Hessischer Friedenspreis 2013 für Imam Dr. Muhammad Ashafa und Pastor Dr. James Wuye

Der Hessische Friedenspreis 2013 wird zum ersten Mal in seiner Geschichte an zwei Personen verliehen: die Gründer des Interfaith Mediation Centre, Imam Dr. Muhammad Ashafa und Pastor Dr. James Wuye aus Nigeria.

Die Laudatio für die Preisträger wird Prof. Dr. Dirk Messner, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik, halten.

Die Preisverleihung findet am Mittwoch, 30. Oktober 2013, um 11 Uhr im Musiksaal des Hessischen Landtags statt.


Dies gaben der Präsident des Hessischen Landtags, Norbert Kartmann, der Vorsitzende des Kuratoriums Hessischer Friedenspreis, Staatsminister a.D. Karl Starzacher, und das geschäftsführende Vorstandsmitglied der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, Prof. Dr. Harald Müller, am 19. September 2013 in Wiesbaden bekannt.


Professor Müller begründete die Vergabe des Preises an Muhammad Ashafa und James Wuye:


„Der Imam Muhammad Ashafa stammt aus einer muslimischen Familie, welche seit der Kolonialisierung durch Großbritannien im 19. Jahrhundert Widerstand gegen den westlich-christlichen Einfluss in Nigeria geleistet hat. Er selbst distanzierte sich vom öffentlichen Bildungssystem, da seiner Überzeugung nach alles Wissenswerte im Koran zu finden sei.


James Wuye ist Pastor in einer evangelischen Kirchengemeinde in Nigeria. Als er in seiner Jugend einer Predigt zuhörte, fühlte er sich direkt von Gott angesprochen und engagierte sich seitdem in der Kirche in einem christlichen Jugendverband (CVJM von Nigeria). Deren Aufgabe war es, auch die christliche Minderheit in Nigeria vor den muslimischen Einflüssen zu schützen.

 

Die beiden Preisträger waren 1992 noch Feinde. Muhammad Ashafa gehörte einer radikalen islamistischen Organisation an, während James Wuye für eine militant-fundamentalistisch-christliche Miliz kämpfte. Die interethnischen Kämpfe sorgten in der Region um die Provinzhauptstadt Kaduna im Norden von Nigeria für Zerstörung, Leid und Tod - fast 3 Jahre lang. Der Imam verlor 2 Vettern, sowie seinen alten theologischen Lehrer. James Wuye musste die rechte Hand amputiert werden.


Muhammad Ashafa war es schließlich, der die Initiative zur Überwindung des Kreislaufes aus Gewalt und dem damit verbundenden Leid ergriff. Durch viele Gespräche miteinander wich das Misstrauen so weit, dass gegenseitige Besuche in Moschee und Kirche möglich wurden. Die Preisträger standen zu dieser Zeit unter einem enormen Druck seitens ihrer Religionsgemeinschaften, da diese ihren Wandel nach jahrelanger gegenseitiger Bekämpfung nicht nachvollziehen konnten. Durch ihre innere Überzeugung, dass man diese interreligiösen Konflikte auch friedlich lösen könne und dies auch müsse, begannen Ashafa und Wuye zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln.


2001 kam es zu erneuten gewaltintensiven Konflikten zwischen den beiden Religionen in Kaduna. Daraufhin gründeten die beiden Geistlichen das „Interfaith Mediation Centre“. Ausgebildete Teams dieses Zentrums werden immer wieder in Krisengebieten eingesetzt, um dort bei Konflikten zu vermitteln. Im Zuge eines langen Prozesses mit dem Ziel der Vertrauensbildung zwischen den beiden Religionen gelang es ihnen, die Konfliktsituation um Kaduna zu entspannen. 2002 kam es durch die gemeinsame Initiative der Preisträger zu der Unterzeichnung einer Friedenserklärung, welche von mehreren christlichen und muslimischen Vertretern unterstützt wurde. Diese Friedenserklärung (Kaduna Peace Declaration of Religious Leaders) gilt heute noch als Modellbeispiel für den religiösen Frieden im Norden von Nigeria.


Als im September 2005 durch die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in der dänischen Tageszeitung Jylland-Posten ein Flächenbrand im Norden Nigerias drohte, griffen Ashafa und Wuye bereits Stunden nach der Veröffentlichung in den Konflikt ein, indem sie christliche Kirchenführer dazu brachten, diese Karikaturen öffentlich zu verurteilen. Dadurch wurde eine mögliche Eskalation mit vielen Toten verhindert.


Inzwischen entwickelten Ashafa und Wuye ein Schulcurriculum, welcher zum Religionsfrieden beiträgt und bereits in über 30 Schulen in Nordnigeria eingesetzt wird. Auch entstanden durch sie Friedenscamps mit dem Ziel, Feindbilder abzubauen bei radikalen Jugendlichen. Dort werden Frauen als Mediatorinnen trainiert und zur Vermittlung bei Konflikten eingesetzt. Diese Strategie wird ebenfalls in Nordghana, Burundi und Kenia angewandt.“

 

Text: Pressestelle des Hessischen Landtags

Fotos: Stiftung die schwelle – Beiträge zum Frieden, Bremen

 

Die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger des Hessischen Friedenspreises