Forschungsgruppe Regimewettbewerb
Mehr als dreißig Jahre nach dem ausgerufenen „Ende der Geschichte“ und der dritten Welle der Demokratisierung ist die Welt wieder von einer größeren Vielfalt politischer Regime geprägt. Der (Wieder-)Aufstieg mächtiger autoritärer Staaten wie Chinas und Russlands und der Trend der Erosion scheinbar gefestigter Demokratien haben eine Welt geschaffen, die pluralistischer und multipolarer ist, in der sich Staaten mit unterschiedlichen politischen Regimetypen zunehmend als Konkurrenten betrachten, und alle Seiten versuchen, die Überlegenheit ihrer jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Systeme zu beweisen und die Gefolgschaft von Drittländern zu gewinnen.
Dies hat auf mehreren Ebenen gravierende Folgen für Friedens- und Konfliktdynamiken: in der internationalen Politik werden Ereignisse wie Russlands Angriff auf die Ukraine als Beleg für einen unlösbaren, polarisierten und gewaltsamen ausgetragenen Konflikt zwischen Demokratien und Autokratien interpretiert. Auf regionaler Ebene verkompliziert die Koexistenz demokratischer und autoritärer Staaten die Bemühungen um eine engere Integration in Afrika, Europa, dem Nahen Osten und Südostasien. Und innenpolitisch sind Länder in aller Welt einer zunehmenden Polarisierung zwischen demokratischen und autoritären Governance-Entwürfen ausgesetzt, die bestehende Regime beider Arten in Frage stellt.
Trotz der Prominenz des Themas Regimewettbewerb beruhen viele der aktuellen politischen Debatten über dieses Phänomen auf drei fragwürdigen Annahmen: erstens, dass es eine klare Trennlinie zwischen demokratischen und autoritären Lagern gibt; zweitens, dass ihr Verhalten in direktem Zusammenhang mit ihrer Regimeverfasstheit steht; und drittens, dass die sich daraus ergebenden Beziehungen unweigerlich antagonistisch sind. Die PRIF-Forschungsgruppe zu Regimewettbewerb will ein differenzierteres Verständnis dieser Dynamik entwickeln, indem sie vorhandene Länder- und Fachkenntnisse aus dem gesamten Institut bündelt. Die Gruppe verfolgt insbesondere zwei Ziele: (1) die Kernannahmen hinter der Vorstellung eines Regimewettbewerbs zwischen Demokratien und Autokratien zu hinterfragen, indem sie vorhandenes Wissen über das internationale Verhalten und die Leistung verschiedener politischer Regime zusammenführt und überprüft; und (2) empirische Studien zur politischen Dynamik des Regimewettbewerbs beizusteuern, indem sie analysiert, wie dessen verschiedene Varianten die globale Ordnung, die Außenpolitik und die Innenpolitik von Drittstaaten beeinflussen. Unsere empirischen Ergebnisse zu diesen Fragen sind dabei nicht nur von akademischem Wert, sondern begründen Politikempfehlungen, wie die deutsche und europäische Außen- und Entwicklungspolitik mit der zunehmenden Regimevielfalt umgehen kann und sollte.
Die Forschungsgruppe richtete die PRIF Jahreskonferenz 2023 zum Thema „Dealing with Autocracies in a Fragmented World” aus.
Die Forschungsgruppe veröffentlicht aktuelle Ergebnisse und Analysen im Rahmen einer PRIF-Blogreihe zum Thema Regimewettbewerb.