dem Krieg?
| 2011
Krempel, Jörg (2011): Nach den Wahlen, vor dem Krieg?. Burundi ein Jahr nach den Wahlen 2010, HSFK-Standpunkt, Nr. 9.
Der Wahlmarathon in Burundi vor einem Jahr hat nicht zur erhofften Entspannung und Stabilität der politischen Lage im Land geführt. Im Gegenteil: Nach der Kommunalwahl wurden Vorwürfe der Wahlfälschung laut. Die wichtigsten Oppositionsparteien weigerten sich, den Wahlsieg der Regierungspartei anzuerkennen und traten zu den folgenden drei Wahlen gar nicht erst an.
Die Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition werden seitdem blutig geführt. Dabei sollten erfolgreiche Wahlen den Grundstein für einen Rückzug der internationalen Gemeinschaft aus dem Land legen. Stattdessen steht Burundi vor einem neuen Bürgerkrieg.
In HSFK- Standpunkt 9/2011 "Nach den Wahlen, vor dem Krieg? Die Situation in Burundi ein Jahr nach den Wahlen 2010" untersucht Jörg Krempel Ursachen und Folgen der aktuellen politischen Situation in Burundi. Er erläutert, inwiefern die Auseinandersetzungen zwischen den Parteien in einem neuen Bürgerkrieg eskalieren könnten und zeigt Wege auf, um sie zu beschwichtigen.
Recht und Justiz am Hindukusch
| 2010
Krempel, Jörg (2010): Recht und Justiz am Hindukusch. Plädoyer für einen pragmatischen Umgang mit traditionellen Rechtsstrukturen, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Ein funktionierendes Rechtssystem ist eine der grundlegenden Bedingungen für die Stabilisierung Afghanistans. Bisherige Versuche, den Justizsektor zu reformieren, sind gescheitert und Talibanrichter erhalten vor allem wegen ihrer kurzen Verhandlungen und schnellen Urteilsvollstreckungen nach wie vor Zuspruch durch die Bevölkerung.
Das schwächt das staatliche Rechtssystem nachhaltig. Hinzu kommt, dass im Rechtsstaatsvakuum Gewohnheitsrecht, islamisches Recht und staatlich-säkuläres Recht miteinander konkurrieren und eindeutige Regeln, die die Anwendung der drei verschiedenen Rechtssysteme bestimmen, fehlen. Im HSFK-Standpunkt Nr. 1/2010 "Recht und Justiz am Hindukusch" erläutert Jörg Krempel die Versäumnisse der internationalen Gemeinschaft bei der Stärkung des Justiz- und Rechtssektors in Afghanistan und begründet, warum nur die Einbeziehung aller drei Rechtstraditionen Afghanistans zu einer dauerhaften Stabilität im Land führen kann.
Krieg in Sicht?
| 2010
Müller, Harald (2010): Krieg in Sicht?. Das iranische Nuklearprogramm und das Sicherheitsdilemma Israels, HSFK-Standpunkt, 2, Frankfurt/M.
Nicht mal 20 km misst Israel an seiner schmalsten Stelle und ist damit nicht nur auf einer Weltkarte verschwindend klein im Vergleich zu seinen arabischen Nachbarn. Schon die Zerstörung eines seiner Ballungszentren könnte das Ende für Israel bedeuten.
Wen wundert es, dass Israel den Iran sehr genau im Auge behält? Denn er, insbesondere der iranische Präsident Ahmadinejad, liefert Israel seit Jahren viele Gründe, sich bedroht zu fühlen. Hetztiraden, die alle zionistischen Klischees bedienen, verbunden mit unverblümten Drohungen gegen die Existenzberechtigung Israels und das kaum verhüllte Streben nach Atomwaffen, schaffen eine Atmosphäre permanenter Anspannung. Die verbalen Attacken als reine Rhetorik abzutun, mutet schon fast fahrlässig an.
Der Westen allerdings, allen voran die Obama-Regierung, reagiert merkwürdig verhalten auf diese Drohkulisse und signalisiert Kooperationsbereitschaft. Das ist fatal, bestätigt er doch damit ungewollt Ahmadinejads harten Kurs. Was die Bush-Regierung dem gemäßigten Vorgänger Ahmadinejads Khatami vorenthalten hat, wird dem fanatischen Nachfolger hoffnungsfroh angeboten.
Harald Müller stellt im vorliegenden Standpunkt das iranische Atomprogramm vor, beleuchtet die Ideologie Ahmadinejads, lotet seine Machtposition innerhalb des Iran aus und bewertet die Chancen, die Politik des Iran zu beeinflussen. Nach gründlichen Überlegungen warnt er vor der eingeschlagenen Appeasement-Politik, die für Israel und den Weltfrieden fatale Folgen haben könnte.
Piraterie und Geldwäsche
| 2010
Jakobi, Anja P. (2010): Piraterie und Geldwäsche. Geldwäschebekämpfung als möglicher Ansatz zur Bekämpfung von Piraterie in Somalia, HSFK-Standpunkt, 3.
Die internationale Gemeinschaft sucht nach Wegen die zunehmende Piraterie vor Somalia wirksam und dauerhaft zu bekämpfen. Dabei wird die strikte Ablehnung von Lösegeldzahlungen diskutiert, um den Anreiz für die bewaffneten Überfälle, die häufig mit Geiselnahmen enden, zu mindern. Dies bedeutet jedoch kurzfristig eine erhöhte Gefährdung entführter Besatzungsmitglieder oder Reisender und nicht zuletzt den möglichen Verlust von Schiffen und Fracht der betroffenen Reedereien.
Langfristig werden nur die Etablierung eines Rechtsstaats Somalia und die Entwicklung einer Zivilgesellschaft der Piraterie Einhalt gebieten. Um auch kurz- und mittelfristige Erfolge in der Pirateriebekämpfung erzielen zu können, bietet ein dritter Ansatz vielversprechende Möglichkeiten: Geldwäschebekämpfung. In ihrem neuesten Aufsatz aus der Reihe HSFK-Standpunkte "Piraterie und Geldwäsche - Geldwäschebekämpfung als möglicher Ansatz gegen Piraterie in Somalia" stellt Anja P. Jakobi den aktuellen Stand internationaler Anstrengungen gegen Geldwäsche im Rahmen transnational organisierter Kriminalität vor und diskutiert, ob und wie dieses Instrument effizient für die Pirateriebekämpfung eingesetzt werden kann.
Frauen, Frieden, Sicherheit?
| 2010
Wisotzki, Simone (2010): Frauen, Frieden, Sicherheit?. Die VN-Sicherheitsratsresolution 1325 wird zehn Jahre alt – eine Bilanz, HSFK-Standpunkt, 4, Frankfurt/M.
Die prekäre Situation von Frauen in gewaltsam ausgetragenen Konflikten sowie ihr fortdauernder Ausschluss von Friedens- und Wiederaufbauprozessen führte zu vielen Debatten innerhalb der Vereinten Nationen, zumeist ergebnislos.
Mit dem Fokus auf Prävention, Partizipation und Protektion war VN-Resolution 1325 die erste Resolution, die die Situation von Frauen in Konfliktsituationen behandelte und zentrale Forderungen der Geschlechtergerechtigkeit rechtlich verbindlich verankerte - zweifellos ein Meilenstein auf dem Weg zu Gleichberechtigung und Geschlechtersensibilität. Nach zehn Jahren ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Hat sich die Situation von Frauen in Kriegen und Nachkriegssituationen gebessert? Wie weit ist die politische Umsetzung der Resolution geglückt?
In HSFK-Standpunkt Nr. 4/2010 "Frauen, Frieden, Sicherheit? Die VN-Sicherheitsratsresolution 1325 wird zehn Jahre alt – eine Bilanz" zeigt Simone Wisotzki internationale Erfolge, Konflikte und Rückschläge bei der Implementierung der Resolution und zeigt anhand der Beispiele Liberia und Afghanistan, wie eine positive Entwicklung Vorbildcharakter erreicht hat und wie die katastrophalen Konsequenzen eines Scheiterns aussehen können.
Die Automatisierung des Krieges
| 2010
Schörnig, Niklas (2010): Die Automatisierung des Krieges. Der Vormarsch der Robotkrieger ist nicht mehr aufzuhalten und wirft einige Probleme auf, HSFK-Standpunkt, 5, Frankfurt/M.
Der Traum ist nicht neu. Schon Leonardo da Vinci konstruierte vor über 500 Jahren einen mechanischen Menschen, der Arme, Beine und Kopf bewegen konnte und einen Wagen, der fahren konnte - wie durch Geisterhand gesteuert.Heute steigert die rasante Entwicklung der Mikroelektronik die Rechenleistungen stetig und scheinbar grenzenlos. Roboter tragen mittlerweile Fußballweltmeisterschaften aus, helfen Schwerbehinderten oder reparieren Ölleitungen am Meeresboden.
Wen wundert es, dass auch das Militär das Potenzial für sich entdeckt hat und mit Aufklärungsdrohnen, Minenräumgeräten oder Robotern auf Patrouille in instabilen Regionen das Leben der eigenen Soldaten schützt und sich strategische Vorteile verschafft. Die Euphorie über solcherlei Fortschritte kann man teilen oder zumindest nachvollziehen. Aber was passiert, wenn unbemannte Systeme Waffen tragen, um gezielt Menschen zu töten? Wer trägt die Verantwortung, wenn diese immer selbstständiger agierenden Systeme Freund und Feind verwechseln oder bei einem technischen Defekt ein Massaker anrichten? Und was für Vergeltungsaktionen muss eine Armee provozieren, die ihre Kampfeinsätze vom Bürostuhl aus führt?
Niklas Schörnig zeigt in seinem Standpunkt die Leistungsfähigkeit der „Robotkrieger“, benennt ihre Einsatzgebiete und weist auf die anfallenden ethischen und völkerrechtlichen Probleme hin. Er stellt überzeugend dar, dass es höchste Zeit ist für eine normative Diskussion und universelle Gesetze, um mit dem technischen Fortschritt mitzuhalten.
Auf der Suche nach Orientierung
| 2010
Dembinski, Matthias (2010): Auf der Suche nach Orientierung. Die neue Strategie der NATO zwischen fragwürdigen Konzepten und neuen (alten) Visionen, HSFK-Standpunkt, 6, Frankfurt/M.
Ist die Zeit der NATO vorbei? Auch der Geburtstagsgipfel im letzten Jahr konnte keine zukunftsträchtigen Impulse liefern. Weltpolizei oder Verteidigungsbündnis? Demokratie-Geburtshelferin oder Anti-Terror-Organisation? Bisher war der NATO mit ihren Einsätzen nach dem Verlust ihres Hauptfeinds aus den Zeiten des Kalten Krieges wenig Erfolg beschieden.
Im November steht in Lissabon ein neuer Gipfel bevor. Eine Expertengruppe unter Führung von Madeleine Albright entwickelte im Vorfeld Leitlinien für ein neues Strategisches Konzept: Ein eigener Raketenabwehrschirm, Ausweitung der Einsätze, Atomwaffen zur Abschreckung und eine stärkere Zusammenarbeit mit Russland – das sind im Wesentlichen die Punkte, mit denen das Abgleiten der NATO in die Bedeutungslosigkeit aufgehalten werden soll. Visionär ist das nicht und in mancher Hinsicht eher beunruhigend aus friedenswissenschaftlicher Perspektive, meint Matthias Dembinski.
Er würdigt in seinem Standpunkt die friedenspolitischen Funktionen der NATO, analysiert die Gründe, warum es ihr nach 1989 nicht gelang, zu einer neuen europäischen Friedensordnung beizutragen und sie sich stattdessen den VN entfremdete. Er fordert eine ehrliche Auseinandersetzung mit den Fehlern aus der Vergangenheit, um den Weg zu einem konstruktiven Dialog zu ebnen und setzt den Dauerkrisen und der Konzeptionslosigkeit zwei zukunftsfähige Strategien entgegen: Die klare Unterordnung unter die VN und eine enge Verbindung mit Russland, die – und das wäre dann wirklich eine Vision – langfristig zu einem Beitritt Russlands in die NATO führen könnte.
Ich nenn' euch die Zahl, die Namen, die Qual...
| 2010
Mannitz, Sabine (2010): Ich nenn' euch die Zahl, die Namen, die Qual.... Friedenspädagogische Chancen des öffentlichen Kriegstotengedenkens, HSFK-Standpunkt, 8, Frankfurt/M.
In absehbarer Zeit wird es keine Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs mehr geben. Das hat für die deutsche Erinnerungskultur zwangsläufig Folgen. Denn während in der offiziellen Erinnerung, spätestens nach den Auschwitzprozessen, das Eingeständnis der Schuld am systematischen Massenmord an den Juden und am Ausbruch des Krieges fest verankert wurde, überwiegen im privaten Bereich andere Erinnerungsmuster. Familiäre Erfahrungen von Flucht, Hunger, Bombardierungen und den Gräueln des Krieges schaffen den emotionalen Kontext für eine eigene Bewertung der Geschichte. Die Schuld Deutschlands wird oftmals zum Kapitel im Geschichtsbuch, überlagert von der persönlichen Not der Kriegs- und Nachkriegsjahre.
Was aber wird aus den so unterschiedlichen Toten des Zweiten Weltkriegs, wenn die letzten Zeitzeugen gestorben sind und die familiären Erzählungen langsam an Kraft verlieren? Sollen und können sie Teil einer öffentlichen Erinnerungskultur werden, die Mitläufer und Täter, Leugner und Gegner eines totalitären Regimes?
Sabine Mannitz stellt die Frage nach einem angemessenen öffentlichen Erinnern an die Kriegstoten. Sie zeigt, wie Kriegsgräberstätten, eingebettet in das Gedenken an die unterschiedlichen Opfer von Krieg und Verfolgung, auch in Zukunft friedenspädagogisch wichtige Aufgaben erfüllen können: Sie können der Demokratie- und Menschenrechtserziehung dienen und als europäische Gedächtnisorte dazu beitragen, dass die Bedingungen und Folgen von Unmenschlichkeit und Massengewalt nicht in Vergessenheit geraten.
Die Illusion des humanen Krieges
| 2010
Rosert, Elvira (2010): Die Illusion des humanen Krieges. Verdienste und Kehrseiten des Humanitären Völkerrechts, HSFK-Standpunkt, Nr. 7.
Das Verbot von Landminen ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass Fotos von verstümmelten Menschen (meist Kindern) die Öffentlichkeit mobilisierten. Es ist, ebenso wie die Ächtung einzelner anderer Waffen, einer der Bestandteile des Humanitären Völkerrechts. Dieses versucht, dem Grauen des Krieges durch Regeln Einhalt zu gebieten, die der Humanität verpflichtet sind.
Alle diese Regelungen sind natürlich zu begrüßen. Man könnte sogar sagen, jedes Gesetz, das nur ein Quentchen Leid im Kriegsgeschehen verringert, ist über jede Kritik erhaben.
Allerdings mag sich mancher unbehaglich fragen: Gibt es überhaupt gute Waffen? Ist es ein Trost von einer nicht geächteten Waffe verstümmelt zu werden? Wären Bilder davon nicht genauso schrecklich?
Ein weiterer Strang des Humanitären Völkerrechts ist der Schutz von Zivilisten. Aber nicht erst die Kundus-Affäre zeigte, dass militärische Notwendigkeit und Humanität selten vereinbar und schwer gegeneinander abzuwägen sind. Und damit verbundene Überlegungen, werden schnell bizarr. Was ist eigentlich wichtiger: das Leben der eigenen Soldaten oder das der „feindlichen“ Zivilisten? Es gibt auch eine Kehrseite des Humanitären Völkerrechts, meint Elvira Rosert in ihrem Standpunkt. Denn es verhilft Kriegen zu einer verregelten Normalität, die die Illusion eines „sauberen“ Krieges schafft - und dient damit den zivilisierten Ländern der Gewissensberuhigung. Sie lotet in ihrem Standpunkt die Dilemmata des Humanitären Völkerrechts aus, ohne seine Verdienste herabzusetzen und fördert ein paar unbequeme Wahrheiten zutage.
Eine einzigartige Geste der Versöhnung
| 2010
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2010): Eine einzigartige Geste der Versöhnung . Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2010 an Ismail Khatib, HSFK-Standpunkt, Nr. 9.
Selten standen in den Gesichtern des Publikums so große Anteilnahme und Aufmerksamkeit während einer Preisverleihung. Denn dieses Jahr ging der Preis nicht an eine bekannte Persönlichkeit aus Politik, Wissenschaft oder Kultur, sondern an einen Palästinenser, dessen Namen vor ein paar Jahren noch keiner kannte und der vermutlich auch in Zukunft im Weltgeschehen keine große Rolle spielen wird.
Ismail Khatibs elfjähriger Sohn wurde von israelischen Soldaten irrtümlich beim Spielen erschossen, und er und seine Frau spendeten die Organe ihres toten Sohnes ausdrücklich auch israelischen Kindern. Fünf Kindern konnte so das Leben gerettet werden. Mit diesem heroischen Akt der Selbstüberwindung entschied er sich für Versöhnung und gegen Hass und Rache. In der explosiven, konfliktgeladenen Atmosphäre der autonomen Gebiete bewies er menschliche Größe trotz des Unverständnisses der eigenen Familie, der Glaubensgenossen, Nachbarn und Freunde. Heute leitet er ein Jugendzentrum in Jenin, um Kindern mit kulturellen Aktivitäten friedlichere Welten zu erschließen.
