Varianz salafistischer Radikalisierungsprozesse
Salafistische Radikalisierung ist längst nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in Politik und Wissenschaft zu einem heiß diskutierten Thema geworden. Spätestens dann, wenn Radikalisierungsprozesse in Gewalt münden, wird der Salafismus sicherheitspolitisch und gesellschaftlich relevant. Doch oft vermischen sich die Grenzen zwischen Gewaltablehnung und Gewaltlegitimierung. Genau diese dünne Linie ist es, die salafistische Radikalisierung – sowie andere religiöse und politische Radikalisierungsformen – per se zu einem Sicherheitsproblem werden lässt.
Die Konsequenz ist, dass sich sowohl in der Politik als auch in der Gesellschaft ein immer engeres Verständnis von Radikalisierung etabliert hat, das die Gewalt als logischen Endpunkt des Radikalisierungsprozesses versteht. Doch die Empirie zeigt, dass salafistische Gruppen durchaus auch gewaltfreie Radikalisierungspfade aufweisen. Um ein ausgeprägtes Verständnis von Radikalisierung zu erlangen, müssen daher auch gewaltfreie Radikalisierungsprozesse in den Fokus genommen werden.
Im Dissertationsvorhaben untersucht Hande Abay Gaspar, welche sozialen und politischen Gelegenheitsstrukturen gewaltvolle Radikalisierung begünstigen bzw. abbremsen können und welche Mechanismen dabei ausgelöst werden. Ziel ist es, mithilfe einer Kausalprozessanalyse den Radikalisierungsprozess gewaltvoller und gewaltfreier salafistischer Akteure auf Gruppenebene zu rekonstruieren und dabei Bedingungsfaktoren zu identifizieren, die möglicherweise gewaltbegünstigend oder gewalthemmend wirken können.