An den Grenzen des Rechtsstaats? Gesetzgeberischer Umgang mit Unsicherheit in der deutschen Terrorismusabwehr seit 2001
Der Umgang mit Terrorismus hat spätestens seit dem 11. September 2001 die Agenden nationaler Sicherheit geprägt. Auch in Deutschland hat die Politik auf die als „neue Dimension“ wahrgenommene Bedrohung reagiert. Der Ansatz, den man dazu hierzulande verfolgt, setzt auf rechtsstaatliche Mechanismen, die den Terrorismus als Form der Kriminalität begreifen und ihm mit den Mitteln des Rechts begegnen (anders als im US-amerikanischen „war on terror“). So sind seit 2001 zahlreiche Gesetze zur oder mit Bezug auf Terrorismusbekämpfung auf Bundes- und Landesebene verabschiedet worden. Sie erstrecken sich über zahlreiche Rechtsgebiete, spiegeln ein weites Sicherheitsverständnis wider und haben das Gefüge der inneren Sicherheit immer wieder verschoben. Einige rechtsstaatliche Mechanismen wurden durch diese Transformationen heraus- und überfordert: Risikovorsorge und Vorfeld-Maßnahmen sollen Sicherheitsbehörden möglichst weit „vor die Lage“ bringen, dringen aber auch in grundrechtlich geschützte Bereiche vor und verwässern grundlegende Prinzipien, wie die Unschuldsvermutung.
In ihrem Dissertationsvorhaben untersucht Isabelle Stephanblome den gesetzgeberischen Umgang mit Terrorismus im Spannungsfeld von Politik, Recht und Unsicherheit. Dazu werden verschiedene Strategien zur Beherrschung von Unsicherheit typologisiert und Argumente zu deren Legitimation analysiert. Grundlage dafür ist die Gesetzgebung des Bundes und ausgewählter Bundesländer. Die Rechtstexte sowie die Dokumente ihrer Entstehungsprozesse sollen mit einem interpretativen Ansatz in einer qualitativen Fallstudie untersucht werden. Das Projekt verortet sich in der politikwissenschaftlichen Rechtsforschung und soll auch dazu beitragen, Recht als staatliches Instrument zur Verarbeitung von Unsicherheit für die Sicherheitsstudien zu erschließen.