Für seine Verdienste um den Frieden in Nahost wurde Ismail Khatib mit dem Hessischen Friedenspreis 2010 der Albert-Osswald-Stiftung ausgezeichnet.Wir dokumentieren den Festakt am 22. September 2010 im Musiksaal des Hessischen Landtags mit der Laudatio von Avi Primor, ehemaliger israelischer Botschafter in Deutschland, den Grußworten des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier und des Landtagspräsidenten Norbert Kartmann sowie der Dankesrede des Geehrten.
Gerechtigkeit und Frieden
| 2010
Brock, Lothar (2010): Gerechtigkeit und Frieden. Die Tücken einer tugendhaften Verbindung, HSFK-Standpunkt.
In unseren Vorstellungen von einer guten Ordnung gehören Frieden und Gerechtigkeit zusammen. In der realen Politik fallen sie häufig auseinander. Soll man der Gerechtigkeit den Vorrang geben, wenn sie mit dem Frieden kollidiert oder umgekehrt dem Frieden, wenn ihm Gerechtigkeitsforderungen entgegenstehen? Nicht erst in Zeiten asymmetrischer Kriege und humanitärer Interventionen bereitet die voreilige Zustimmung zu diesen Fragen Unbehagen.
Dass es gerecht sein kann, Gewalt anzuwenden, behauptet die Lehre vom gerechten Krieg. Dass Kriege niemals gerecht sein können, legt die Denkfigur des gerechten Friedens nahe. Lothar Brock stellt im Rahmen des neuen Forschungsprogramms der HSFK die Selbstwidersprüchlichkeit jeder Rechtsdoktrin dar, die Gewalt begrenzen will, indem sie die Bedingungen ihrer Zulässigkeit definiert. Denn jede Gewalt zieht Gegengewalt nach sich und jede Durchsetzung von Gerechtigkeitsansprüchen wird von anderen als ungerecht empfunden.
Der gerechte Friede kann zur Leitlinie im Umgang mit diesem Dilemma werden, wenn er als soziale Praxis verstanden wird, die über den Einzelfall hinaus stets die Folgen einer Entscheidung für die normative Ordnung insgesamt berücksichtigt. Dabei muss der gerechte Frieden von vornherein als faktisch unerreichbar akzeptiert werden. Umso wichtiger ist er als Kompass für eine Politik, die sich mit ihren eigenen Zielkonflikten immer wieder neu auseinandersetzt und nicht einfach darauf vertraut, dass Frieden und Gerechtigkeit selbstverständlich miteinander einhergehen.
Côte d'Ivoire in der Sackgasse
| 2010
Krempel, Jörg (2010): Côte d'Ivoire in der Sackgasse. Oder: Wie man einen abgewählten Präsidenten zum Machtverzicht bewegen kann, HSFK-Standpunkt.
Dank der Kakao- und Erdölexporte konnte die Côte d’Ivoire in den letzten Jahren einen gewissen wirtschaftlichen Wohlstand erreichen: Mit rund 40 % der weltweiten Produktion ist sie der größte Kakaoproduzent der Welt. Im Jahr 2010 hatte die Côte d’Ivoire rund 21 Mio. Einwohner und ein Bruttosozialprodukt von 37,8 Mio. US Dollar, also etwa 1 800 US Dollar pro Einwohner. Damit steht die Côte d‘Ivoire im Entwicklungsindex der UN auf Platz 149 von 182. Doch dieser bescheidene Wohlstand steht jetzt auf dem Spiel.
Die ersten Wahlen Ende des Jahres 2010 sollten nach zehn schwierigen Jahren mit einem Bürgerkrieg und der Teilung des Landes einen Neuanfang markieren. Doch stattdessen manövrierten die Wahlen das Land in eine Sackgasse. Der amtierende Präsident unterlag einem Bündnis zweier Oppositionsparteien und weigert sich abzutreten. Nun steuert das Land auf einen neuen Bürgerkrieg zu, Konflikte zwischen den ethnischen Gruppen drohen sich zu verschärfen. Die Gewalt eskaliert, über 70 000 Menschen sind seit den Wahlen nach Liberia geflohen und ca. 350 000 interne Flüchtlinge haben aufgrund der andauernden Gewalt ihre Wohnorte verlassen.
Jörg Krempel entwirft mögliche Auswege aus der aktuellen Krise und diskutiert die Mittel, die eine Lösung herbeiführen könnten. In einem Jahr, in dem viele Wahlen in afrikanischen Staaten anstehen, wird viel davon abhängen, ob der rechtmäßig gewählte Präsident der Côte d’Ivoire sein Amt antreten kann und ein Machtwechsel mit friedlichen Mitteln möglich ist.
Abbau statt Baustopp
| 2010
Baumgart-Ochse, Claudia (2010): Abbau statt Baustopp. Vom Umgang mit den jüdischen Siedlungen im Nahost-Friedensprozess, HSFK-Standpunkt, 12, Frankfurt/M.
Der euphorische Plan der Obama-Regierung 2009, dem Friedensprozess im Nahen Osten neues Leben einzuhauchen, ist im Sande verlaufen. Das ausgehandelte Ausbau-Moratorium für die israelischen Siedlungen, das den Boden für eine Zwei-Staaten-Lösung bereiten sollte, endete nach 10 Monaten sang- und klanglos. Netanjahu ließ sich durch keine Angebote der amerikanischen Seite locken, es zu verlängern.
Dabei hatte es nicht einmal alle Siedlungen umfasst: Es galt nur für neue Wohnungsbauprojekte im Westjordanland, bereits genehmigte Bauvorhaben wurden nicht tangiert, und die Bautätigkeit in Ost-Jerusalem konnte gänzlich ungestört weitergehen.
Doch ist unbestritten, dass der Siedlungsbau der gordische Knoten ist, der zu lösen ist, wenn man eine dauerhafte Lösung für den Nahen Osten anstrebt. Mag sich Israel in den letzten Jahren relativ sicher gefühlt haben mit dem Status quo, so zeigen die jüngsten revolutionären Proteste in den arabischen Ländern des Nahen Ostens, dass die ungeklärten Territoriums- und Statusfragen nur eine oberflächliche Sicherheit zulassen. Die Region ordnet sich neu, und wie sich die neuen Machthaber gegenüber Israel positionieren werden, ist nicht abzusehen.
Claudia Baumgart-Ochse zeigt, dass die Räumung der Siedlungen die unverzichtbare Grundlage für ein Abkommen über eine Zwei-Staaten-Lösung ist, natürlich nicht ohne den Siedlern alle Arten von Hilfe für einen Neuanfang zu gewähren und ihnen freien Zugang zu den heiligen Stätten der Juden zuzusichern.
Die Bürokratisierung der EU-Außenpolitik
| 2009
Dembinski, Matthias (2009): Die Bürokratisierung der EU-Außenpolitik. Der Lissabon-Vertrag setzt auf Verlässlichkeit und Regelorientierung, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Seit ihren Anfängen bemüht sich die EU um das Wohlwollen ihrer 500 Millionen Bürger – mit abnehmendem Erfolg. Die Gesamtwahlbeteiligung an Europawahlen ist seit 1979 kontinuierlich gesunken. Unbeweglich, ineffektiv, undurchsichtig, zerrieben im eifersüchtigen Gerangel um Kompetenzen und Einfluss – so würden die Europäer die EU-Politik vermutlich beschreiben. Wahre Liebe ist das nicht.
Dabei ist die EU besser als ihr Ruf und bemüht sich seit Jahren, ihren Defiziten Abhilfe zu verschaffen. So geschehen nun mit dem Vertrag von Lissabon. Allerdings: An der Substanz der Entscheidungsverfahren ändert er wenig, stattdessen ist, zumindest in der Außen- und Sicherheitspolitik, ein klarer Trend zur Bürokratisierung erkennbar. Und noch während er sich mühsam durch die Ratifizierungen der EU-Mitgliedstaaten kämpft, sieht er sich Vorwürfen wegen seines vermeintlichen Demokratiedefizits und der Tendenz zur Militarisierung ausgesetzt.
Matthias Dembinski setzt sich mit den Kritikpunkten auseinander, sucht in der Forschung nach Pro und Contra von Bürokratisierungen. Er benennt die positiven Aspekte dieser Entwicklung. Denn Bürokratisierung kann auch ein Schritt hin zu Verlässlichkeit, Kontinuität und Regelorientierung sein.
Friedensmacht Europa, gefeit vor außenpolitischen Abenteuern, stabilitätsfördernde Größe in der zukünftigen Weltpolitik – das wäre doch keine schlechte Rolle. Und könnte vielleicht so mancher Bürgerin und so manchem Bürger der Gemeinschaft einige Achtung abringen. Das wäre dann immer noch keine Liebe, aber schon fast eine Beziehung.
In der Opferfalle
| 2009
Schörnig, Niklas (2009): In der Opferfalle. Die Bundesregierung und die zunehmenden Gefallenen der Bundewehr in Afghanistan, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Es war höchste Zeit für die Regierung, offiziell in die Debatte über den deutschen Einsatz in Afghanistan einzusteigen. Die negativen Folgen sind in den Medien und der Öffentlichkeit längst angekommen. Der traumatisierte Afghanistan-Heimkehrer ist zum Topos geworden, der einen ganzen Spielfilm füllt oder als Randfigur zur besten Sendezeit Krimis bereichert. Printmedien berichten je nach Güteklasse mehr oder weniger sensibel über gefallene Soldaten, trauernde Angehörige kommen zu Wort. Aus Zahlen werden Schicksale, aus Namen Hintergründe.
Steigende Opferzahlen, eine unübersichtliche und immer gefährlichere Lage – die Frage nach dem Wozu stellt sich mit Vehemenz. Doch die Regierungsverantwortlichen verloren sich lange Zeit in spitzfindigen Wortklaubereien, ob das nun ein Krieg sei oder nicht und überließen die Antworten auf die immer quälenderen Fragen den Medien und der Opposition. Das ist schlecht, vertreten diese doch im Zweifelsfall eigene Interessen.
Friedensmission Afghanistan – ein gescheitertes Projekt? Ist es Zeit, Afghanistan sich selbst zu überlassen? Der neue Verteidigungsminister zu Guttenberg scheint eine Rückzugsoption in Erwägung zu ziehen. Das mag richtig sein oder nicht, eine ergebnisoffene Debatte ist jedenfalls längst überfällig. Höchste Zeit, das Missionsziel zu thematisieren und über Sinn und Zweck, Aussichten und Gefahren neu nachzudenken und zu informieren. Das ist die Regierung der Öffentlichkeit, der Bundeswehr und den trauernden Angehörigen der Opfer schuldig. Steht sie doch sonst lediglich als Büttel alliierter Bündnispolitik hilflos da.
Von der Krise in den Krieg?
| 2009
Gromes, Thorsten (2009): Von der Krise in den Krieg?. Vierzehn Jahre nach dem Krieg wächst in Bosnien und Herzegowina die Gewaltbereitschaft, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Von 1996 bis 2007 sind rund 14 Milliarden Dollar an internationaler Hilfe nach Bosnien und Herzegowina geflossen: Friedenstruppen, Verwaltungs- und Aufbauhilfen, dazu ein ständig anwesender Hoher Repräsentant mit weitreichenden Befugnissen verschlangen Unsummen - und tun es noch heute.
Eine Zeitlang sah es auch so aus, als ob der neue Staat mit seinen zwei Teilrepubliken durchaus zur Einheit werden könnte. Die Parlamentarische Versammlung nahm ihre Arbeit auf, Gesetze wurden verabschiedet, das Tagesgeschäft schien zur Normalität überzugehen.
Doch seit 2006 hat sich die Lage spürbar verschlechtert. Der Staat wird wieder einmal in Frage gestellt, Politiker profilieren sich durch Provokationen, Medien polarisieren und auch die Kirchen versäumen es nicht, alles Trennende zwischen den Ethnien deutlich hervorzuheben. Ist der junge Staat zum Scheitern verurteilt?
Thorsten Gromes begleitet die Nachkriegsgesellschaft in Bosnien und Herzegowina seit Jahren. Nach vielen Forschungsaufenthalten, Gesprächen mit Politikern und der Zivilbevölkerung ist er sehr vertraut mit Land und Leuten. Doch mittlerweile blickt er zunehmend frustriert auf den jungen Staat. Für einen Außenstehenden ist es schwer zu verstehen, wie demokratische Fortschritte leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Einen neuen Krieg hält er zwar für unrealistisch, aber Zustände wie in den 70er Jahren in Nordirland sind durchaus denkbar. Ein erschreckendes Szenario, das um jeden Preis verhindert werden sollte.
Gefährliche Gemengelage
| 2009
Friesendorf, Cornelius (2009): Gefährliche Gemengelage. Polizei, Militär und Probleme der Sicherheitssektorreform in Afghanistan, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Die Menschen in Afghanistan sind kriegsmüde. Seit 30 Jahren leiden sie unter den Folgen kriegerischer Auseinandersetzungen. Invasion, Bürgerkrieg und die Herrschaft der Taliban blockierten die Weiterentwicklung des Landes und brachten oft genug mühsam erworbenen Besitz wieder in Gefahr. Und auch nach dem Sturz der Taliban konnten bislang keine großen Fortschritte erzielt werden. Noch immer sind 70% der Afghanen Analphabeten, ca. 90% aller Frauen.
Die Asia Foundation befragte kurz vor den Präsidentschaftswahlen im August 2009 die afghanische Bevölkerung. Dafür wurden 6 400 Afghanen (zu etwa gleichen Teilen männliche und weibliche) in allen 32 Provinzen interviewt. Die Untersuchung bringt zutage, dass die schlechte Sicherheitslage nach wie vor als das größte Problem empfunden wird. Fast 20% geben an, dass sie oder ein Familienmitglied im letzten Jahr Opfer von Gewalt und Kriminalität wurden.
Noch sehen 78% der Afghanen die Demokratie als die beste mögliche Regierungsform, erhoffen sie sich doch von ihr vor allem Sicherheit und Frieden. Doch das Vertrauen in die Vorzüge der Demokratie nimmt schleichend ab (um 6% seit 2006). Das zeigt, dass die täglichen, praktischen Erfahrungen vielerorts zu Desillusionierung und Frustration geführt haben – und legt dringlich nahe, wie wichtig es ist, dass die Afghanen Vertrauen in ihre Regierung und ihre Sicherheitskräfte gewinnen. Denn die Afghanen wollen Frieden. Und bietet ihre Regierung ihnen keine Perspektive auf eine tragfähige Zukunft, dann lieber ein Frieden mit den Taliban als gar keinen.
Der Islam als Friedenslehre
| 2009
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2009): Der Islam als Friedenslehre. Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises an Dekha Ibrahim Abdi, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
Mit Dekha Ibrahim Abdi wird seit Bestehen des Hessischen Friedenspreises der Albert-Osswald-Stiftung zum zweiten Mal eine Frau geehrt und zum ersten Mal eine Afrikanerin islamischen Glaubens. In Zeiten zunehmender interreligiöser Konflikte und Angst vor der Radikalisierung des Islams beweist die Preisträgerin, dass es mit unermüdlichem Einsatz und einer Friedensvision möglich ist, Christen und Muslime in einen friedlichen Dialog einzubinden.
Ihr Wirken begann sie in ihrer Heimat, in dem von gewaltsamen Konflikten erschütterten Distrikt Wajir im Nordosten Kenias, in dem die Zivilbevölkerung seit Jahrzehnten unter den Fehden der Clans verschiedener Ethnien leidet.
1992 gelang es der Geehrten, zwischen verfeindeten Gruppen zu vermitteln, indem sie christliche und muslimische Frauen und Männer zu einem lokalen Friedensabkommen zusammenbringen konnte. Bis heute wurde ihr „Wajir-Friedensmodell“ erfolgreich auf vier Kontinenten angewandt. Zudem bildet sie Friedensarbeiter aus und berät die kenianische Regierung.
Für ihre langjährige Friedensarbeit wurde Dekha Ibrahim Abdi mit dem Hessischen Friedenspreis 2009 der Albert-Osswald-Stiftung ausgezeichnet.
Wir dokumentieren den Festakt im Musiksaal des Hessischen Landtags mit der Laudatio von Monika Lüke, Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, den Grußworten des Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und des Landtagspräsidenten Norbert Kartmann sowie der Dankesrede der Geehrten.
Piraterie vor Somalia
| 2009
Coni-Zimmer, Melanie (2009): Piraterie vor Somalia. Staatsverfall, Kriegsökonomie und die internationale Gemeinschaft, HSFK-Standpunkt, 6/2009.
Auf der Liste der „failed states“, der Länder, die selbst grundlegende Funktionen nicht mehr erfüllen können, steht Somalia an erster Stelle. Seid der Diktator Barre 1991 abgesetzt wurde, gibt es keine funktionierende Zentralregierung mehr. Mittlerweile zählt Somalia zu den ärmsten Ländern der Welt. Wirklicher Profit ist nur in der Piraterie zu machen. Experten gehen davon aus, dass aus der Piraterie jährlich bis zu 100 Millionen US$ erpresst werden. Damit liegt die Piratenbeute vermutlich um ein Vielfaches höher als das Regierungsbudget. Die Versuchung, im Dunstkreis der Piraten sein Auskommen zu suchen, ist groß, zumal es kaum Alternativen gibt. Die Fischerei bringt nicht mehr viel, nicht zuletzt da ausländische Fangflotten jahrelang illegal in die Hoheitsgewässer Somalias eingedrungen sind und die Bestände geplündert haben.
Angesichts dieser Zustände fällt es schwer, den Somaliern ihre Sympathie für die Piraterie vorzuwerfen oder auch nur deren Duldung – zumal die Piraten einen Teil ihrer Beute tatsächlich im Land, z.B. in Immobilien, investieren und so mancherorts einen kleinen Aufschwung herbeiführen.
