Forschungszentrum Transformations of Political Violence
Die Geschichte moderner Gesellschaften und der internationalen Beziehungen wird üblicherweise als ein schrittweiser Verzicht auf Gewalt erzählt. Von einer Überwindung organisierter Gewalt kann allerdings keine Rede sein. Aktuelle Tendenzen weisen vielmehr in die entgegengesetzte Richtung: Das weltweite Konfliktgeschehen hat an Intensität wieder zugenommen; Globalisierung und technologischer Wandel ermöglichen neue Formen kriegerischer und terroristischer Gewalt. Diese Entwicklungen verweisen auf Transformationen, die existierende Normen und Praktiken zur Einhegung politischer Gewalt herausfordern. Das Forschungszentrum „Transformations of Political Violence“ (TraCe) untersucht diese Entwicklungen mit dem Ziel, die Konsequenzen für den innergesellschaftlichen und internationalen Frieden zu identifizieren und Strategien zur Eindämmung politischer Gewalt unter den sich verändernden Bedingungen zu entwickeln.
Das Forschungszentrum „Transformations of Political Violence“ ist ein Kooperationsprojekt des Peace Research Institute Frankfurt (PRIF), der Goethe-Universität Frankfurt, der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Universität Darmstadt. Die Idee zu diesem Verbundprojekt entstand im Rahmen der engen Kooperation von PRIF und Goethe-Universität (Normative Orders, ConTrust) sowie im engen Austausch der beteiligten Partnerinstitutionen. Es handelt sich bei dem Verbundprojekt TraCe um eine interdisziplinäre Forschungsinitiative, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert wird (Laufzeit: April 2022 – März 2026).
Mit der Errichtung des Forschungszentrums intensivieren die beteiligten Partnerinstitutionen ihre bestehende Zusammenarbeit und bündeln ihre Expertise in der interdisziplinären Gewaltforschung. Durch die thematische Profilbildung und die Etablierung dauerhafter Veranstaltungsreihen schaffen sie ein regionales Kompetenzzentrum für Forschung, Lehre und Wissenstransfer, das international sichtbar ist und systematisch zur Einhegung und Prävention politischer Gewalt beiträgt.
Das Zentrum bringt disziplinäre Perspektiven aus Politikwissenschaft, Soziologie, Geschichts- und Rechtswissenschaften, Sozialanthropologie, Sozialpsychologie, Kultur- und Sprachwissenschaften und Informatik sowie verschiedene methodologische Ansätze zusammen und untersucht das Zusammenspiel unterschiedlicher Typen und Ebenen politischer Gewalt systematisch in drei thematischen Forschungsfeldern sowie in einem Synergiefeld.
Forschungsfeld 1 – Formen: Wandel und Kontinuität politischer Gewalt
Im Forschungsfeld 1 werden die fragmentierten Befunde zum historischen und gegenwärtigen Wandel politischer Gewalt sowie dessen Ursachen und Folgen zusammengetragen und systematisch ausgewertet. Mit einem Fokus auf der Rolle globaler Trends (Internationalisierung, Technologisierung und Klimawandel) für (inner)staatliche Gewaltdynamiken werden Replikationsstudien und empirische Analysen durchgeführt.
Forschungsfeld 2 – Institutionen: Prävention und Legitimation politischer Gewalt
Forschungsfeld 2 beruht auf der These des gegenwärtigen Prozesses der De-Institutionalisierung. Die im 19. und 20. Jahrhundert entstandenen internationalen Normen und Regime zur Verhinderung politischer Gewalt sind derzeit mit Entwicklungen wie der Nicht-Anwendung geltenden Rechts und der Emergenz neuer Formen politischer Gewalt, die sich bestehenden Institutionen entziehen, konfrontiert. Die Ambivalenz von Institutionen, welche Gewaltanwendung nicht nur eindämmen sondern auch rechtfertigen, wird empirisch untersucht. Weiterhin wird die normative Frage thematisiert, wie neue Formen politischer Gewalt durch institutionelle Regelungen erfasst werden können.
Forschungsfeld 3 – Interpretationen: Bedeutungszuschreibungen politischer Gewalt
Wie jede soziale Praxis unterliegt Gewalt kontestierten und Wandel erzeugenden Prozessen der Interpretation. Als Bedeutungszuschreibungen operieren Interpretationen von Gewaltphänomenen mit individuellen wie mit intersubjektiven normativen Bewertungen und (re-)konstruieren so zugleich kategoriale Abgrenzungen. Die Interpretation von Gewalt ist eine zutiefst politische Praxis, welche Einfluss auf deren erneute Anwendung oder Einhegung haben kann. Das Forschungsfeld 3 beschäftigt sich mit der Wirkungsmacht und den Implikationen dieser veränderten Interpretationen und Rechtfertigungsmuster politischer Gewalt.
Forschungsfeld 4 – Synergien: Konzeptionelle und theoretische Innovationen
Das Forschungsfeld 4 thematisiert grundlegende begriffliche, theoretische, und methodische Fragen. Die Erkenntnisse der Forschungsfelder 1–3 werden anhand der Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen dem Formwandel politischer Gewalt, deren institutioneller Hegung sowie deren politische Interpretation integriert. Vor diesem Hintergrund werden auch der Begriffs- und Sprachwandel sowie die Affektivität und Materialität politischer Gewalt analysiert.
Internetauftritt
Die TraCe-Webseite ist unter folgendem Link zu erreichen: https://www.trace-center.de/.
- Erll, Astrid
- Wolff, Jonas
- Feldeisen, Deborah
- Hansert, Pia
- Schißler, Frederik
Partners
www.uni-frankfurt.de
www.uni-giessen.de
www.tu-darmstadt.de
https://www.uni-marburg.de/de
Donors
www.bmbf.de