Just Peace Governance
Im Jahr 2011 nahm die HSFK parallel zum Abschluss des bisherigen Forschungsprogramms „Antinomien des Demokratischen Friedens“ die Arbeit am Forschungsprogramm „Just Peace Governance“ auf. Unter diesem Titel hat die HSFK Spannungsverhältnisse zwischen den drei begrifflichen Konzepten zusammengebracht, die für die Friedens- und Konfliktforschung seit jeher von erheblicher theoretischer Bedeutung und praxeologischer Reichweite sind. Wie im Forschungsprogramm „Antinomien des Demokratischen Friedens“ ging es darum, die in und zwischen den Konzepten verborgenen Friktionen und Widersprüchlichkeiten aufzudecken und auf ihre Unverträglichkeiten und Nebenwirkungen hin auszuleuchten. Ziel war es herauszufinden, unter welchen Bedingungen implizite oder explizite Gerechtigkeitsvorstellungen von Akteuren zu gewaltsamen Konflikten führen, und unter welchen Bedingungen sie die Grundlage für nachhaltigen Frieden bilden können.
Das Forschungsprogramm „Just Peace Governance“ konzentrierte sich auf Gerechtigkeitskonflikte und die Frage, wie Frieden und Gerechtigkeit gleichermaßen verwirklicht werden können. Es ging von der Annahme aus, dass Frieden und Gerechtigkeit zwar gleichberechtigte politische Werte sind, die aber häufig in Konkurrenz und manchmal sogar in Konflikt geraten. Manche sagen etwa, Gerechtigkeitsansprüche müssten nach Bürgerkriegen begrenzt werden, damit durch Versöhnung dauerhafter Frieden möglich werde; andere behaupten, man müsse gelegentlich den Frieden brechen, um der Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen. Das Forschungsprogramm der HSFK versteht Just Peace Governance als eine Form politischen Handelns, das durch Berücksichtigung von Gerechtigkeitsgesichtspunkten und die konstruktive Bearbeitung von Gerechtigkeitskonflikten dauerhaften Frieden schafft.
Um dies zu unterstützen, analysierten die Forschungsprojekte der vier Programmbereiche – jeweils unter ihrem speziellen Fokus – inwiefern Konflikte durch Gerechtigkeitsaspekte bestimmt sind und welche Formen von Governance für die friedliche Bearbeitung von Gerechtigkeitskonflikten geeignet sind. Dabei standen drei Formen von Gerechtigkeitskonflikten im Zentrum: 1. Konflikte, die aus der globalen Machtverschiebung und dem Aufstieg „neuer Mächte“ entstehen, 2. Konflikte, die aus konkurrierenden Normen und Ideen resultieren, und 3. Konflikte, die bei der Entwicklung und Transformation von Governance-Institutionen entstehen.