Melanie Zimmer schildert die Hintergründe der Piraterie, die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft und die rechtlichen und praktischen Probleme auf hoher See, wenn Piraten verfolgt und gestellt werden. Doch auf der Suche nach Auswegen kommt sie wieder bei einem von Armut und Gewalt gebeutelten Land an, das für die einen ein Schlaraffenland ist und für die anderen ein Land des Elends.
Naives Hirngespinst oder reale Option?
| 2008
Franceschini, Giorgio (2008): Naives Hirngespinst oder reale Option?. Perspektiven für ein kernwaffenfreies Europa, HSFK-Standpunkt.
Als sich der sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow und der amerikanische Präsident Ronald Reagan auf dem legendären Gipfel in Reykjavik 1986 strahlend die Hände schüttelten, schien das Ende atomarer Rüstung in greifbare Nähe zu rücken. Es folgten Verträge zur nuklearen Rüstungskontrolle und die Verschrottung einer beachtlichen Anzahl von Mittelstreckenraketen und Marschflugkörpern.
Doch seit Ende der 1990er Jahre hat die Euphorie spürbar nachgelassen. Angesichts immer neuer Krisenherde erscheinen Atomwaffen zunehmend als Trumpf im Ärmel, den man lieber nicht voreilig preisgeben möchte. Dabei sind die Risiken nicht kleiner geworden. Im Gegenteil: Die Gefahr, dass Atomwaffen in die Hände von Terroristen geraten und politisch instabile Länder eigene nukleare Arsenale aufbauen, ist eher größer geworden. Nukleare Frühwarnsysteme können versagen, Fehleinschätzungen zu einer unbeabsichtigten Eskalation führen.
Ausgerechnet vier ehemalige hochrangige amerikanische Politiker, allesamt Mitglieder des „Establishment“, haben nun eine Anti-Atomwaffen-Kampagne angestoßen. Unermüdlich reisen sie durch die Welt, um Mitstreiter zu finden und ihre Botschaft ist unmissverständlich: Das Gefahrenpotential nuklearer Waffen überwiegt bei weitem den Sicherheitsgewinn. Es ist höchste Zeit, eine Neuordnung zu wagen und neue Ziele zu avisieren. Eine atomwaffenfreie Zone Europa könnte so ein Ziel sein. Bleibt nur zu hoffen, dass der Funke überspringt - auf die europäischen Entscheidungsträger - und vor allem auf die NATO und Russland.
Die Welt sicherer machen
| 2008
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2008): Die Welt sicherer machen. Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2008 an Sam Nunn, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Sam Nunn hatte nach eigenen Angaben sein Schlüsselerlebnis während der Kubakrise 1962. Im Gespräch mit dem Chef der amerikanischen Streitkräfte erfuhr er, dass im Falle eines sowjetischen Angriffs nur wenige Minuten Zeit blieben, um über einen nuklearen Gegenschlag zu entscheiden. Da muss ihm klar geworden sein, an welch hauchdünnem Faden die Sicherheit der Welt plötzlich hängen konnte.
Heute sind noch andere Risiken hinzugekommen: Die Gefahr von nuklearem Terrorismus oder eine immer größere Zahl an Nicht-Nuklearmächten, die nach Atomwaffen streben. Wer dagegen effektiv angehen möchte, darf an Parteigrenzen oder bei alten Feindbildern nicht haltmachen.
Gegner zu Mitspielern machen, auf der Basis von Transparenz und Verantwortung gemeinsame Prioritäten erkennen, diese Signale sendet er unermüdlich aus und geht mit gutem Beispiel voran. Ob mit dem Nunn-Lugar-Programm, das er mit dem Republikaner John Lugar ins Leben rief oder der Nuclear Threat Initiative, die ihre Mitstreiter und Verbündete in der ganzen Welt sucht – immer bestimmt das Ziel das Handeln und keine Rückschläge konnten ihn bislang entmutigen.
Für dieses langjährige Engagement wurde Sam Nunn am 11. Juni mit dem Hessischen Friedenspreis 2008 der Albert-Osswald-Stiftung ausgezeichnet. Wir dokumentieren den Festakt im Musiksaal des Hessischen Landtags mit der Laudatio von Hans Blix, ehemaliger schwedischer Außenminister, den Grußworten des Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und des Landtagspräsidenten Norbert Kartmann sowie der Dankesrede des Geehrten.
Der Bürgerkrieg in den Philippinen
| 2008
Kreuzer, Peter (2008): Der Bürgerkrieg in den Philippinen. Oder: Warum der Weg zum Frieden immer wieder im Krieg endet, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Konflikte, die in Folge von Siedlerkolonialismus entstanden sind, gehören zu den zähesten und ausweglosesten, die die Geschichte eines Landes beherrschen können. Denn hier geht es nicht um die Ausbeutung des Landes, sondern um dessen Besiedelung. Die neuen Siedler beanspruchen das Land für sich, die früheren Eigentümer werden vertrieben oder gar physisch eliminiert.
Doch nicht nur fremde, auch eigene Regierungen kolonisieren mitunter im eigenen Land, indem sie die Rechte indigener Gruppen zugunsten von Teilen der dominanten Bevölkerungsgruppen ignorieren und massive Migration in die Randregionen des eigenen Staates fördern. Ein Beispiel hierfür sind die Philippinen, wo Muslime im Süden des Landes immer noch um ihre Rechte auf die Gebiete kämpfen, die von ihren Vorfahren seit vielen Jahrhunderten besiedelt wurden, und die seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts mehr und mehr von christlichen Migranten in Besitz genommen wurden.
Ein Konflikt, in dem sich muslimische Guerillas, lokale Machthaber und eine schwache Regierung blutige Auseinandersetzungen liefern, die katastrophale Folgen für das Land und die Zivilbevölkerung haben.
Dilemma ohne Ausweg? Zumindest nicht ohne Blessuren für beide Seiten: Die Christen müssten vergangenes Unrecht anerkennen sowie den Muslimen mehr Rechte zugestehen, und die Muslime müssten begreifen und akzeptieren, dass vieles nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Das wäre immerhin ein Anfang.
Lateinamerika als Partner?
| 2008
Wolff, Jonas (2008): Lateinamerika als Partner?. Zur deutschen Außenpolitik gegenüber einer Region im Wandel, HSFK-Standpunkt.
Der US-Regisseur Oliver Stone dreht einen Dokumentarfilm über den venezolanischen Staatschef Chávez, spielt mit dem bolivianischen Präsidenten Evo Morales Fußball und kaut mit ihm Kokablätter... Kein Zweifel, das Interesse von Medien und Öffentlichkeit an Lateinamerika hat deutlich zugenommen. Und das Bild wandelt sich. Weg von traurigen Indio-Kindern, die in bunten Schals und Mützen um eine Patenschaft in den reichen Industrieländern bitten. Hin zu schillernden politischen Persönlichkeiten, die mit neuen politischen Ideen von sich Reden machen. Auch in der internationalen Politik tauchen zunehmend „neue“ Namen auf. Und auf dem letzten G20-Finanzkrisengipfel in Washington waren immerhin drei Staaten aus Lateinamerika vertreten.Kein Zweifel, da tut sich etwas. Das Ansehen der alten europäisch-stämmigen Eliten hat Risse bekommen und indigene Bevölkerungsgruppen lassen sich nicht länger marginalisieren. Politischen und wirtschaftlichen Modellen der OECD-Welt stehen sie interessiert, teils auch wohlwollend, aber keineswegs demütig gegenüber. Es ist kein Zufall, dass das neunte Weltsozialforum wieder einmal in Brasilien stattfindet. Aus entwicklungspolitischen Hilfsempfängern oder interessanten Märkten, die sich bestenfalls dazu eignen, gute Geschäfte zu machen, entstehen Staaten, die als außenpolitische Partner wahrgenommen werden wollen - und sich ihres Potenzials durchaus bewusst sind. Deutschland und Europa täten gut daran, diese Entwicklungen weder zu verschlafen noch zu bekämpfen, sondern auf einen regen Austausch und eine gute Zusammenarbeit zu setzen.
Desaster, Durchbruch oder Dilemma?
| 2008
Rauch, Carsten (2008): Desaster, Durchbruch oder Dilemma?. Plädoyer für einen pragmatischen Umgang mit der indisch-amerikanischen Nuklearkooperation, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
Der empörte Aufschrei der Rüstungskontrollbefürworter war unüberhörbar: Wieder einmal eine außenpolitische Fehlentscheidung der amerikanischen Bush-Regierung – und dieses Mal mit dramatischen Folgen für die globale Rüstungskontrolle und Abrüstung.
Was ist passiert? Die USA haben mit Indien, das dem Atomwaffensperrvertrag (NVV) bis heute nicht beigetreten ist, ein Nuklearabkommen geschlossen. Dieser „Atom-Deal“ wird es Indien zukünftig erlauben, Technologien und Material für sein ziviles Nuklearprogramm zu importieren. Im Gegenzug unterstellt es den zivilen Teil (nur diesen!) seines Nuklearkomplexes internationaler Aufsicht.
Damit kann Indien eigene Ressourcen in sein Nuklearwaffenprogramm fließen lassen, ohne dass die entsprechenden Anlagen kontrolliert werden. Bisher waren Nukleargeschäfte mit Ländern, die nicht dem NVV angehören, verboten.
Indien erhält so scheinbar eine attraktive Sonderregelung, die wenig Verpflichtungen, dafür aber interessante Perspektiven bietet. Die Liste der möglichen Folgen ist lang: Neues Wettrüsten in Südasien, Entwertung des NVV, Behinderung der globalen Abrüstung, „Bestrafung“ vertragstreuer Staaten usw. Carsten Rauch distanziert sich von dieser apodiktischen Verurteilung und versucht eine Bewertung aus einer anderen Perspektive: Was wäre gewesen, wenn der Deal nicht zustande gekommen wäre? Hätte das womöglich auch negative Auswirkungen gehabt? Sind die negativen Folgen wirklich zwangsläufig? Er wagt einen pragmatischen Blick und kommt zu überraschenden Ergebnissen.
Die maritime Task Force – eine Farce
| 2007
Meyer, Berthold (2007): Die maritime Task Force – eine Farce. Warum das Nahost-Quartett auch beim israelisch-libanesischen Konflikt gefordert ist, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
An 33 Tagen im Sommer 2006 wurde vieles zerstört, was seit dem Ende des libanesischen Bürgerkriegs in anderthalb Jahrzehnten aufgebaut wurde. Über tausend Zivilisten fielen allein im Libanon den Luftangriffen zum Opfer. Auch im Norden Israels schlugen zahlreiche Raketen ein und waren Tote zu beklagen. Anlass dieses Kriegs war die Entführung zweier israelischer Soldaten durch die libanesische Hisbollah, zugleich im Kabinett vertretene Partei und als Miliz eine Art Staat im Staat.
Während Israel Hisbollah mit militärischen Mitteln zu bezwingen versuchte und Hisbollah wiederum mit Raketenangriffen zurückschlug, schaute die Welt lange zu, bis im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) endlich Einigung erzielt und die Resolution 1701 verabschiedet wurde. Sie war der sprichwörtliche „kleinste gemeinsame Nenner“. Mit ihr erweiterte die UN ihre schon seit 1978 im Libanon eingesetzte Beobachtungsmission UNIFIL – vor allem personell, ein wirklich „robustes“ Mandat wurde nicht daraus.
Berthold Meyer analysiert die Resolution 1701 und benennt ihre zahlreichen Schwächen, die Hoffnungen auf einen dauerhaften Erfolg dieser Mission eintrüben. Besonders die so genannte maritime Task Force vor der Küste Libanons, die mit deutscher Beteiligung dafür sorgen soll, dass keine Waffen für Hisbollah eingeschmuggelt werden, verspricht keine große Wirkung. Damit der Nahost-Konflikt nicht weiter auf benachbarte Länder übergreift, ist das Nahost-Quartett gefordert, seine Bemühungen in der Region auszuweiten.
Diener der Friedenskunst
| 2007
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2007): Diener der Friedenskunst. Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2006 an Daniel Barenboim, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Der Dirigent und Pianist Daniel Barenboim ist weltberühmt und sein Terminkalender stets voll – so voll, dass ihm der Hessische Friedenspreis 2006 erst am 1. Februar 2007 überreicht werden konnte. Trotz seines musikalischen Erfolgs hat es sich der Künstler jedoch nie erlaubt, sich nur auf die Kunst zurückzuziehen.
Auch hat er sich nie darauf verlassen, dass die Musik ihre vielzitierte verbindende Wirkung von selbst entfaltet. Vielmehr hat sich Daniel Barenboim aktiv für eine Verständigung durch Musik eingesetzt, vor allem indem er das West-Eastern Divan Orchestra gründete oder Projekte interkultureller Musikerziehung initiierte. Er überlässt die Politik nicht den Politikern, sondern zeigt die Courage, selbst Stellung zu beziehen und der Politik Anstöße zur Verständigung zu geben. Dies tut er auch dann standhaft, wenn er polarisiert und sich Anfeindungen ausgesetzt sieht. Er beweist damit, dass Kunst auch ein Weg ist, der zum Frieden führen kann, und geht diesen unbeirrt.
Für sein Engagement wurde Daniel Barenboim im Rahmen eines Festaktes mit dem Hessischen Friedenspreis 2006 der Albert Osswald-Stiftung ausgezeichnet.
Die Laudatio im bis auf den letzten Platz gefüllten Musiksaal des Wiesbadener Landtags hielt der Journalist und Publizist Wolfgang Günter Lerch. Seine Rede sowie die Dankesworte des Geehrten dokumentieren wir neben den Grußworten des Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und des Landtagspräsidenten Norbert Kartmann.
Bundeswehr als Freund und Helfer in aller Welt?
| 2007
Mannitz, Sabine (2007): Bundeswehr als Freund und Helfer in aller Welt?. Das Soldatenbild der Bundeswehr auf dem Prüfstand der Transformation, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Professionelle Krieger oder bewaffnete Sozialarbeiter? Welche Rolle ist die passende für Bundeswehrsoldaten im Zeitalter von weltweiten Einsätzen, die mit der klassischen Landesverteidigung von einst nur wenig gemeinsam haben, stattdessen aber neue, hochkomplexe Ansprüche an Soldaten stellen?
Bis in die 1990er Jahre hatte das Soldatenbild Bestand, das nach den Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs zum Ideal erklärt worden war: der Bürger in Uniform, im Herzen Zivilist, mit fester Bindung an die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die er notfalls zu verteidigen haben würde. Dass dieser Verteidigungsfall je eintreten würde, war angesichts der Abschreckungsszenarien im Ost-West-Konflikt ohnehin sehr unwahrscheinlich. Damit ließ sich die„Zivilität“ der Streitkräfte gut vereinbaren.
Mit der Beteiligung Deutschlands an internationalen Militärmissionen muss sich das Soldatenbild zwangsläufig wandeln. Wie passt die Realität eines out of area-Einsatzes zur zivilen Tradition und dem Auftrag der Verteidigung? Die Bundeswehr selbst versucht das Beste daraus zu machen, wenn sie das Image eines „Freund und Helfers in aller Welt“ pflegt – doch ist das wirklich Aufgabe einer Armee?
Nur langsam kam die Debatte über den Wandel der Bundeswehr und ihrer Aufgaben in Gang, die Anforderungen an die Soldaten wurden dabei kaum diskutiert. Dies muss dringend nachgeholt werden, denn junge Menschen, die ihr Leben am Hindukusch oder sonstwo riskieren, haben ein Anrecht zu wissen, wofür. Dazu müssen ihre Rollen und Funktionen von der Öffentlichkeit diskutiert und formuliert werden.
Wider eine einseitige Anerkennung des Kosovos
| 2007
Schoch, Bruno; Dembinski, Matthias (2007): Wider eine einseitige Anerkennung des Kosovos. Die Statusfrage und die Weltordnung, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Am 10. Dezember 2007 läuft die Frist der Verhandlungsrunde über den künftigen Status des Kosovos ab. Dann will sich die frühere serbische Provinz, die seit 1999 von einer UN-Mission regiert wird, für unabhängig erklären. Washington hat angekündigt, die Unabhängigkeit des Kosovos notfalls auch einseitig anerkennen zu wollen. In den westlichen Öffentlichkeiten wächst der Druck, ihm darin zu folgen.
Gewiss sind die Frustrationen der internationalen Vermittler nachvollziehbar. Jahrelange Verhandlungen über die Statusfrage scheiterten an der kompromisslosen Forderung der kosovarischen Mehrheit nach Unabhängigkeit und dem ebenso halsstarrigen Beharren Belgrads darauf, dass „die Wiege der Nation“ Teil Serbiens bleiben müsse. Unter dem Vorzeichen wechselseitiger Kooperationsverweigerung aber kommt die dringend nötige Entwicklung nicht in Gang; die ungelöste Kosovo-Frage droht die Stabilisierung des westlichen Balkans und seine Annäherung an die EU insgesamt zu blockieren.
Dennoch wäre eine unilaterale Durchsetzung der Unabhängigkeit gegen den Willen und erklärten Widerstand Serbiens, an der Vetomacht Russland und an der UNO vorbei – und damit gegen die vereinbarten internationalen Verfahren – ein Fehler. Er hätte unabsehbare Risiken für die regionale Stabilität, aber auch fatale weltordnungspolitische Implikationen. Namentlich für die EU wäre er eine falsche Weichenstellung. Deshalb plädieren wir dagegen, das Völkerrecht abermals zu brechen.
