Die Politik der Rebel Governance
In Konflikt- und Postkonfliktsituationen wird Herrschaft oft nicht nur von staatlichen Akteuren ausgeübt. Verschiedene Konzepte beschreiben die Organisation öffentlicher Angelegenheiten in solchen Räumen. Innerhalb dieses breit gefächerten Forschungsfelds zu Ordnungen und Governance in (Post-)Konfliktkontexten ist in den letzten Jahren vor allem ein Forschungsstrang rasch gewachsen: die Debatte über Rebel Governance. In dieser Literatur wird die interne Dynamik in Bürgerkriegen untersucht, in denen Rebellengruppen die Kontrolle über Teile eines Gebiets übernehmen, das zivile Leben regeln und soziale, politische sowie wirtschaftliche Güter bereitstellen.
Die bisherige Forschung in diesem Bereich hat dazu beigetragen, die Rolle bewaffneter nichtstaatlicher Akteure über ihre gewalttätigen Aktivitäten hinaus zu verstehen. Sie erklärt insbesondere, wie Interaktionen zwischen Herrschern und Beherrschten in den von Rebellengruppen dominierten Gebieten organisiert sind. Die meisten Beiträge analysieren die Regierungsführung der Rebellen innerhalb eines rationalistischen und funktionalistischen Rahmens. Ferner gehen sie von einem begrenzten Verständnis der Machtbeziehungen aus: Auf der einen Seite stehen die Herrschenden und ihre Institutionen und auf der anderen die Beherrschten als die von ihnen kontrollierten Subjekte. Dieses Projekt zielt darauf ab, die Forschungsperspektive sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Hinsicht zu erweitern. Rebel Governance wird in einen breiteren Kontext von Machtbeziehungen gestellt, als dies bisher der Fall war. Beispielsweise sollen die Folgen einer Rebel Governance auf die Gesellschaft und Politik nach einem Konflikt untersucht werden sowie der Einfluss transnationaler Politik und internationaler Akteure auf diese Form der Governance. Das Projekt zielt auch darauf ab, Rebel Governance zu politisieren, indem die Debatte über Rebel Governance mit Konzepten wie der Politik der Anerkennung und Legitimität verknüpft wird. Dadurch soll ein konzeptueller Rahmen geschaffen werden, der die Beziehungen bewaffneter nichtstaatlicher Akteure zu anderen Akteuren sowie zu globalen und transnationalen (normativen) Strukturen in Bezug setzt.
- Politicising the Rebel Governance Paradigm | 2023
Schwab, Regine / Pfeifer, Hanna (eds), (2023): Politicising the Rebel Governance Paradigm, (Special Issue of Small Wars and Insurgencies, Vol. 34), https://www.tandfonline.com/toc/fswi20/34/1?nav=tocList.
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- Politicising the Rebel Governance Paradigm. Critical Appraisal and Expansion of a Research Agenda | 2023
Pfeifer, Hanna / Schwab, Regine (2023): Politicising the Rebel Governance Paradigm. Critical Appraisal and Expansion of a Research Agenda. Introduction to the Special Issue, in: Small Wars and Insurgencies, 34:1, 1–23, DOI: 10.1080/09592318.2022.2144000.
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