Politische Gründungspersönlichkeiten erinnern: „Historische Authentizität“ in Politik und Erinnerungskultur im postkolonialen Mosambik (storniert)
Im Jahr 2012 flammte im südostafrikanischen Mosambik der bewaffnete Konflikt zwischen den ehemaligen Bürgerkriegsparteien FRELIMO (Frente de Libertação de Moçambique, Mosambikanische Befreiungsfront), Regierungspartei seit der Unabhängigkeit des Landes 1975, und der Oppositionspartei und ehemaligen Rebellenorganisation RENAMO (Resistência Nacional Moçambicana, Nationaler Widerstand Mosambiks) wieder auf. Zwar gibt es seit Ende Dezember 2016 einen Waffenstillstand – eine nachhaltige Lösung des Konfliktes steht jedoch nach wie vor aus. Neben politischen und ökonomischen Ursachen hat die Auseinandersetzung ihren Ursprung auch in erinnerungskulturellen Konflikten: Mit dem Abschluss des Friedensvertrags von 1992 galt der seit 1977 tobende Bürgerkrieg zwischen FRELIMO und RENAMO als beigelegt und die Transformation Mosambiks in eine befriedete, teilweise freie Demokratie als bewerkstelligt. Eine Aufarbeitung des Geschehenen fand jedoch nie statt, so dass in der Gesellschaft fundamental gegensätzliche Erinnerungskulturen parallel und bislang unverhandelt nebeneinander weiter existieren.
Erinnerung ist somit stark umkämpft in Mosambik. Nationale Geschichte und politische Gründungsväter des unabhängigen Staates werden unterschiedlich bewertet: Gerade AnhängerInnen der beiden Bewegungen pflegen jeweils eigene, als authentisch erachtete Erinnerungen und Narrative und leiten damit nicht nur Forderungen für die Gegenwart, sondern auch Konzeptionen der Zukunft des Landes ab. Historische Authentizität fungiert somit als Scharnier zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Während zum Beispiel FRELIMO-AnhängerInnen einerseits den sozialistisch-egalitären Gesellschaftsanspruch und den Kampf ihrer Partei gegen Kolonialismus und Apartheid würdigen, stehen für RENAMO-ParteigängerInnen die Erinnerung an die Auflehnung gegen Planwirtschaft, Einparteienherrschaft und Sozialismus im Zentrum. Kristallisationspunkte der geteilten Erinnerungskultur des postkolonialen Mosambik sind v.a. zwei politische Gründungsfiguren aus der Frühphase der Unabhängigkeit, die Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft nachhaltig prägten: Samora Machel (1933-1986) und Eduardo Mondlane (1920-1969). Die zwei Führungspersönlichkeiten beeinflussten den Nations- und Staatsbildungsprozess nachhaltig. Sie polarisieren aber auch sehr stark die Erinnerung, und dies über Parteigrenzen hinweg.
Das Projekt sollte die Rolle einer integrativen Erinnerungskultur für nachhaltig friedliche Konfliktaustragung in Mosambik untersuchen. Es wurde 2016/17 entwickelt und erhielt eine Förderzusage von der Fritz-Thyssen-Stiftung für einen Zeitraum von zwei Jahren. Da der verantwortliche Projektmitarbeiter den Wissenschaftsbetrieb zu Beginn des Jahres 2019 verlassen hat, wird es nicht in der geplanten Weise weitergeführt.
- Kohl, Christoph
- Armed Conflict and Contested Memory | 2017
Kohl, Christoph (2017): Armed Conflict and Contested Memory. A Plea for a Fresh Start in the Politics of Memory in Mozambique, PRIF Report No. 148, Frankfurt/M.
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- Bewaffneter Konflikt und umkämpfte Erinnerung | 2017
Kohl, Christoph (2017): Bewaffneter Konflikt und umkämpfte Erinnerung. Plädoyer für einen erinnerungspolitischen Neuanfang in Mosambik, HSFK-Report Nr. 5/2017, Frankfurt/M.
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Partner
http://www.leibniz-historische-authentizitaet.de/start/
http://www.gei.de/home.html
https://www.zmo.de/
Förderer
www.fritz-thyssen-stiftung.de