Demokratie auf dem Rückzug?
| 2007
Sohnius, Stephanie (2007): Demokratie auf dem Rückzug?. Zur Konfrontation zwischen amerikanischem Präsidenten und Kongress über einen Truppenabzug aus dem Irak, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
Im US-Präsidentschaftswahlkampf 2008 ist der Irakkrieg eines der wichtigsten Themen. Die Amerikaner sind allmählich kriegsmüde und die Mehrheit befürwortet einen Truppenrückzug aus dem Irak. Das brachten bereits der Ausgang der Kongresswahlen im Jahr 2006 sowie regelmäßige Meinungsumfragen zum Ausdruck.
Es ist nun anzunehmen, dass in der ältesten Demokratie der Welt Volkes Wille direkten Einfluss auf die Politik haben müsste. Doch dies ist nur bedingt der Fall. Besonders Präsident George W. Bush hat wiederholt klargestellt, dass die Stimmung in der Bevölkerung für ihn in der Irakfrage nicht maßgebend sei. Für ihn zähle vielmehr, wie die Generäle vor Ort die aktuelle Sicherheitslage und die Fortschritte einschätzen. Dagegen versucht der seit Ende 2006 von Demokraten dominierte Kongress immer wieder, Rückzugspläne mit festen Fristen zu etablieren. Bislang ist sein Erfolg jedoch bescheiden.
Vor allem die fehlende Unterstützung der Republikaner im Kongress und die Blockadepolitik des Präsidenten waren dafür verantwortlich. Hinter der Konfrontation steht eine tiefergehende Auseinandersetzung über die Kompetenzverteilung zwischen Präsident und Kongress bei Kriegsentscheidungen, die in der US-Verfassung in einer Grauzone bleibt.
Stephanie Sohnius verknüpft vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund die Aufarbeitung der aktuell wichtigsten USaußenpolitischen Debatte mit der Frage, ob sich die Demokratie in den USA in der Ära des „Krieges gegen den Terrorismus“ (weiterhin) auf dem Rückzug befindet.
Empathie und Politik
| 2007
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2007): Empathie und Politik. Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2007 an Christian Schwarz-Schilling, HSFK-Standpunkt, Nr. 6.
Der Krieg in Jugoslawien gehörte zu den blutigsten und grausamsten Auseinandersetzungen der Nachkriegszeit in Europa. Zahllose Menschenrechtsverletzungen begleiteten den Zerfall Jugoslawiens. Der Massenmord von Srebrenica war nur einer seiner traurigen Höhepunkte. Zurück blieben Misstrauen, Aggressionen und Zerstörungen. Europa griff ein, doch die Maßnahmen fruchteten nicht, und lange wollte man das Ausmaß der Dramen nicht wahrhaben, die sich im ehemaligen Urlaubsland abspielten. Nur wenige erkannten, was sich hinter den „ethnischen Säuberungen“ verbarg. Der diesjährige Preisträger war einer von den wenigen. Aufgerüttelt durch einen Augenzeugenbricht aus einem serbischen Lager in Bosnien-Herzegowina legte er 1992 aus Protest gegen die Untätigkeit der Regierung sein Amt als Bundesminister für Post und Telekommunikation nieder und wurde fortan nicht müde, nationale Hilfe und Einmischung zu fordern. Denn wenn man Unrecht erkennt, darf man nicht zaudern, darf macht- und parteipolitisches Kalkül keine Rolle spielen.Für sein langjähriges Engagement für den Frieden, für Wiederaufbau und Völkerverständigung auf dem Balkan wurde Christian Schwarz-Schilling mit dem Hessischen Friedenspreis 2007 der Albert-Osswald-Stiftung ausgezeichnet.
Wir dokumentieren den Festakt mit der Laudatio von Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt, den Grußworten des Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und des Landtagspräsidenten Norbert Kartmann sowie der Dankesrede des Geehrten.
Frieden – eine Fata Morgana
| 2006
Meyer, Berthold (2006): Frieden – eine Fata Morgana. Lässt sich der Teufelskreis der Gewalt im Nahen Osten noch durchbrechen?, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Ein neuer Dialog im Nahen Osten? Verhandlungen für eine dauerhafte Lösung des Konflikts? Ein friedliches Nebeneinander von Israelis, Palästinensern, Libanesen und deren Nachbarn? Im Augenblick erscheint dies unvorstellbar. Zum Redaktionsschluss dieses HSFK-Standpunktes schlagen Raketen und Bomben beiderseits der israelisch-libanesischen Grenze ein. Wer kann, flüchtet aus der Region.
Dennoch darf und muss man hoffen, dass es bald zu einem Waffenstillstand kommt. Und danach werden erneute Verhandlungen nötig sein, um Israel und Palästina engültig und mit sicheren Grenzen von einander zu trennen. Dabei gilt es die Fehler des Osloer Friedensprozeses zu vermeiden. Warum dieser zum Scheitern verurteilt war, erläutert Berthold Meyer in diesem Standpunkt. Er zeigt darüber hinaus auf, warum die von Israel danach betriebene Politik des einseitigen Rückzugs aus dem Gazastreifen nicht geeignet war, das notwendige Vertrauen zwischen Israelis und Palästinensern aufzubauen.
Zugleich richtet der Autor den Blick nach vorn und fordert die Konfliktparteien auf, einen Waffenstillstand zu schließen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Um einen neuen – und hoffentlich erfolgreicheren – Friedensprozess in Gang zu setzen, greift er Vorschläge aus der Genfer Initiative aus dem Jahr 2003 auf, die einen Weg weisen könnten. In jedem Fall kann ein dauerhafter Frieden im Nahen Osten nur im Dialog gefunden werden, einen andere Chance wird es wohl nicht geben.
Den Rat neu erfinden?
| 2006
Liste, Philip (2006): Den Rat neu erfinden?. Die Vereinten Nationen und ihr „neuer Sicherheitskonsens“, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Am 8. März 2006 meldete die New York Times, dass Kofi Annan, Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), erneut weitreichende Änderungen in der Organisation fordert. Bislang chaotische Prozeduren müssten professioneller und effizienter werden. Dies sei nötig, um den veränderten weltpolitischen Rahmenbedingungen 60 Jahre nach Gründung der UN Rechnung zu tragen.
Was auf die gesamte Organisation zutrifft, gilt auch für eines ihrer wichtigsten Organe: den Sicherheitsrat. Errichtet wurde er, um einen weiteren Weltkrieg abzuwenden. Mittlerweile ist die Bedrohungslage komplexer geworden – Terrorismus, Menschenrechtsverletzungen und innerstaatliche Konflikte sowie nicht selten auch Armut oder Krankheiten werden als Ursachen für Konflikte ausgemacht. Um eine Strategie gegen Bedrohungen entwickeln zu können, muss zunächst Einigkeit darüber herrschen, was als Bedrohung angesehen wird. Dieser „neue Sicherheitskonsens“ lässt jedoch auf sich warten.
Ebenso verhält es sich mit einer Reform des Sicherheitsrats selbst. Er spiegelt wie kaum ein anderes UN-Organ das Gleichgewicht der (Sieger-) Mächte nach dem Zweiten Weltkrieg wider. Kleine und vor allem Entwicklungsländer sind dadurch unterrepräsentiert, obwohl sie eigentlich vollwertige Mitglieder der UN sind – „one country one vote“. Diese mangelnde regionale Ausgewogenheit führt auf Dauer zu einem Glaubwürdigkeitsverlust, dem nur eine umfassende Reform entgegentreten kann, wie Philip Liste in seinem Standpunkt verdeutlicht.
Kleinwaffen in falschen Händen
| 2006
Wisotzki, Simone (2006): Kleinwaffen in falschen Händen. Rüstungskontrolle nach dem Scheitern der Kleinwaffenkonferenz der Vereinten Nationen, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Durch Kleinwaffen finden eine halbe Million Menschen allein jährlich den Tod. Menschenrechtsverletzungen in aller Welt werden in der Regel mit Hilfe von Kleinwaffen begangen. Schon das Vorhandensein einer hohen Zahl von Kleinwaffen in den Händen der Zivilbevölkerung verursacht weitreichende Probleme: In westlichen Ländern, wie den USA, kommt es bereits bei familiären Konflikten häufig zum Waffengebrauch. In so genannten Entwicklungsländern und Nachkriegsgesellschaften werden Investoren duch die große Zahl an Waffen abgeschreckt und Entwicklungsprojekte finden nicht statt. Die Wahrscheinlichkeit eines bewaffneten Konflikts steigt je mehr Kleinwaffen leicht zugänglich sind und nachhaltiger Frieden ist nicht möglich.
Um diese Spirale aus Gewalt und Armut zu durchbrechen, wurde 2001 das Kleinwaffenaktionsprogramm der Vereinten Nationen ins Leben gerufen. Damit wollte die internationale Staatengemeinschaft den illegalen Waffenhandel bekämpfen. Im Juli dieses Jahres ging eine Überprüfungskonferenz des Programms zu Ende, an der die Autorin dieses Standpunktes teilnahm.
Simone Wisotzki beleuchtet die Gründe für das Scheitern der Konferenz und zeigt Wege zur Bekämpfung der Kleinwaffenverbreitung auf. Rüstungskontrolle allein kann die komplexen Ursachen der Nachfrage nicht beheben – zumal diese meist in einem Mix aus Armut, Unterentwicklung und schwachen Staaten zu suchen sind. Nötig ist eine Verzahnung mit der Entwicklungszusammenarbeit.
Gandhi heute – aktuell oder unzeitgemäß?
| 2006
Gromes, Thorsten; Müller, Harald (2006): Gandhi heute – aktuell oder unzeitgemäß?, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
„Kissinger bekam ihn, Gandhi nicht“, titelte ein großes deutsches Online-Magazin vor der Bekanntgabe des diesjährigen Friedensnobelpreisträgers. Dass Mahatma Gandhi nie den bedeutendsten aller Friedenspreise erhielt, war ein großes Versäumnis. Ein noch größeres Versäumnis wäre es jedoch, seine Leistungen heute nicht mehr angemessen zu würdigen oder ihn gar als ein Phänomen der Vergangenheit abzutun, das in der Gegenwart nicht mehr bestehen könne.
Seit dem 4. Oktober steht im Foyer der HSFK eine Büste Gandhis, die Indien der Stadt Frankfurt schenkte. Dies nehmen Harald Müller und Thorsten Gromes zum Anlass, das Werk Gandhis zu reflektieren und zu überprüfen, ob seine Lehre des gewaltfreien Widerstands, Satyagraha, heute noch zeitgemäß ist.
Sie stellen fest, dass die Konflikte zu Gandhis Zeiten keineswegs weniger gewaltsam oder komplex waren. Nur kurz nach dem Zweiten Weltkrieg führte Gandhi sein Land aus der britischen Kolonialherrschaft in die Unabhängigkeit – und das so gut wie ohne Blutvergießen. Damit gelang dem Gründer des modernen, demokratischen Indiens eine unvergleichliche politische Leistung, die zwar auf bestimmte, aber nicht auf einzigartige Bedingungen angewiesen war.
Auch in den letzten Jahren hat es Bewegungen gegeben, die ihr Ziel mit dem Verzicht auf Gewalt erreicht haben. Gandhis Lehren taugen also auch heute noch als Vorbild für eine konstruktive und friedliche Bearbeitung von Konflikten überall auf der Welt.
Wählen lassen bis es passt?
| 2006
Fischer, Susanne (2006): Wählen lassen bis es passt?. Demokratieförderung und Terrorismusbekämpfung in den palästinensischen Gebieten, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
Wie sollen sich westliche Demokratien verhalten, wenn in Staaten, von denen sie stets mehr Demokratie fordern, demokratisch gewählt wurde, der Wahlausgang aber nicht der gewünschte ist? Dies ist im Januar 2006 in den palästinensischen Gebieten passiert. Gewonnen hat bekanntlich Hamas, die von den Vereinigten Staaten (USA) und der Europäischen Union (EU) als Terrororganisation eingestuft wird.
Vor diesem Hintergrund erscheint es verständlich, dass USA und EU ihre finanzielle Unterstützung für die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) nach dem Wahlsieg von Hamas stoppten. Schließlich mussten sie fürchten, so den Terror zu unterstützen, den sie doch zugleich bekämpfen. Doch dadurch verschlechterte sich die Situation im Nahen Osten weiter. U.a. konnte die PA über Monate keine Gehälter an ihre Angestellten auszahlen, darunter auch die Sicherheitskräfte. Die desolate Lage heizte die Konkurrenz zwischen Fatah und Hamas an, und mit Präsident Abbas‘ Ankündigung von Neuwahlen im Dezember 2006 kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der beiden Parteien.
Um einen palästinensischen Bürgerkrieg zu verhindern und einen stabilen Frieden in der gesamten Region herzustellen, dürfen Terrorismusbekämpfung und Demokratieförderung vom „Westen“ nicht mehr als Gegensätze wahrgenommen, sondern müssen zusammengedacht werden. Susanne Fischer beleuchtet das vermeintliche Dilemma und unterbreitet Vorschläge zu dessen Überwindung.
Partnerschaft: strategisch, pragmatisch oder selektiv?
| 2006
Spanger, Hans-Joachim (2006): Partnerschaft: strategisch, pragmatisch oder selektiv?. Die EU und Russland auf der Suche nach einem neuen Vertrag, HSFK-Standpunkt.
Schlagzeilen machte Russland jüngst vor allem mit schlechten Nachrichten: So haben etwa der Strahlentod des Ex-Agenten Litwinjenko oder die Ermordung der Journalistin Politkowskaja erneut Kritik am russischen Demokratieverständnis laut werden lassen.
Diese Ereignisse trüben nicht nur das Verhältnis des Westens zu Russland, sie beeinflussen auch die Verhandlungen zwischen Europäischer Union und Russland für eine neue „strategische Partnerschaft“. Erklärte Absicht beider Seiten war es, die bisherige vertragliche Basis ihrer Partnerschaft auf ein höheres Niveau zu heben. Doch die unübersehbaren Demokratiedefizite Russlands nähren in der EU Ängste vor einer übergroßen Abhängigkeit von einem solchen Partner.
Die EU befindet sich hier in einem Dilemma: Einerseits ist dieser Nachbar ein wichtiger Handelspartner und Energielieferant, andererseits scheinen die Differenzen in den Wertvorstellungen zuweilen unüberbrückbar. Neben durchaus berechtigter Kritik schwingen bei den EU-Mitgliedern auch alte Ressentiments und Abgrenzungsdemonstrationen ehemaliger „Warschauer Pakt-Staaten“ mit.
Hans-Joachim Spanger beleuchtet die unterschiedlichen Positionen und Wahrnehmungen im russisch-europäischen Verhältnis und zeigt auf, dass eine Abkehr voneinander keine Lösung sein kann. Vielmehr gilt es für die EU, zunächst einen pragmatischen Weg einzuschlagen, ohne dabei die alten Demokratisierungsziele aufzugeben. Diese sollten im Rahmen der neuen Partnerschaft gemeinsam verfolgt werden.
Rechtsrealität versus Realpolitik
| 2005
Fischer-Lescano, Andreas (2005): Rechtsrealität versus Realpolitik. Die Strafanzeige in Deutschland gegen Donald Rumsfeld wegen der Folterungen in Abu Ghraib, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Gerade hatten sich die transatlantischen Spannungen wieder beruhigt und George W. Bush schickt sich an, die Bundesrepublik zu besuchen. Ob seinem Verteidigungsminister eine Teilnahme an dieser Versöhnungsreise anzuraten ist? Das hängt davon ab, wie der Generalbundesanwalt mit der Strafanzeige verfahren wird, die der deutsche Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck in der Bundesrepublik im Namen von vier irakischen Staatsangehörigen und der US-amerikanischen Organisation "Center for Constitutional Rights" (CCR) gegen Donald Rumsfeld und weitere neun US-Funktionäre wegen der Foltervorwürfe in Abu Ghraib erstattet hat. Das CCR hatte Rumsfeld bereits eine empfindliche Niederlage vor dem US Supreme Court wegen der Häftlinge auf Guantánamo beigebracht. Auch vor deutschen Gerichten droht nun Ungemach, selbst wenn sich die Bundesregierung im transatlantischen Konsens mit aller Macht gegen ein Verfahren wegen der Vorfälle in Abu Ghraib stemmen würde.
Andreas Fischer-Lescano argumentiert, dass es aufgrund des im Juni 2002 in der Bundesrepublik eingeführten Völkerstrafgesetzbuchs und der Normen des humanitären Völkerrechts eine Ermittlungs- und Verfolgungspflicht für den Generalbundesanwalt gibt. Die Vorwürfe gegen die beschuldigten militärischen und zivilen Vorgesetzten in den USA sind bislang nicht ausreichend gerichtlich verfolgt worden. Mit der Aburteilung niedrigrangiger Soldaten ist den völkerrechtlichen Verfolgungspflichten nicht Genüge getan.
Die Zivilmacht Deutschland und die Enttabuisierung des Militärischen
| 2005
Geis, Anna (2005): Die Zivilmacht Deutschland und die Enttabuisierung des Militärischen, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
„Nie wieder Krieg!“ wurde vielerorts in der Wiederbewaffnungsdebatte der 1950er Jahre skandiert. Auch später blieb die Parole noch lange populär – und dies nicht nur auf Ostermärschen. Erst seit einiger Zeit ist sie seltener zu hören. Zugleich deuten 43 Auslandseinsätze der Bundeswehr seit der Wiedervereinigung Deutschlands darauf hin, dass das Tabu von deutschen Soldaten im Ausland in der Bevölkerungsmehrheit gebrochen scheint.
