Ursachen der wechselnden Beteiligung demokratischer Staaten an Kriegen seit 1990
Dieses im Rahmen des HSFK-Forschungsprogramms „Antinomien des Demokratischen Friedens“ 2009 abgeschlossene Forschungsprojekt untersuchte die (Nicht-)Beteiligung von liberalen Demokratien an „demokratischen Kriegen“ seit 1990. Seit dem Ende des Kalten Krieges ist verstärkt ein liberaler Interventionismus zu beobachten: Liberale Demokratien setzen Militärgewalt ein, um in Konfliktgebieten ihre Vorstellungen einer normativen Ordnung (Menschenrechte, Demokratie, Staatlichkeit) langfristig zu etablieren. Einige Demokratien beteiligen sich auffällig häufig an solchen Kriegen und Interventionen, andere selten, wieder andere gar nicht. Das Projekt untersuchte drei solcher „demokratischen Kriege“ vor dem Hintergrund der Theorie des „demokratischen Friedens“: der Golfkrieg 1991 repräsentiert einen Ordnungskrieg, der Kosovo-Krieg eine „humanitäre Intervention“, der Irak-Krieg 2003 einen Regimewechsel-Krieg. Sieben vergleichende Fallstudien (Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Schweden, USA) analysierten die jeweiligen Entscheidungsprozesse in den Demokratien und die öffentlichen Diskurse über eine eigene Beteiligung oder Nichtbeteiligung. Zur Erfassung der öffentlichen Diskurse wurden Parlamentsdebatten mit Hilfe qualitativer und quantitativer Inhaltsanalyse ausgewertet sowie Zeitungskommentare und Umfragedaten untersucht. Unter welchen Umständen erachten Demokratien den Einsatz von Militärgewalt als legitim? Inwieweit stellen die „demokratischen Kriege“ zentrale Annahmen des „demokratischen Friedens“ in Frage?
Die Projektergebnisse zeigen, dass der „demokratische Krieg“ die Kehrseite des „demokratischen Friedens“ ist: Während liberale Demokratien nicht in der Lage sind, öffentlich akzeptable Rechtfertigungen zur Kriegführung gegen Ihresgleichen zu konstruieren, legitimieren liberal-demokratische Normen die Gewaltanwendung gegenüber Nichtdemokratien im Rahmen bestimmter Interpretationen ausdrücklich. In den einschlägigen Rechtfertigungsnarrativen stehen solche ausdrücklich motivierenden Gründe wie die Durchsetzung des Völkerrechts, die Rettung von Menschen vor einer humanitären Katastrophe oder die gewaltsame Ablösung eines gefährlichen Diktators durch ein demokratisches Regime neben „erleichternden“ Gründen wie der Erwartung geringer eigener oder fremder Opfer oder einer breiten multilateralen Unterstützung der geplanten Militäroperation. In der großen Mehrheit der kriegsbeteiligten Staaten zeigte sich eine Übereinstimmung zwischen Regierungen und Öffentlichkeiten, von einer a priori vorauszusetzenden Kriegsaversion demokratischer Bevölkerungen ist daher nicht auszugehen, wohl aber von einer erheblichen Zurückhaltung, die zu überwinden es triftiger Gründe bedarf. Der „demokratische Krieg“ kommt in Reinform nicht vor. Stets mischen sich traditionelle Motive zwischenstaatlicher Konflikte wie nationale Sicherheit oder regionale Stabilität mit den wertbezogenen, demokratietypischen Motiven. Dabei variiert das Mischungsverhältnis von Land zu Land zwischen eher „national-partikular“ und eher „universalistisch“ geprägten Diskursen.
- Müller, Harald
- Schörnig, Niklas
- Geis, Anna
- Fey, Marco
- Brock, Lothar
- Jakob, Una
- Sohnius, Stephanie
- Wunderlich, Carmen
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- Die neue amerikanische Nuklearstrategie: Ein gefährlicher Irrweg | 2006
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- Democratic Wars | 2006
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- Die Zivilmacht Deutschland und die Enttabuisierung des Militärischen | 2005
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- Schwedens Sicherheitspolitik im Wandel | 2005
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- The Antinomy of Democratic Peace | 2004
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- Demokratien im Krieg | 2004
Harald Müller, Demokratien im Krieg – Antinomien des demokratischen Friedens, in: Christine Schweitzer/Björn Aust/Peter Schlotter (Hg.), Demokratien im Krieg (AFK-Friedensschriften Band 31), Baden-Baden (Nomos), 2004, S. 35-52.
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