Überwunden wurde mit dieser Entwicklung nicht nur die spezielle, historisch bedingte Abneigung der Deutschen gegen den Krieg, sondern auch die als allgemein in Demokratien angenommene Zurückhaltung gegenüber militärischen Mitteln. Doch wie konnte die Zivilmacht Deutschland sich in so kurzer Zeit von ihren einstigen Prinzipien verabschieden, ohne dass ein Großteil ihrer Bürgerinnen und Bürger sich darüber empörte?
Anna Geis beleuchtet den Wandel des Kriegsbildes und des deutschen Rollenbildes sowie den Aspekt der Bündnissolidarität. Anhand der im Jahr 2003 verabschiedeten Verteidigungspolitischen Richtlinien diskutiert sie zudem die Veränderungen im Verteidigungs- und Sicherheitsbegriff. Dabei stellt die Autorin fest, dass sich die Rechtfertigungsmuster für Auslandseinsätze seit 1990 gewandelt haben. Dadurch ist eine Kluft zwischen dem erklärten friedenspolitischen Anspruch und der außenpolitischen Wirklichkeit entstanden. Denn warum sollte eine „Großmacht“ nicht zugleich eine „Friedensmacht“ sein?
Demokratie leben lernen – von Anfang an
| 2005
Büttner, Christian (2005): Demokratie leben lernen – von Anfang an. Demokratie-Werkstatt Kindertagesstätte, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Voraussetzung für eine funktionierende, stabile Demokratie ist, dass ihre Bürger demokratische Werte und Regeln verinnerlicht haben – möglichst von klein auf. Für Kindertagesstätten bedeutet diese Erkenntnis, dass sie die Erziehung zur Demokratie in ihr pädagogisches Angebot aufnehmen müssen.
Doch wie passen Demokratie und Erziehung zusammen? Schließlich fußt Demokratie auf gleichberechtigter Mitbestimmung, in der Erziehung dagegen hat der Erzieher letztlich das Sagen. Häufig haben Erzieherinnen auch Bedenken, ihren Schützlingen Verantwortung zu übertragen und Mitsprache zu gewähren. Wie also können Kinder in Abhängigkeitsverhältnissen die Vorteile und Werte demokratischer Teilhabe kennen und schätzen lernen?
Christian Büttner schlägt dafür die Durchführung von so genannten „Demokratie-Werkstätten“ vor, in denen die Kinder alle Fähigkeiten spielerisch erlernen und erproben können, die ein guter Demokrat braucht: Zuhören, Information sammeln, sich seiner eigenen Interessen bewusst werden, sie begründen und verteidigen, aber auch die Meinungen anderer akzeptieren können, an einem Entscheidungs- oder Abstimmungsprozess aktiv teilnehmen und den Ausgang dieses Verfahrens mittragen – ganz gleich, ob die eigene Position zur Mehrheit oder zur Minderheit gehört. Entgegen allen Bedenken sind schon kleine Kinder in der Lage, diese Fähigkeiten im Rahmen einer Demokratie-Werkstatt zu erlernen.
Für eine Abgestufte Integration
| 2005
Karakas, Cemal (2005): Für eine Abgestufte Integration. Zur Debatte um den EU-Beitritt der Türkei, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Der negative Ausgang der Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden zum Europäischen Verfassungsvertrag hat den Europa-Befürwortern einen Schock versetzt und die Diskussion um die generelle Beitrittsfähigkeit der Türkei zur EU neu entfacht. Es scheint, dass mit der letzten Erweiterung um zehn Staaten bei den EU-Bürgern das Misstrauen gegenüber den Institutionen und ihrer Leistungsfähigkeit gewachsen ist. Möglicherweise ging manchem das Tempo der Erweiterung zu schnell oder die Idee eines großen Europas war ihm zu abstrakt.
Am 3. Oktober 2005 sollen die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beginnen. Je näher dieser Termin rückt, desto lauter werden wieder die skeptischen Stimmen. Dabei bietet die Anbindung der Türkei an die EU für beide Seiten Vorteile, die Cemal Karakas für eine Abgestufte Integration plädieren lässt. Dieses Modell unterscheidet sich zu den bisher diskutierten (wie der Privilegierten Partnerschaft) dadurch, dass es eine (Teil-) Integration der Türkei in EU-Strukturen vorsieht und ihr für die integrierten Bereiche ein partielles Mitentscheidungsrecht einräumt, ohne die EU zu überdehnen. Eine Vollmitgliedschaft wird zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, ist aber erst im Rahmen der letzten Integrationsstufe möglich. Das Modell kann für beide Seiten attraktiv sein, wie Karakas sowohl aus türkischer als auch aus europäischer Perspektive aufzeigt.
Kollateralschaden Menschenwürde?
| 2005
Mannitz, Sabine (2005): Kollateralschaden Menschenwürde?. Wider die Bagatellisierung von Menschenrechtsverletzungen durch demokratische Sicherheitskräfte, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
In den Prozessen gegen Soldatinnen und Soldaten, die im irakischen Gefängnis Abu Ghraib an der Misshandlung von Gefangenen beteiligt waren, beriefen sich viele Angeklagte darauf, dass sie nur Befehle von Vorgesetzten ausführten. Doch diese Haltung wirft grundsätzliche Fragen zur individuellen Verantwortung von Soldaten demokratischer Staaten auf.
Zwar sind auch Armeen von Demokratien nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam aufgebaut, dies entlässt den Einzelnen jedoch nicht aus seiner persönlichen Verantwortung. Auch Soldaten sind ihrem Gewissen verpflichtet und können sich bei Menschenrechtsverletzungen nicht damit herausreden, nur Befehle befolgt zu haben.
Ähnlich befremdlich wie die Verteidigungsstrategie der Angeklagten sind Versuche, Misshandlungen und Folter als unvermeidliche Nebeneffekte von Kriegssituationen darzustellen. Der Hinweis auf die besondere Lage im „War on Terrorism“ trägt dazu bei, Menschenrechte auszuhöhlen, die allerdings für eine Demokratie unverzichtbar sind. Nicht umsonst stehen sie außerhalb der Entscheidungsmacht von Mehrheiten, denn eine Unterscheidung in Menschen mit mehr oder weniger Menschenrechten darf es für einen Rechtsstaat nicht geben. Warum die Menschenwürde unantastbar bleiben muss und in welchem Spannungsverhältnis Individuum und Institution in dieser Frage zueinander stehen, erläutert Sabine Mannitz in diesem Standpunkt.
Download: Mannitz, Sabine (2005): Kollateralschaden Menschenwürde? Wider die Bagatellisierung von Menschenrechtsverletzungen durch demokratische Sicherheitskräfte, HSFK-Standpunkte, Nr. 5/2005, Frankfurt/M.
Eine Zukunft für die NATO?
| 2005
Dembinski, Matthias (2005): Eine Zukunft für die NATO?, HSFK-Standpunkt, Nr. 6.
Gegründet als militärisches Bündnis gegen die Bedrohung aus dem Osten, verstand sich die NATO gleichzeitig als (Werte-) Gemeinschaft des politischen Westens. Dies bestätigte sich zunächst nach Ende des Ost-West-Konflikts durch den Beitritt von zehn neuen Mitgliedern. Mit dem Irak-Krieg im Jahr 2003 stolperte die Allianz jedoch in eine tiefe Krise, Kritiker der NATO sehen sie gar als Auslaufmodell. Und selbst eingeschworene „Atlantiker“ müssen sich fragen, was die NATO heute leisten soll und kann, wie sie den neuen Bedrohungsszenarien begegnen und wie zukünftig Macht zwischen den Bündnispartnern verteilt sein soll. Vielen Beobachtern galt die Auseinandersetzung um den Irak-Krieg als Vorzeichen für das Ende des politischen Westens. Tatsächlich steht jedoch nicht dieser, sondern die NATO in ihrer jetzigen Form in Frage.
In ihrer traditionellen Form mit den USA als Führungsmacht und den individuellen europäischen Ländern im Gefolge ist die NATO nicht mehr in der Lage, die Unterschiede in den politischen Auffassungen ihrer Mitglieder produktiv zu bearbeiten. Als Ausweg wird zunehmend die Umwandlung der NATO in eine Dachorganisation diskutiert, die von einer amerikanischen und einer europäischen Säule getragen würde.
Insbesondere diesen Vorschlag beleuchtet Matthias Dembinski im vorliegenden Standpunkt. Er erläutert die verschiedenen Positionen in der Debatte sowie die Chancen und Risiken dieser Reformbemühungen für das Atlantische Bündnis.
Mit Menschlichkeit auf dem Weg zum Frieden
| 2005
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2005): Mit Menschlichkeit auf dem Weg zum Frieden. Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2005 an Seine Heiligkeit den 14. Dalai Lama, HSFK-Standpunkt, Nr. 7.
Zum elften Mal wurde der Hessische Friedenspreis der Albert Osswald-Stiftung verliehen, erstmals jedoch an einen Gottkönig. Preisträger war Seine Heiligkeit der 14. Dalai Lama, geistliches und weltliches Oberhaupt der Tibeter.
Seit über einem halben Jahrhundert, seit dem Einmarsch chinesischer Truppen nach Tibet im Jahr 1949, kämpft er für die Rechte seines Volkes – und dies auf friedfertige Weise. Er sucht die chinesisch-tibetische Verständigung, obwohl er hinnehmen muss, dass die Tibeter Unterdrückung und Leid durch die Besatzungsmacht erfahren. Selbst lebt er seit 1960 im indischen Exil. In einer solchen Situation wäre es nicht verwunderlich, wenn sich die tibetische Bevölkerung auflehnte. Dass ihr Widerstand jedoch stets dem Prinzip der Gewaltlosigkeit gefolgt ist, ist das Verdienst des Dalai Lama.
Für ihn steht friedliche Koexistenz an erster Stelle, nicht nur im Verhältnis zwischen Tibetern und Chinesen. Auch die verschiedenen Religionen ruft er immer wieder zu Toleranz und Offenheit auf, die er selbst – auch in größter Bedrängnis – praktiziert.
Die Laudatio auf dem Festakt im Wiesbadener Kurhaus am 27. Juli hielt der Hessische Ministerpräsident Roland Koch. Seine Rede sowie die Dankadresse des Geehrten dokumentieren wir neben den Grußworten von Landtagspräsident Norbert Kartmann und Staatsminister a.D. Karl Starzacher, dem Vorsitzenden des Kuratoriums Hessischer Friedenspreis.
Projektionsfläche Kopftuch
| 2004
Mannitz, Sabine (2004): Projektionsfläche Kopftuch. Dilemmata der freiheitlichen Demokratie auf einem Quadratmeter Stoff, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Selten wird ein Thema so emotional diskutiert - und das nicht nur am Stammtisch, sondern auch von ranghohen Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Politik. Die Rede ist vom Kopftuchverbot für Lehrerinnen und andere muslimische Frauen im Staatsdienst. Diese Debatte hat das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts erneut auf Länderebene entfacht und ist getragen von der Angst, zuviel Toleranz könne die freiheitliche Demokratie gefährden.
Nur was ist höher einzustufen? Die Neutralitätspflicht des Staates oder die persönliche Religionsfreiheit? Beide sind im Grundgesetz verankert und gleichrangig zu behandeln. Auch auf moralischer oder ethischer Ebene werden viele Fragen und Widersprüche aufgeworfen. Sollten Schulkinder durch ein Koptuchverbot vor religiöser Indoktrination geschützt werden? Ist dies überhaupt möglich durch ein solches Verbot? Müssen gar die erwachsenen Muslima durch ein Verbot des Kopftuches vor islamischem Extremismus geschützt werden? Ist das nötig und möglich? Ein Riss zieht sich durch sämtliche politische Parteien, die Kirchen und gesellschaftliche Gruppierungen des Landes.
Sabine Mannitz skizziert ein Kaleidoskop verschiedener Positionen, bietet Hintergrundinformationen zu diesem Thema an und erläutert ihren eigenen Standpunkt in dieser Debatte. Dabei zeigt die Autorin auf, dass es eine Reihe von Gründen gibt, der Wehrhaftigkeit der freiheitlichen Demokratie zu vertrauen.
Die Mauer im Westjordanland
| 2004
Bothe, Michael (2004): Die Mauer im Westjordanland. Ein Crashtest für das Völkerrecht?, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Dieses Bauwerk hat viele Namen: Israel nennt es "Sicherheitszaun", heftige Gegner sprechen von der "Separation Wall" oder "Apartheid Wall". Institutionen, die sich um eine ausgewogene Haltung bemühen, bezeichnen es schlicht als "the Barrier". Die arabische Seite und inzwischen auch die Generalversammlung der Vereinten Nationen gebrauchen den Begriff "Mauer". In der Tat ist es nicht nur die unterschiedliche Beschaffenheit dieser baulichen Begrenzung - einige Abschnitte sind aus meterhohem Stacheldraht, andere aus Beton -, vielmehr spiegeln sich in der Vielfalt der Bezeichnungen auch die verschiedensten Haltungen wider. Michael Bothe hat sich für den Ausdruck "Mauer" entschieden, nicht zuletzt wegen der Assoziationen, die dieser Begriff in Deutschland auslöst, aber auch in Anlehnung an den Sprachgebrauch der Vereinten Nationen als Hüter und Verfechter des Völkerrechts.
In der Beurteilung der Mauer, die Israel im Westjordanland zu errichten begonnen hat, herrscht unter den Staaten der Welt weitgehend Einigkeit: Sie ist völkerrechtswidrig und wieder abzubauen. Als der Internationale Gerichtshof in Den Haag dies auch offiziell feststellen sollte, zeigten jedoch zahlreiche Staaten eine überraschende Zurückhaltung. Diese Entwicklung nimmt der Autor zum Anlass, um für eine konsequente Anwendung des Völkerrechts zu plädieren. Er legt dar, warum es in jedem Fall anzuwenden ist, und welche Gefahren eine selektive Be- oder Missachtung des Völkerrechts in sich birgt.
Frieden durch Recht
| 2004
Brock, Lothar (2004): Frieden durch Recht. Zur Verteidigung einer Idee gegen "die harten Tatsachen" der internationalen Politik, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Totgesagte leben bekanntlich länger. Dies gilt auch für die Rolle des Rechts bei der Friedenssicherung. Ein aktuelles Beispiel dafür ist das Urteil des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten zur Situation der Gefangenen in Guantanamo. Das Gericht hat festgestellt, dass die Gefangenen ein Anrecht auf eine gerichtliche Anhörung haben und den US-Rechtsweg bemühen können. Für die gegenwärtige Administration bedeutet dieses Urteil eine Niederlage. Bis zuletzt hatte sie darauf bestanden, dass der "Kampf gegen den Terror" und "harte Tatsachen" der internationalen Politik die "besonderen Maßnahmen" rechtfertigten. Das Völkerrecht sei im Fall der Guantanamo-Häftlinge nicht bindend.
Versuche dieser Art gibt es viele. Oft versucht die Politik, das Recht nach Maßgabe ihrer Interessen umzudeuten oder zu instrumentalisieren. Doch gerade die Versuche, das Recht zu manipulieren, zeigen, dass seine Bedeutung ungebrochen ist. Handlungen sollen durch Rückgriffe auf die Sprache des Rechts als legitim erscheinen - schließlich sind Regierungen demokratischer Staaten auf die Zustimmung ihrer Bürger angewiesen. Wer sich jedoch der Sprache des Rechts bedient, unterwirft sich seiner Logik. Es ist nicht möglich, das Recht nur in Teilen wahrzunehmen und anzuwenden, denn es liegt in seiner Natur, dass es universal ist und sich Partikularinteressen entzieht. Ist Ordnung über Recht nicht mehr herzustellen, muss das Recht weiter entwickelt werden. Dies veranschaulicht Lothar Brock in seinem Standpunkt.
Der Held des Dramas
| 2004
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2004): Der Held des Dramas. Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2004 an Hans Blix, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Bis zur letzten Minute hat Hans Blix als Chef der Waffeninspektoren im Irak darum gerungen, seine Suche nach Massenvernichtungswaffen fortsetzen zu dürfen. Hätte er Beweise gefunden, dass der Irak die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates doch befolgt, hätte dies das folgende Blutvergießen unter Umständen verhindern können. Hans Blix hat einen alternativen Weg gegenüber kriegerischen Mitteln aufgezeigt; dass dieser nicht beschritten wurde, liegt in der Verantwortung anderer.
Sich selbst sieht Blix bescheiden als Analytiker, der "nur" die Wahrheit, aber zu keinen Entscheidungen finden müsse. Das Verdienst des schwedischen Weltbürgers liegt darin, dass er sich den Interessen und dem Druck einzelner Staaten und ihrer Geheimdienste nicht beugte, sondern seine Aufgabe unbeirrt und mit großer Professionalität durchführte. Für diese Standfestigkeit und seinen unermüdlichen Einsatz, den Frieden zu wahren, erhielt Hans Blix den diesjährigen Hessischen Friedenspreis der Albert-Osswald-Stiftung.
Laudator auf dem Festakt im Wiesbadener Landtag am 9. Juni war der Vorsitzende des Abrüstungsbeirats des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Harald Müller. Seine Rede sowie die Dankesworte des Geehrten dokumentieren wir neben den Reden von Landtagspräsident Norbert Kartmann und des Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch.
„Das Wunder der Demokratie“ in Nachbürgerkriegsgesellschaften
| 2004
Gromes, Thorsten (2004): „Das Wunder der Demokratie“ in Nachbürgerkriegsgesellschaften, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
Dass Demokratie tatsächlich funktioniert, scheint einem Wunder gleichzukommen. Akteure müssen sich einer Vielzahl von Regeln freiwillig unterwerfen. Regierungen verfügen nur über begrenzte, kontrollierte und zeitlich befristete Macht. Die Opposition muss darauf vertrauen können, dass die Regeln des demokratischen Wettbewerbs auch künftig gelten und sie daher die Chance hat, später selbst einmal an die Macht zu gelangen.
Schon in etablierten Demokratien zeigt sich die Demokratie oft als verletzlich. Um wieviel schwerer muss es in einer Nachbürgerkriegsgesellschaft fallen, Vertrauen zum einstigen Kriegsgegner zu fassen? Wie ist es möglich, seinem früheren Feind zu glauben, er verpflichte sich auf die Spielregeln der Demokratie? Wäre es nicht naheliegender, seine Truppen und Waffen zu behalten statt sich seinem Kontrahenten auszuliefern?
Hier muss die Demokratie so aussehen, dass alle Konfliktparteien das benötigte Vertrauen in das neue System aufbringen können. Dazu gehören Sanktionen bei Verstößen gegen die neue Ordnung. Im politischen System sollten alle Gruppen Werte und Schutz für sich selbst erkennen können, etwa dadurch, dass alle wichtigen Konfliktparteien an der Macht teilhaben. Auch Wahlen, ihr konkreter Zeitpunkt und das Verfahren spielen eine entscheidende Rolle. Solche Aspekte diskutiert Thorsten Gromes darauf hin, ob sie das „Wunder der Demokratie“ nach Bürgerkriegen wahrscheinlicher machen.
Migranten als Garanten?
| 2004
Carlowitz, Leopold von (2004): Migranten als Garanten?. Über die Schwierigkeiten beim Rechtsstaatsexport in Nachkriegsgesellschaften, HSFK-Standpunkt, Nr. 6.
Friedensmissionen sind seit dem Ende des Kalten Krieges zahlreich geworden, meistens stehen sie unter dem Kommando der Vereinten Nationen. Spätestens in der "Nachhut" befinden sich auch viele staatliche und nichtstaatliche Akteure der Entwicklungszusammenarbeit. Ein Waffenstillstand, eine Notversorgung der Bevölkerung und später der physische Wiederaufbau reichen jedoch nicht aus, um einen dauerhaften Frieden zu gewährleisten. Darüber hinaus ist eine funktionierende Rechtsordnung aufzubauen.
Den Akteuren dient bei dieser Aufgabe oftmals das Rechtssystem des eigenen Herkunftslandes als Mustervorlage, die in den betreffenden Staat exportiert wird. In der Folge finden lokale Besonderheiten und Rechtstraditionen zu oft ungenügend Beachtung, was dazu führen kann, dass das neue, von außen eingeführte Recht vor Ort auf Ablehnung stößt. Um parallelen Rechtssystemen vorzubeugen, ist deshalb ein sensibler Umgang und die Kenntnis regionaler Rechtstraditionen nötig.
Die wenigsten unter den westlichen Rechtsexperten bringen die notwendigen fachlichen und interkulturellen Voraussetzungen mit, und auch arrivierte Fachkräfte des alten Systems sind oftmals ungeeignet für diese Aufgabe. Deshalb plädiert Leopold von Carlowitz dafür, neue Wege zu beschreiten, und sieht in jungen, im Westen ausgebildeten Migranten die Fachkräfte und Wanderer zwischen den Welten, die eine erfolgreiche Synthese herstellen können.
Demokratie im Ausnahmezustand
| 2003
Baumgart-Ochse, Claudia (2003): Demokratie im Ausnahmezustand. Israel nach den Wahlen, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Wenn Bürger demokratischer Staaten Krieg ablehnen, zum einen weil die materiellen und menschlichen Kosten dafür zu hoch sind, zum anderen weil moralische Bedenken bestehen: Warum machen israelische Wähler Ariel Sharon zu ihrem Premierminister?
Nicht erst seit der Al Aqsa-Intifada ist Sharon für seinen harten Kurs bekannt. Amram Mitzna, sein Gegner in den letzten Wahlen, ist dagegen zu Friedensverhandlungen mit den Palästinensern bereit. Unter welchen Voraussetzungen sind militärische Mittel also in dieser Demokratie mehrheitsfähig?
Claudia Baumgart beleuchtet die innenpolitische Situation Israels unter dem Eindruck des Terrors. Im permanenten Ausnahmezustand schwinden moralische Einwände und militärische Aktionen werden zu Maßnahmen der Selbstverteidigung erklärt. Auch institutionelle Hemmnisse, die in einer Demokratie gewaltsame Auseinandersetzungen aufhalten sollen, sind geschwächt. Radikale Parteien verzeichnen Zuläufe und haben auf Grund des Wahlsystems überproportional große Macht.
Auch wenn es kein Patentrezept für die Konfliktlösung im Nahen Osten geben kann, regt die Autorin Reformen und Maßnahmen an, die dem Friedensprozess zumindest zu neuem Schwung verhelfen könnten. Zu ihrer Umsetzung ist auch das Engagement internationaler Akteure gefragt. Nur mit ihrer Unterstützung haben gemäßigte Kräfte in Israel eine Chance, sich durchzusetzen.
Wie im Westen so im Süden
| 2003
Zinecker, Heidrun (2003): Wie im Westen so im Süden. Demokratisierung im Spannungsfeld zwischen Universalismus und Partikularismus, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Wenn Demokratie tatsächlich das Regime ist, das die besten Voraussetzungen für friedliche Konfliktlösungen bietet, so folgt daraus, dass Demokratisierung die beste Friedensstrategie darstellt. Doch wie hat der Weg zur Demokratie auszusehen? Und wie lässt sich messen, wie weit Demokratisierung fortgeschritten ist?
Können westliche Demokratien als Vorbilder für „den Süden“ dienen? Oder hat der Westen einen speziellen historischen Weg beschritten, der so für andere Länder der Welt nicht wiederholbar ist? Kann der Westen eine „Messlatte“ für den Süden sein?
Am Beispiel Lateinamerikas stellt Heidrun Zinecker universalistische Ansätze auf den Prüfstand, die das westliche Modell der Demokratie zum unhinterfragbaren Vorbild für Entwicklungsländer machen wollen. Ebenso kritisch betrachtet die Autorin eine extrem partikularistische Interpretation westlicher Demokratisierung, wonach diese nur aufgrund des historisch einmaligen Zusammenspiels von politischer Demokratisierung und wirtschaftlicher Entwicklung möglich war und dementsprechend Demokratisierungsforderungen zurückgewiesen werden.
Wie sich Demokratisierung und Entwicklung heute im Süden zueinander verhalten und ob es einen umsetzbaren Mittelweg zwischen universalistischen und partikularistischen Interpretationen für den Süden geben kann, zeigt die Autorin auf vielschichtige und erhellende Weise.
Die Angst der Friedensmacher vor der Demokratie
| 2003
Moltmann, Bernhard (2003): Die Angst der Friedensmacher vor der Demokratie. Der Friedensprozess in Nordirland in der Krise, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Mit dem Belfast-Abkommen von 1998 gelang es nach langem Verhandeln, eine Übereinkunft zwischen den Konfliktparteien in Nordirland zu erzielen, die auf demokratischer Partizipation aller Gruppierungen und rechtsstaatlichen Prinzipien beruht. Damit trägt das Abkommen dem Grundsatz Rechnung, dass Demokratisierung im Rahmen einer erfolgreichen Friedensstrategie unerlässlich sei.
Allerdings fügte die Verschiebung der Parlamentswahlen im Mai 2003 der Demokratie Schaden zu. Befürchtungen, dass der Wahlausgang extreme Kräfte stärken und den Friedensprozess gefährden könnte, hatten zu diesem Beschluss der Briten geführt.
Bernhard Moltmann untersucht diesen Schritt kritisch, zeigt seine Folgen auf und appelliert an die Friedensmacher, verstärkt eine Vertrauensstrategie zu verfolgen. Dies hieße zum einen, das Vertrauen der Wähler in die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu stärken, indem die Umsetzung des Belfast-Abkommens weiter vorangetrieben wird. Zum anderen sollten Wahlen planmäßig stattfinden und die Friedenssehnsucht der Bevölkerung nicht unterschätzt werden.
Denn auch wenn dies einiger Vorstellungskraft und einigen Mutes bedarf, ist es unumgänglich, sich aus alten Konfliktmustern zu lösen. In diesem Sinne plädiert der Autor für ein Ende von Machtphantasien und setzt statt dessen auf die Macht der Phantasie, um das nachbarschaftliche Zusammenleben friedlich zu gestalten.
Reformziel verfehlt, aber Exekutive gestärkt
| 2003
Müller, Harald (2003): Reformziel verfehlt, aber Exekutive gestärkt. Zu den neuen „Verteidigungspolitischen Richtlinien“, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Die Diskussion um den Bundeswehr-Einsatz im afghanischen Kundus führt die größten Probleme der deutschen Streitkräfte wieder deutlich vor Augen: Sowohl die Struktur des Haushalts als auch die technologische Ausstattung spiegeln die aktuellen Bedürfnisse nicht wider. Entsprechend werden Soldatinnen und Soldaten Gefahren ausgesetzt, die vermeidbar wären.
Auch die Legitimation der Einsätze ist nach wie vor heikel und hinkt der Realität hinterher. Obwohl die Bundeswehr schon längst weltweit an Friedensmissionen beteiligt ist, sieht das Grundgesetz die Aufstellung von Streitkräften lediglich zur Verteidigung des eigenen Landes oder eines Bündnispartners vor. Vor diesem Hintergrund waren die neuen Verteidigungspolitschen Richtlinien (VPR) dringend notwendig.
Harald Müller analysiert das Ergebnis dieser Anstrengungen und prüft, ob sie den Kriterien standhalten, die an Grundsätze für Streitkräfte einer Demokratie anzulegen sind: Wie steht es um die Rechtsbindung und die parlamentarische Kontrolle von militärischen Einsätzen? Bleibt die Unterscheidung zwischen innerer und äußerer Sicherheit mitsamt der daraus folgenden Trennung polizeilicher und militärischer Aufgaben gewahrt?
Neben einer kritischen Bestandsaufnahme bietet Harald Müller Ansätze für eine umfassende Reform an, die nicht nur den Befugnissen der Exekutive zugute kommt, sondern den Streitkräften und der Sicherheit ihrer Mitglieder.
Argentinien nach der Krise
| 2003
Wolff, Jonas (2003): Argentinien nach der Krise. Zur erstaunlichen Stabilität der real-existierenden Demokratie, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
In fast regelmäßigen Abständen gerät Lateinamerika durch Krisen in die Schlagzeilen. Erst vor wenigen Wochen musste der gewählte Präsident Boliviens dem Druck anhaltender Massenproteste weichen, in Venezuela nimmt die Polarisierung zwischen Anhängern und Gegnern des Präsidenten Chávez kein Ende und auch in Ecuador spitzen sich die Konflikte erneut zu. Auch Argentinien bestätigte das Image der ewig instabilen Region: Im Dezember 2001 eskalierte eine schwere Wirtschaftskrise in landesweiten Massendemonstrationen, Staatschef De la Rúa floh per Hubschrauber aus dem Präsidentenpalast.
Im Jahr 2002 folgte die Abwertung der Landeswährung und der fast komplette Zusammenbruch der Wirtschaft. Mit katastrophalen sozialen Folgen: Über die Hälfte der Bevölkerung sank unter die offizielle Armutsgrenze, Arbeitslosigkeit und soziale Ungleich-heit erreichten historische Rekordmarken.
Nach nur zwei Jahren jedoch ist Argentinien zu erstaunlicher Stabilität zurück gekehrt. Der im Mai 2003 gewählte Präsident Kirchner erfreut sich breiter Zustimmung in der Bevölkerung, die Demokratie scheint heute gefestigter denn je. Und das obwohl sich die sozialen Indikatoren kaum verbessert haben.
Die Tiefe der wirtschaftlichen und sozialen Krise steht mithin in deutlicher Spannung zur schnellen Überwindung der politischen Krise. Jonas Wolff untersucht diese unerwartete Entwicklung und die dahinter stehenden Kräfte und Prozesse. Dabei gelangt er zu einem überraschenden Ergebnis.
Demokratie, die Medien und der Irak-Krieg
| 2003
Müller, Harald (2003): Demokratie, die Medien und der Irak-Krieg. Zum Kriegsdiskurs in Europa und Amerika, HSFK-Standpunkt, Nr. 6.
Wie gelingt es einer Regierung, die eigene grundsätzlich kriegsabgeneigte demokratische Bevölkerung von der Notwendigkeit militärischer Einsätze zu überzeugen? Und wenn es gelingt, wie kann die Zustimmung auch dann erhalten werden, wenn später Nachrichten über Verluste und Opfer auf beiden Seiten nicht abreißen?
Im Fall des Irak-Krieges hat die Regierung der Vereinigten Staaten ihre Staatsbürger überzeugen können, dass es keine Alternative zu einer militärischen Auseinandersetzung gäbe, um die nationale Sicherheit zu gewährleisten. Die Mehrheit der Amerikaner glaubt noch immer, dass Saddam Hussein über Massenvernichtungswaffen verfügt und mit der Terrororganisation Al-Qaida kooperiert - auch wenn es bis heute keine stichhaltigen Beweise für diese These gibt. Allerdings nimmt die Unterstützung für den Irak-Krieg beständig ab, seitdem die Zahl der Opfer auch nach der offiziellen Beendigung der Kampfhandlungen wöchentlich ansteigt.
In Großbritannien ist die Zustimmung zu Anfang des Krieges inzwischen in eine Ablehnung umgeschlagen, in anderen europäischen Ländern wurde und wird kontrovers diskutiert, selbst wenn die Gegnerschaft meist überwog.
Harald Müller vergleicht am Beispiel des Irak-Kriegs die öffentlichen Diskurse beiderseits des Atlantiks im Spiegel der Medien. Ein besonderes Augenmerk legt er auf die Berichterstattung in Zeiten "eingebetteter Journalisten", denn die Botschaft "ich bin dabei gewesen" spielt für die Glaubwürdigkeit der Berichte eine Schlüsselrolle.
Humanitäre Hilfe unter Beschuss
| 2003
Götze, Catherine (2003): Humanitäre Hilfe unter Beschuss. Das Dilemma von Hilfsorganisationen im Konfliktalltag, HSFK-Standpunkt, Nr. 7.
Demokratien verstehen sich als Systeme mit einem humanitären Gewissen. In dieser Vorstellung hat jeder Mensch ein Anrecht auf physische Unversehrtheit und Menschenwürde - ganz unabhängig davon, welcher Nationalität, Ethnie, Religion oder Geschlecht er angehört. Aus diesem Selbstverständnis heraus erklärt sich das Engagement zahlreicher internationaler Hilfsorganisationen in Kriegs- und Krisengebieten.
So nachvollziehbar und gut die Motive für Hilfe sind, so problematisch ist ihre Umsetzung. Denn humanitäre Hilfe ist auf die Anerkennung ihrer Neutralität und Unabhängigkeit von staatlichen Akteuren angewiesen. Doch schafft Hilfe auch immer Abhängigkeiten und wird mancherorts als Demonstration von Wohlstand und Übermacht empfunden.
So sind Helfer auch selbst gefährdet, etwa wenn Konvois mit Hilfsgütern in unsicherem, unüberschaubarem Terrain schlicht zur leichten Beute werden. Die daraus resultierenden Gefahren für ihr Personal stellen Hilfsorganisationen vor neue Fragen: Ist es zu verantworten, dass teilweise unerwünschte Helfer zu Opfern werden? Sollen sie sich zurückziehen und andererseits den Bedürftigen die Hilfe verweigern? Sollen Soldaten für den Schutz der Organisationen sorgen? Und was passiert dann mit der essenziellen Trennung zwischen staatlichem und privatem Handeln?
Catherine Götze diskutiert diese Fragen und plädiert dafür, dass sich humanitäre Hilfe wandeln muss in Zeiten einer Kriegführung, in denen Regeln der Genfer Konventionen oft nicht mehr gelten.
Gut gemeint oder gut – wie humanitär sind "humanitäre Interventionen"?
| 2003
Meyer, Berthold (2003): Gut gemeint oder gut – wie humanitär sind "humanitäre Interventionen"?, HSFK-Standpunkt, Nr. 8.
Bilder und Nachrichten von dem Elend verfolgter Volksgruppen, Flüchtlingsströmen und Völkermord lassen immer wieder schnell den Ruf nach einem Eingreifen laut werden. Wenn Teile einer Bevölkerung einem Despoten oder einer anderen verfeindeten Gruppe schutzlos ausgeliefert sind, widerstrebt dies Staaten, die an eine demokratische Grundordnung glauben und sie möchten nicht mitschuldig werden, indem sie Unrecht einfach geschehen lassen.
Allerdings ist nicht garantiert, dass sich eine Intervention am Ende als so "humanitär" erweist wie sie beabsichtigt war. Zumal das Vorrücken eines Staates oder einer Koalition von Staaten auf das Hoheitsgebiet eines anderen Staates völkerrechtlich nur mit einem Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zulässig ist.
Schon das Abwägen, ob eine humanitäre Intervention stattfinden soll, erfordert umfangreiche Kenntnisse des Konflikts und die Beachtung einer Reihe von Kriterien. Letztere diskutiert Berthold Meyer und legt dar, wann eine Aufgabe des Gewaltverbots gerechtfertigt ist, denn dazu reichen der Wunsch, dem Morden Einhalt zu gebieten, und Professionalität in der militärischen Durchführung allein nicht aus. Erst wenn gewährleistet ist, dass eine Intervention das Leid nicht noch vergrößert, sondern dazu beiträgt, mit verhältnismäßigen Mitteln den Konflikt dauerhaft zu befrieden, kann sie tatsächlich als "gut" und nicht nur als "gut gemeint" bezeichnet werden.
Ein Profi diplomatischer Balance
| 2003
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2003): Ein Profi diplomatischer Balance. Dokumentation der Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2003 an Lakhdar Brahimi, HSFK-Standpunkt, Nr. 9.
Lakhdar Brahimi trug maßgeblich zu den ersten Erfolgsnachrichten bei, die auf ein friedliches Afghanistan der Zukunft hoffen ließen, als die Petersberg-Verhandlungen im Dezember 2001 in ein Abkommen mündeten, das alle Verhandlungspartner unterzeichneten. Diese Vermittlungsleistung brachte dem Algerier den Titel "Der Zauberer vom Petersberg" (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung) ein. Tatsächlich war es weniger Zauberei als seine Fähigkeit, die richtige Balance zwischen Verständnis und Nachdruck zu finden, der ein Zustandekommen der Loya Jirga zu verdanken ist.
Sein Name steht jedoch nicht nur für die Verantwortung, die er als UN-Sonderbeauftragter für Afghanistan übernahm. Der von ihm im Jahr 2000 vorgelegte "Brahimi-Report" veranlasste eine Wende der UN-Politik vom Peace Keeping hin zu Peace Operations.
Für seine Beiträge zur Friedenskonsolidierung wird Lakhdar Brahimi mit dem diesjährigen Hessischen Friedenspreis der Albert-Osswald-Stiftung ausgezeichnet.
Die Laudatio auf dem Festakt im Wiesbadener Landtag am 26. Juni hielt die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Heidemarie Wieczorek-Zeul. Ihre Rede sowie die Dankesworte des Geehrten dokumentieren wir neben den Reden von Landtagspräsident Norbert Kartmann, der Staatsministerin und stellvertretenden Ministerpräsidentin Hessens Karin Wolff und dem Kuratoriumsvorsitzenden Staatsminister a.D. Karl Starzacher.
Im Spannungsfeld von Sicherheit und Freiheit
| 2002
Meyer, Berthold (2002): Im Spannungsfeld von Sicherheit und Freiheit. Staatliche Reaktionen auf den Terrorismus, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Am 14. Dezember 2001 verabschiedete der Deutsche Bundestag das "Sicherheitspaket II", mit dem ein Ausgreifen des internationalen Terrorismus auf die Bundesrepublik Deutschland unterbunden werden soll. Der vorgesehene Kompetenzzuwachs für die Sicherheitskräfte (Bundesgrenzschutz, Bundeskriminalamt, Bundesnachrichtendienst, Militärischer Abschirmdienst, Verfassungsschutz) zieht jedoch Einschränkungen bei den Freiheitsrechten unbescholtener Bürgerinnen und Bürger nach sich. Dies betrifft besonders das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und den Datenschutz. Der vorliegende HSFK-Standpunkt geht von dem unvermeidlichen Spannungsverhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit in modernen Demokratien aus und betrachtet vor diesem Hintergrund das Zustandekommen des Bundestagsbeschlusses mit einem kleinen Seitenblick auf die amerikanische Anti-Terror-Gesetzgebung. Da mit dem neuen Gesetz das Problem einer angemessenen Terrorismusbekämpfung unter Wahrung größtmöglicher Freiheit der Bürger noch nicht vom Tisch ist, sondern noch weitere Beschlüsse anstehen - wobei es unter anderem um die Frage der Aufnahme "biometrischer Daten" in die Personalausweise und Reisepässe geht - sollte die Gesetzgebung auf das Notwendigste beschränken und alle Gesetze in diesem Bereich nur "auf Zeit" beschlossen werden, um zu verhindern, dass bei der Freiheitsbeschränkung die Ausnahme zur Regel wird.
Gewaltprävention durch Demokratisierung?
| 2002
Schlotter, Peter (2002): Gewaltprävention durch Demokratisierung?. Mazedonien zwischen Krieg und Frieden, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Im Sommer 2001 fuhr die NATO nach den Erfahrungen des Kosovo-Krieges in Mazedonien eine "Ernte" ein, die den instabilen Balkanstaat vor einer ähnlichen Entwicklung bewahren sollte: "Essential Harvest" lautete der eindrucksvolle Name für die Entwaffung albanischer Rebellen durch rund 4800 Soldaten aus 17 Mitgliedsländern des Atlantischen Bündnisses.Parallel dazu wurde auf massiven Druck der Europäischen Union (sowie der NATO) eine neue Verfassung eingeführt, die auch von den Albanern anerkannt und getragen wird. Ob diese rechtliche Grundlage allerdings ein stabiles Fundament für ein gewaltfreies Zusammenleben der mazedonischen Mehrheit und der albanischen Minderheit bildet, muss die Zukunft zeigen. Peter Schlotter untersucht in diesem HSFK-Standpunkt am Beispiel der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik die Chancen und Probleme von Demokratisierungsprozessen in ethnisch gespaltenen Gesellschaften. Zentrale Aspekte sind dabei die schwierige Staatsbildung Mazedoniens, die ambivalenten Konsequenzen demokratischer und nationaler Selbstbestimmung sowie nicht zuletzt die Rolle und die Aufgaben der internationalen Institutionen. Eine Demokratie, die in vielen Bereichen auf ethnischem Proporz beruht, hat nur dann eine Zukunft, wenn sie von außen - vor allen von der EU - massiv unterstützt wird. Mazedonien braucht eine verlässliche Perspektive für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union.
Menschliches Leid durch überlegene Feuerkraft
| 2002
Wisotzki, Simone (2002): Menschliches Leid durch überlegene Feuerkraft. Demokratien und der Einsatz von Streubomben im Krieg, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
"Auch die Truppen der NATO haben für die Folgen der Luftoperation teuer bezahlt", konstatiert General Klaus Reinhardt in seinen Tagebuchaufzeichnungen als deutscher Kommandeur im Kosovo und beschreibt die Gefahren von Blindgängern für die eigenen Truppen. Doch nicht nur in den Kriegen auf dem Balkan, auch in Afghanistan setzen die NATO bzw. die USA und Großbritannien Streubomben ein - also Waffen, die die Verhältnismäßigkeit in der Kriegsführung konterkarieren, da ihnen nicht nur Soldaten, sondern auch Zivilisten zum Opfer fallen.
In ihrem HSFK-Standpunkt diskutiert die Autorin deshalb das Verhältnis dieser Waffentechnologie zu den Prinzipien des humanitären Völkerrechts.Im Vordergrund steht dabei der Widerspruch in der Kriegsstrategie von Demokratien, die Opfer vermeiden wollen, aber durch den Einsatz von Streubomben unkalkulierbare "Kollateralschäden" in Kauf nehmen. Einen weiteren Aspekt bilden die daraus resultierenden, nicht unerheblichen Kriegsfolgekosten im Irak, im Kosovo und in Afghanistan.
Ob die Initiativen verschiedener Nichtregierungsorganisationen, den Einsatz von Streubomben zu beschränken oder gar zu verbieten - vergleichbar dem Ottawa-Vertrag von 1997 zu Anti-Personenminen -, Eingang in das Völkerrecht finden, scheint ungewiss. Afghanistan hat gezeigt, dass auch in den Kriegen der Demokratien die Schonung der Zivilbevölkerung nicht an erster Stelle steht.
Zwischen Information, Inszenierung und Zensur
| 2002
Müller, Harald (2002): Zwischen Information, Inszenierung und Zensur. Zum Verhältnis von Demokratie, Krieg und Medien, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Der Krieg gegen den Irak 1991 und der Krieg gegen Afghanistan zehn Jahre später begannen nahezu identisch - mit dem grünlichen Flimmern der CNN-Live-Übertragungen. Doch ebenso wenig wie sich die Bilder verändert haben, hat sich der Diskurs über den Krieg gewandelt.
Harald Müller beleuchtet in seinem neuen HSFK-Standpunkt anhand der Kriege, die westliche Demokratien nach dem Ende des Kalten Krieges geführt haben, die politischen Argumentationsmuster vor, in und nach militärischen Auseinandersetzungen. Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Rolle der Medien.
Wie bereitet man demokratische Gesellschaften, die eigentlich friedliche Konfliktlösungen vorziehen, auf Kriege vor, überzeugt Mehrheiten von der Notwendigkeit militärischer Einsätze? Wie können sich Journalisten ein eigenes Bild vom Kriegsgeschehen machen, wenn Regierungen und Militär über ein Informationsmonopol verfügen? Doch nicht nur die offiziellen und kontrollierten Nachrichten beeinflussen das Bild vom Krieg als einer perfekten Operation. Der Blick auf Quoten und Auflagen macht das dramatische Ereignis - möglichst mit einem human touch - zum Mittelpunkt vieler Medienberichte und drängt die differenzierte Hintergrundanalyse an den Rand. Würden Politik, Militär und Medien den Nachkriegsdiskurs zum Anlass nehmen, eine umfassende Bilanz zu ziehen, so könnten sich daraus Lehren für die nächsten Entscheidungen um Krieg und Frieden ergeben.
Angst vor Bindung?
| 2002
Deitelhoff, Nicole (2002): Angst vor Bindung?. Das ambivalente Verhältnis von Demokratien zum Internationalen Strafgerichtshof, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
Die Idee internationaler Tribunale zur Strafverfolgung von Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gibt es schon lange. Die Prozesse von Nürnberg und Tokio waren historische Vorläufer der späteren Tribunale für die Ahndung von Kriegsverbrechen in Ruanda und Jugoslawien. Während hier Gewaltherrscher angeklagt und verurteilt wurden, kam in anderen Fällen, wie etwa Kambodscha, kein Tribunal zum Einsatz.
Nicole Deitelhoff analysiert im vorliegenden HSFK-Standpunkt, weshalb es notwendig ist, eine solche Gerichtsbarkeit "à la carte" zu beenden und das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit durch die Einrichtung eines internationalen Strafgerichts auch in die zwischenstaatlichen Beziehungen zu übertragen.
Von demokratischen Staaten wäre zu erwarten, dass sie einen solchen Schritt ausnahmslos begrüßen und unterstützen. Schließlich folgen demokratische Systeme dem Primat des Rechts. Tatsächlich existieren jedoch massive Widerstände, vor allem durch die "Superdemokratie" USA, zu deren Selbstbild es nicht passt, möglicherweise Rechenschaft vor einem "Schurkengericht" ablegen zu müssen. Die Angst, Kompetenzen an eine über- bzw. außerstaatliche Instanz abzugeben, spielt mit Ressentiments gegenüber Nicht-Demokratien zusammen.
Doch stellen Versuche, einen Sonderstatus einzunehmen, das ganze Unternehmen in Frage, da nur die Schaffung eines für alle gleichermaßen verbindlichen Rechtssystems Chancen für einen dauerhaften Frieden eröffnet.
Gegengewicht Demokratisierung
| 2002
Wagner, Wolfgang (2002): Gegengewicht Demokratisierung. Der Europäische Verfassungskonvent und die Politik der inneren Sicherheit in Europa, HSFK-Standpunkt, Nr. 6.
Spätestens seit dem 11. September 2001 ist eine Schattenseite der globalisierten Welt in den Blickpunkt gerückt: Auch Kriminalität und Terrorismus sind längst grenzüberschreitende Phänomene, die folglich nicht mehr auf der Ebene der Nationalstaaten allein bekämpft werden können.
Die Bemühungen um eine effektivere internationale Kooperation im Bereich der inneren Sicherheit haben durch die terroristischen Anschläge in New York und Washington neue Dynamik erhalten. Innerhalb der Europäischen Union arbeiten die Innen- und Justizminister intensiver zusammen und haben Institutionen wie Europol weiter gestärkt. Doch die vergrößerten Handlungsspielräume für die Herstellung innerer Sicherheit gehen mit einer Erschwerung von parlamentarischer Kontrolle und Grundrechtsschutz einher.
Zur Zeit setzt sich insbesondere der europäische Verfassungskonvent in Brüssel für eine Demokratisierung der Politik innerer Sicherheit ein. Der Autor stellt die verschiedenen Möglichkeiten vor und zeigt, dass Verbesserungen beim Grundrechtsschutz und bei der parlamentarischen Kontrolle möglich sind, ohne Kompetenzen an die Nationalstaaten zurückgeben zu müssen. Nehmen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Vorschläge des Konvents an, wäre dies ein großer Schritt in Richtung einer demokratischen Gemeinschaft der inneren Sicherheit, in der Kompetenzen und Kontrollmechanismen ausgewogen verteilt sind.
Mit Gewalt ins Paradies
| 2001
Büttner, Christian (2001): Mit Gewalt ins Paradies. Psychologische Anmerkungen zu Terror und Terrorismus, HSFK-Standpunkt, Nr. 7.
Terrorismus gehört - neben dem Amoklauf - zu den am wenigsten verständlichen Gewalttaten von Menschen gegen Menschen. Schon der Versuch, überhaupt einen verstehenden Zugang zum Phänomen Terrorismus aufzubringen, wird von vielen für ethisch fragwürdig gehalten. Der Gebrauch des Wortes Terrorist mit seiner normalen Fracht von Hass, Angst und Verdammung - so Eileen MacDonald - schließe ein angemessenes Urteil über dieses komplexe Thema aus. Terrorismus ist ein äußerst vager Begriff, der dazu benutzt wird, um primär aus der Opferperspektive die Urheber physischer oder psychischer Gewalt zu bezeichnen, während niemand auf die Idee käme, sein eigenes gewaltsames Handeln Terrorismus zu nennen. Vielmehr handelt man als Mitglied einer nationalen Bewegung, das für die Freiheit kämpft, als Kampfer einer revolutionären Bewegung, das den gesellschaftlichen Umsturz um größerer Gerechtigkeit willen anstrebt, oder als Angehöriger einer staatlichen Organisation, die mit militärischen Mitteln oder verdeckter Gewalt den Willen ihrer Regierung durchzusetzen bestrebt ist. Nun ist auch nicht jeder Einsatz von Gewalt Terror, vielmehr ist dieser Begriff nur angemessen, wenn durch die Gewalttat Angst und Schrecken über diejenigen Menschen hinaus verbreitet wird, die ihre unmittelbaren Opfer sind. Gibt es also den Terrorismus? Die Terroristen? Wer sind die Opfer? Können auch Terroristen Opfer sein, wie in einem der Bin-Laden-Videos behauptet wird? Wie wird man zu einem Terroristen?
Der 11. September als Quittung?
| 2001
Schoch, Bruno (2001): Der 11. September als Quittung?. Nicht das Sündenregister der USA, die versäumte Demokratisierung ist die Ursache des Terrorismus, HSFK-Standpunkt, Nr. 6.
Osama Bin Laden sei "der brutale Zwilling alles angeblich Schönen und Zivilisierten", in gewissem Sinne von den Amerikanern "erfunden", schrieb die indische Schriftstellerin Arundhati Roy in einem viel zitierten Essay eine Woche nach den Terroranschlägen von New York und Washington. Seither füllt die Diskussion um Täter und Opfer, Ursachen und Wirkungen des neuen internationalen Terrorismus die Feuilletons. Dabei werden antiamerikanische Feindbild-Stereotypen aus der ideologischen Mottenkiste hervorgekramt und die Ereignisse des 11. September als Antwort der Globalisierungsverlierer interpretiert. Vor diesem Hintergrund will der vorliegende HSFK-Standpunkt Begrifflichkeiten differenzieren und Unterschiede hervorheben. Gewalt und Gewalt ist nicht immer gleichzusetzen, ebenso wie Terrorismus und Terrorismus nicht dasselbe sind. In diesem Zusammenhang steht auch die kritische Auseinandersetzung mit der These, nach der sich die USA das Attentat gewissermaßen selbst zuzuschreiben hatten. Um die Ursachen des 11. September wirklich umfassend analysieren zu können, gilt es vielmehr, den Blick auf die steckengebliebene Modernisierung der islamischen Länder zu richten. Da fehlende Reformen den Nährboden für Gewalt und Fundamentalismus bilden, muss es das zentrale Interesse des Westens sein, Demokratisierung und Liberalisierung in der islamischen Welt zu fördern.
Den Schock verarbeiten
| 2001
Müller, Harald (2001): Den Schock verarbeiten. Nach dem 11. September - von der Sprache des Terrors zu politischen Handlungsoptionen, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Der Terrorismus als besonders drastische Form der Gewalt ist unter den heutigen sicherheitspolitischen Bedingungen ein wichtiger Gegenstand der Friedensforschung. Die Bilder des 11. September haben viele zunächst sprachlos gemacht, um dann eine Flut von Fragen aufzuwerfen, getragen von dem Wunsch nach Erklärungen für bis dahin kaum Vorstellbares. Welch prägende Wirkung die Sprache in diesen Kontext besitzt, zeigen die politischen Debatten und Schlagzeilen der Medien der vergangenen Wochen. Deshalb setzt der vorliegende HSFK-Standpunkt bei der Begriffsbestimmung an, wenn er die Rhetorik von "Krieg", "Kreuzzug" und "Kampf der Kulturen" kritisch hinterfragt. Sollte man nicht, anstatt von einer "Zeitenwende" zu reden, den 11. September in der Entwicklung des Terrorismus verorten und die Bedingungen für seine Entstehung analysieren? Wird es nicht Zeit, über die Notwendigkeiten einer gemeinsamen Weltsicherheitspolitik nachzudenken? Welche Wege der multilateralen Zusammenarbeit müssen beschritten werden, um dieser massenmörderischen Form des internationalen Terrorismus wirkungsvoll zu begegnen? Militärische Operationen - wenn sie denn überhaupt sinnvoll sind - allein führen dabei nicht zum Ziel, sondern sollten durch innen- und rechtspolitische Maßnahmen und eine globalen Kooperation ergänzt werden. Letztendlich muss es vor allem darum gehen, den Gründen des Terrorismus politisch und ökonomisch entgegenzuwirken.
Demokratischer Frieden durch überlegene Feuerkraft?
| 2001
Schörnig, Niklas (2001): Demokratischer Frieden durch überlegene Feuerkraft?. Zum ambivalenten Verhältnis von Demokratien und moderner Rüstungstechnologie, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
In Tim Burtons Film "Mars Attacks" beschwichtigt ein Wissenschaftler den angesichts der anfliegenden Marsianer verunsicherten Präsidenten: "Offensichtlich sind sie uns technologisch weit überlegen. Je höher der technologische Stand einer Zivilisation, desto friedlicher ist sie. Sie haben also von uns mehr zu befürchten, als wir von ihnen!" Diese Aussage entspricht dem Selbstverständnis moderner Demokratien: Hochgerüstet mit modernsten Waffensystemen, aber dennoch friedlich. Die Statistiken geben dieser Selbsteinschätzung teilweise Recht: Demokratien führen keine Kriege gegeneinander, ein Umstand, der in der Literatur als "Demokratischer Frieden" bezeichnet wird. Auch deuten neuere Studien an, dass sie insgesamt friedfertiger als Nichtdemokratien zu sein scheinen. Gleichzeitig verfügen viele Demokratien auch über die modernsten Rüstungsgüter und investieren hohe Summen in die Entwicklung noch fortschrittlicherer Waffensysteme. Brauchen sich deshalb andere Staaten nicht vor Demokratien zu fürchten und gehen sie wirklich vernünftig und friedfertig mit ihren überlegenen Waffen um? Ist Rüstungsforschung gar eine Friedensstrategie im Sinne des Eingangszitates? Ohne das Ende des Films verraten zu wollen: Die Antwort fällt leider ernüchternd aus. In diesem Standpunkt wird deshalb das Verhältnis von Demokratien, Wohlstand und Rüstungsforschung betrachtet und auf die ihm innewohnenden Ambivalenzen und Brüche - seine Antinomien - hin untersucht.
Sind Demokratien wirklich friedlich?
| 2001
Müller, Harald (2001): Sind Demokratien wirklich friedlich?. Zum neuen Forschungsprogramm der HSFK "Antinomien des demokratischen Friedens", HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Im vergangenen Jahr wurde mit der Entwicklung der "Antinomien des demokratischen Friedens" der Forschungsarbeit der Stiftung eine neue, vor allem aber eine gemeinsame Richtung gegeben. Nun gilt es, das Programm in den kommenden Jahren in Einzelprojekten konkret umzusetzen, diese aufeinander abzustimmen und gruppenübergreifende Forschungsvorhaben zu erarbeiten. Eine zentrale Rolle spielt dabei die profilierte Präsentation des Programms und seiner künftigen Ergebnisse. Ein Beispiel hierfür sind die HSFK-Standpunkte, die von dieser Ausgabe an nicht nur eine neue Gestalt, sondern mit den Beiträgen zum demokratischen Frieden darüber hinaus einen programmatischen Untertitel erhalten haben. Mit der Leitfrage "Sind Demokratien wirklich friedlich?" führt Harald Müller zum einen in die neu konzipierte Reihe, zum anderen in die Grundsatzfragen des neuen Forschungsprogramms ein und unterstreicht in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer stets selbstkritischen Reflexion der scheinbar selbstverständlichen Interdependenzen von Demokratie und Frieden. Da sich die Perspektiven des Programms in den einzelnen Publikationsreihen widerspiegeln, werden sich die Autorinnen und Autoren in ihren Beiträge - wenn auch nicht ausschließlich, so doch schwerpunktmäßig - mit den verschiedenen Aspekten des demokratischen Friedens auseinandersetzen, aber auch weiterhin Standpunkt zu aktuellen Thesen und Themen der Friedens- und Sicherheitspolitik beziehen.
Vor dem Sprung in eine neue Ära. Die deutsche Rüstungsexportpolitik
| 2001
Moltmann, Bernhard (2001): Vor dem Sprung in eine neue Ära. Die deutsche Rüstungsexportpolitik, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
"Hilfe bei der Sisyphusarbeit"
| 2001
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2001): "Hilfe bei der Sisyphusarbeit". Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2001 an Max van der Stoel, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
Knapp neun Jahre, von 1993 bis Juni 2001, bestand eine der wichtigsten Aufgaben von Max van der Stoel darin, "Schlagzeilen zu verhindern". Mit diesen Worten beschreibt der ehemalige Hohe Kommissar für nationale Minderheiten der OSZE seine "stille Diplomatie" in Mittelost- und Südosteuropa. Der Niederländer gab mit seiner Vermittlungstätigkeit Beispiele für eine moderne Sicherheitspolitik, mit der nicht nur die Symptome von Gewalt - meistens zu spät - bekämpft, sondern deren Ursachen beseitigt werden. Für ihn gehört das Verständnis für und das Aufgreifen von Minderheitenanliegen zu "good governance". Die Gewährung von Menschen- und Bürgerrechten für alle Bevölkerungsteile spielt dabei eine zentrale Rolle, da sie die Grundlage für einen konstruktiven Dialog bilden, aus dem Vertrauen und Kooperation erwachsen können. Van der Stoel entwickelte die Konfliktprävention zu einem erfolgreichen friedenspolitischen Instrument und wurde für sein Engagement ohne Einmischung mit dem diesjährigen Hessischen Friedenspreis der Albert-Osswald-Stiftung ausgezeichnet. Laudator auf dem Festakt im Wiesbadener Landtag am 21. Juni war der frühere österreichische Bundeskanzler Franz Vranitzky. Seine Rede sowie die Dankesworte des Geehrten dokumentieren wir neben den Reden von Landtagspräsident Klaus Peter Möller, Hessens Innenminister Volker Bouffier und dem Kuratoriumsvorsitzenden Ernst-Otto Czempiel.
Transformation zur Demokratie
| 2000
Fischer, Sabine (2000): Transformation zur Demokratie. Wo steht Russland nach einem Jahr Putin?, HSFK-Standpunkt, Nr. 7.
Auf dem Weg zur Gleichstellung
| 2000
Büttner, Christian (2000): Auf dem Weg zur Gleichstellung. Entwicklungsförderung von Jungen und Mädchen in Kindertagesstätte und Hort, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
Wehrpflicht am Ende?
| 2000
Meyer, Berthold (2000): Wehrpflicht am Ende?. Freie Berufswahl und freiwillige Dienste als Alternative, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Eine Wahl - keine Entscheidung
| 2000
Spanger, Hans-Joachim (2000): Eine Wahl - keine Entscheidung. Rußland nach der Ära Jelzin, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2000 an Martti Ahtisaari
| 2000
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (2000): Verleihung des Hessischen Friedenspreises 2000 an Martti Ahtisaari, HSFK-Standpunkt, Nr. 6.
Empathie und prosoziales Verhalten in einer Ellenbogengesellschaft?
| 2000
Ostermann, Änne (2000): Empathie und prosoziales Verhalten in einer Ellenbogengesellschaft?, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Nur an Demokratien liefern!
| 2000
Frank, Katja (2000): Nur an Demokratien liefern!. Plädoyer für eine andere Rüstungsexportpolitik, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Nachdenken über mein Jahrhundert
Verleihung des Hessischen Friedenspreises 1999 an Senator George J. Mitchell
| 1999
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (1999): Verleihung des Hessischen Friedenspreises 1999 an Senator George J. Mitchell, HSFK-Standpunkt, Nr. 6/7.
Alarm! Rettet die Rüstungskontrolle!
| 1999
Kelle, Alexander; Müller, Harald (1999): Alarm! Rettet die Rüstungskontrolle!. Das Votum des US-Senats gegen den nuklearen Teststopp, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
Das Atomzeitalter: Zur Gegenwart einer unaufgeklärten Vergangenheit
| 1999
Moltmann, Bernhard (1999): Das Atomzeitalter: Zur Gegenwart einer unaufgeklärten Vergangenheit, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Von der kollektiven Verteidigung in Europa zur weltweiten Intervention?
| 1999
Dembinski, Matthias (1999): Von der kollektiven Verteidigung in Europa zur weltweiten Intervention?. Das neue strategische Konzept der Kosovo-Krieg und die Zukunft der NATO, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Weltbürger und Vigilanten
| 1999
Brock, Lothar (1999): Weltbürger und Vigilanten. Lehren aus dem Kosovo-Krieg, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Asiatische Weltsichten
| 1999
Kreuzer, Peter (1999): Asiatische Weltsichten. Der Kosovo als Baustein zur amerikanischen globalen Hegemonie, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Der nahöstliche Frieden - verbaut oder noch zu retten?
| 1998
Meyer, Berthold (1998): Der nahöstliche Frieden - verbaut oder noch zu retten?, HSFK-Standpunkt, Nr. 6.
Der Kampf der Kulturen findet nicht statt
| 1998
Müller, Harald (1998): Der Kampf der Kulturen findet nicht statt, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
Verleihung des Hessischen Friedenspreises 1998 an Alexander Lebed
| 1998
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (1998): Verleihung des Hessischen Friedenspreises 1998 an Alexander Lebed, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Weltpolitische Wasserscheide: Atomtests in Südasien und die Folgen
| 1998
Müller, Harald (1998): Weltpolitische Wasserscheide: Atomtests in Südasien und die Folgen, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Die USA und die UN
| 1998
Brock, Lothar (1998): Die USA und die UN. Reform oder Abbau der Weltorganisation?, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Zivilcourage - eine demokratische Tugend
| 1998
Ostermann, Änne (1998): Zivilcourage - eine demokratische Tugend. Test für die Demokratiefähigkeit einer Gesellschaft, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Globaler Wandel und Staatenpolitik
| 1997
Brock, Lothar (1997): Globaler Wandel und Staatenpolitik. Plädoyer für Mulilateralismus, HSFK-Standpunkt, Nr. 7.
Verleihung des Hessischen Friedenspreises 1997 an Hans Koschnick
| 1997
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (1997): Verleihung des Hessischen Friedenspreises 1997 an Hans Koschnick, HSFK-Standpunkt, Nr. 6.
Jenseits von Nuklearpazifismus und Antiamerkanismus
| 1997
Schlotter, Peter (1997): Jenseits von Nuklearpazifismus und Antiamerkanismus. Zur Aussenpolitik von Bündnis 90/Die Grünen, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
"Das Leben selbst ist lebensgefährlich"
| 1997
Müller, Harald (1997): "Das Leben selbst ist lebensgefährlich". Kritische Anmerkungen zum "erweiterten Sicherheitsbegriff", HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
"´s leider Krieg - und ich begehre nicht Schuld daran zu sein"
| 1997
Moltmann, Bernhard (1997): "´s leider Krieg - und ich begehre nicht Schuld daran zu sein". Die Friedenethik vor neuen Herausforderungen, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Frieden mit Mißhandlern?
| 1997
Büttner, Christian (1997): Frieden mit Mißhandlern?. Sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kinder und die (Friedens-)Moral der westlichen Kulturen, HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Nukleare Abrüstung - neue Schritte sind notwendig
| 1997
Müller, Harald; Frank, Katja (1997): Nukleare Abrüstung - neue Schritte sind notwendig, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Welches Europa soll es sein?
| 1996
Schlotter, Peter (1996): Welches Europa soll es sein?. Gedanken zur Debatte über Maastricht II, HSFK-Standpunkt, Nr. 10.
Adenauerallee und Wilhelmstraße - die Unionsparteien zwischen Europa und Nation
| 1996
Schoch, Bruno (1996): Adenauerallee und Wilhelmstraße - die Unionsparteien zwischen Europa und Nation, HSFK-Standpunkt, Nr. 8.
Kontinuität im Wandel: Russische Perspektiven nach den Wahlen
| 1996
Spanger, Hans-Joachim (1996): Kontinuität im Wandel: Russische Perspektiven nach den Wahlen, HSFK-Standpunkt, Nr. 5/6.
Liberaler Lifestyle statt Außenpolitik?
| 1996
Meyer, Berthold (1996): Liberaler Lifestyle statt Außenpolitik?. Zur "Weltverantwortung" im Karlsruher Programmentwurf der F.D.P., HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Universalismus, kulturelle Differenz und Interessenpolitik
| 1996
Brock, Lothar (1996): Universalismus, kulturelle Differenz und Interessenpolitik. Der Streit um die Menschenrechte (Dokumentation), HSFK-Standpunkt, Nr. 1.
Verleihung des Hessischen Friedenspreises 1996 an Weihbischof Gregorio Rosa Chávez
| 1996
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (1996): Verleihung des Hessischen Friedenspreises 1996 an Weihbischof Gregorio Rosa Chávez, HSFK-Standpunkt, Nr. 11.
Wohin mit der Bundeswehr?
Der umfassende Teststoppvertrag: Kurz vor dem Ziel - oder gescheitert?
| 1996
Schaper, Annette (1996): Der umfassende Teststoppvertrag: Kurz vor dem Ziel - oder gescheitert?, HSFK-Standpunkt, Nr. 7.
Der geplante Forschungsreaktor in Garching
| 1996
Schaper, Annette (1996): Der geplante Forschungsreaktor in Garching. Rückfall in alte Sünderzeiten deutscher Nichtverbreitungspolitik?, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Zwischen Kopftuch und Minirock
Haus Europa - vorschulische Perspektiven europäischer Identität
| 1995
Büttner, Christian (1995): Haus Europa - vorschulische Perspektiven europäischer Identität, HSFK-Standpunkt, Nr. 14.
Die Flankenfrage - Anfang vom Ende der konventionellen Rüstungskontrolle?
| 1995
Schmidt, Hans-Joachim (1995): Die Flankenfrage - Anfang vom Ende der konventionellen Rüstungskontrolle?, HSFK-Standpunkt, Nr. 13.
Europa als Wille ohne Vorstellung. Zur Außen- und Sicherheitspolitik der SPD
| 1995
Spanger, Hans-Joachim (1995): Europa als Wille ohne Vorstellung. Zur Außen- und Sicherheitspolitik der SPD, HSFK-Standpunkt, Nr. 11/12.
Vierzig Jahre Bundeswehr - Wehrpflichtarmee auf immer und ewig?
| 1995
Meyer, Berthold (1995): Vierzig Jahre Bundeswehr - Wehrpflichtarmee auf immer und ewig?, HSFK-Standpunkt, Nr. 10.
Historische Entscheidung? Zur Verlängerung des Atomwaffensperrvertrages
| 1995
Müller, Harald (1995): Historische Entscheidung? Zur Verlängerung des Atomwaffensperrvertrages, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
Tschetschenien und die Folgen: Brauchen wir eine neue Rußland-Politik?
| 1995
Schoch, Bruno; Spanger, Hans-Joachim (1995): Tschetschenien und die Folgen: Brauchen wir eine neue Rußland-Politik?, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Friedensforschung im Zeichen neuer Kriege
Lieber blind als tot? Für ein Verbot von Blendlasern
| 1995
Müller, Harald; Frank, Katja; Kelle, Alexander; Schaper, Annette (1995): Lieber blind als tot? Für ein Verbot von Blendlasern, HSFK-Standpunkt, Nr. 9.
Abschied von der UNO?
| 1995
Czempiel, Ernst-Otto (1995): Abschied von der UNO?. Das Denken über diese Organisation muss reformiert werden, HSFK-Standpunkt, Nr. 8.
Verleihung des 2. Hessischen Friedenspreises 1995
| 1995
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (1995): Verleihung des 2. Hessischen Friedenspreises 1995, HSFK-Standpunkt, Nr. 7.
Berg-Karabach ein Jahr nach dem Waffenstillstand. Welche Chancen hat der Frieden?
| 1995
Dehdashti, Rexane (1995): Berg-Karabach ein Jahr nach dem Waffenstillstand. Welche Chancen hat der Frieden?, HSFK-Standpunkt, Nr. 6.
NATO erweitern oder OSZE stärken?
Nach mehr als 30 Jahren Krieg: Waffenstillstand in Angola
Was kann die KSZE leisten?
| 1994
Schlotter, Peter (1994): Was kann die KSZE leisten?. Eine Bilanz zum Budapester Gipfeltreffen, HSFK-Standpunkt, Nr. 6.
Über den gesellschaftlichen Umgang mit Krieg
| 1994
Büttner, Christian (1994): Über den gesellschaftlichen Umgang mit Krieg. Die Schwierigkeiten der Menschen aus ihrer Geschichte zu lernen, HSFK-Standpunkt, Nr. 5.
Nationalismus und Gewalt - Totgesagte kehren wieder
| 1994
Schoch, Bruno (1994): Nationalismus und Gewalt - Totgesagte kehren wieder, HSFK-Standpunkt, Nr. 3.
Verleihung des 1. Hessischen Friedenspreises 1994
| 1994
Friedens- und Konfliktforschung, Hessische Stiftung (1994): Verleihung des 1. Hessischen Friedenspreises 1994, HSFK-Standpunkt, Nr. 4.
Atomarer Teststopp: Der Countdown hat begonnen
| 1994
Müller, Harald; Dembinski, Matthias; Schaper, Annette (1994): Atomarer Teststopp: Der Countdown hat begonnen, HSFK-Standpunkt, Nr. 2.
Der Friedensprozeß im Nahen Osten
Brüche im Umbruch der Weltpolitik
Wie der Gewalt widerstehen?
| 1993
Krell, Gert; Koppe, Karlheinz (1993): Wie der Gewalt widerstehen?. Die Frage legitimer Gegengewalt als ethisches und politisches Problem (Krell) mit Anmerkungen eines praktizierenden Pazifisten (Koppe), HSFK-Standpunkt, Nr. 2/3.